Tages-Deal: Kudamm 216 - Erbsünde (German Edition)
paar Fotos.“
„Erzähl mir was davon“, sagte Konstantin und kippte den doppelten Korn in seinen Hals, der ein wenig an eine Kröte erinnerte.
„Ich weiß nichts über die Kerle, außer, dass sie in Polen wohnen, die Adressen stehen hinten drauf. Die drei Jungs haben eine Freundin von mir überfallen und eine Mitarbeiterin niedergeschlagen. Ich will wissen, für wen die arbeiten. Sie sprachen von einem Zmuda. Jurek Zmuda.“
„Worum geht es denn deiner Meinung nach?“
„Keine Ahnung. Kunstdiebstahl? Die haben etwas gesucht in der Klinik.“ Alice wartete, ob Konstantin genau zugehört hatte.
Er hatte. „Klinik?“
„Ja, sie sind in eine Klinik für Plastische Chirurgie eingebrochen.“
„Interessant“, meinte Konstantin. „Höchst interessant.“
Alice sah, wie es in ihm arbeitete. „Plastische Chirurgie, sagst du? Aber die haben keine Drogen mitgehen lassen, oder?“
„Drogen? Ach, du meinst Betäubungsmittel, Morphium oder so einen Quatsch.“
„Genau so einen Quatsch“, sagte Konstantin grinsend.
„Nicht, dass ich wüsste. Die haben überhaupt nichts mitgehen lassen. Moment, ich kann dir doch noch etwas dazu sagen: Die Chefchirurgin hat gelogen. Sie hat behauptet, die Männer wären maskiert gewesen. Waren sie aber nicht, meine Mitarbeiterin hat ein Foto von einem gemacht.“
„Verdammt, Alice, sei vorsichtig! Du kannst doch da nicht deine unbedarften Mitarbeiter reinziehen. Du gehst echt immer wieder über Leichen!“
„Bis jetzt leben unsere Leichen alle noch“, sagte Alice. „Außerdem sind meine Mitarbeiter nicht unbedarft!“
„Ich verspreche, dass ich mich dezent umhöre. Aber Alice, du versprichst mir, dass du deine Mitarbeiter von denen fernhältst. Sonst kann ich nichts für dich tun.“
„Ich verspreche es dir, Konstantin.“ Im Lügen war Alice schon immer Klassenbeste gewesen.
Klassische Musik
„Bis nachher“, hatte Judith sich am Kudamm verabschiedet. Klar, dass sie die versammelte Mannschaft im Konzert zu übersehen hatte. Sie hatte sich viel Mühe gegeben, die Wunde von letzter Woche mit aufgestecktem Haar zu verbergen, als Nils Sprengler um kurz vor sieben Uhr bei ihr klingelte. Er hatte eine Flasche Champagner mitgebracht „zur Einstimmung“ und den lädierten Bilderrahmen, in dem immer noch das Bild feststeckte, damit sie es ihrem Vater bringen konnte, so wie sie es letzte Woche besprochen hatten.
Judith hatte ihre Bude aufgeräumt, so dass er auf ihrem zusammengeklappten Bettsofa sitzen konnte.
„Sieht toll aus, Ihre Frisur“, sagte er und lächelte wieder dieses kleine Jungenlächeln, während er den vorgekühlten Champagner entkorkte. „Kopfschmerzen, Übelkeit?“, fragte er.
„Drei Aspirin“, antwortete sie und reichte ihm ihr Glas. Die Episode mit den Polen verschwieg sie, natürlich.
„Lieben Sie Mahler?“, fragte er.
Was sollte sie sagen? Sie stand auf James Blunt. Mahler war ihr in etwa so fremd wie die Keplerschen Gesetze. „Ich weiß nicht so genau“, sagte sie. Nils Sprengler versprach, ihr nach dem Konzert etwas über Mahler zu erzählen.
„Wenn Sie mir die Ehre erweisen, Sie zum Essen einladen zu dürfen.“
Wie altmodisch er doch ist, dachte Judith.
Auf dem Weg zur Philharmonie fragte sie ihn, was er von Bernhard Goldsmith halte. „Er ist ein Gott“, schwärmte Nils Sprengler. „Und er ist mein Patenonkel. Mein Vater war mit ihm befreundet.“
„Woher kannten sie sich?“, fragte Judith.
„Sie haben sich über einen Bekannten kennengelernt als mein Vater in New York studiert hat“, sagte Nils.
„Waren sie nicht gemeinsam in dieser Organisation, WorldKidAid?“
„Bernie hat meinen Vater dahin gebracht. Goldsmith hat ja lange in Deutschland gelebt“, sagte Nils.
Wer war dieser gemeinsame Bekannte? Im Zweifelsfall würde Lady Kaa das wissen.
In der Philharmonie herrschte, obwohl das Konzert außerhalb der Saison stattfand, dichtes Gedränge. Nils hatte ihr erklärt, dass Goldsmith im Sommer immer Benefizkonzerte für WorldKidAid gab. Sie schaute sich um. Viele Leute sahen aus, als ob sie zu einer Beerdigung geladen waren. Trauerflor, soweit das Auge blickte. Nils Sprengler begrüßte den einen oder anderen. Wie er sie sachte am Arm hielt, gab ihr ein seltsames Gefühl der Zusammengehörigkeit, das sie fast zu Tränen rührte. Das genau war es, was sie in den letzten Wochen vermisst hatte. Genauer gesagt, seitdem Sven ihr per Telefon mitgeteilt hatte, dass er ‚ein bisschen Luft zum Atmen' brauchte. Was auch
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