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Tages-Deal: Kudamm 216 - Erbsünde (German Edition)

Tages-Deal: Kudamm 216 - Erbsünde (German Edition)

Titel: Tages-Deal: Kudamm 216 - Erbsünde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nika Lubitsch
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ich wie eines deiner Bilder. Gefangen, verbannt aus dem Licht der Öffentlichkeit, ein einsames Sammlerstück, an dem nur du allein deine Freude hast.“
    Sie hing dem Klang ihrer Worte nach. Die Uhr sagte ihr, dass sie bereits seit zwölf Stunden hier unten eingesperrt war. Sie musste auf die Toilette und zwar dringend. Außerdem hatte sie Hunger. Aber beide Bedürfnisse würde sie nicht stillen können, wenn die Männer nicht wiederkämen. Allmählich hatte sie die Hoffnung aufgegeben, dass die Männer überhaupt wiederkommen würden. Sie würden sie hier unten einfach verrotten lassen. So also war das. Und sie hatte denen noch Zutritt zu ihren gesamten Konten verschafft. Was für ein Blödsinn.
    „ Es war einen Versuch wert, Lindi.“
    „ Ja, Siggi, im Versuchen waren wir schon immer ganz groß.“
    Nach Siggis erster Operation waren sie nicht mehr die jungen Liebenden, ihre Liebe, auch wenn es eine verbotene war, hatte ihre Unschuld verloren. Jetzt teilten sie nicht nur ihre verbotene Leidenschaft, sondern ein blutiges Geheimnis, das nie jemand erfahren durfte. Siggi würde sonst nie eine Zulassung als Arzt bekommen.
    Die unterdrückte Panik, die sie vor und nach Siggis erster Operation empfanden, der Geruch des frischen Blutes, das nicht aufhörte zu strömen, verband sie wie eine verrostete Zwinge, die sich nicht mehr lösen lässt.
    Oh ja, sie hatten es versucht. Sie hatten alles versucht, um sich voneinander loszureißen. Siggi hatte die Frauenwelt von New York erobert und Linda hatte Abitur gemacht und freiwillig einen Studienplatz für Medizin in Berlin angenommen. Natürlich ging sie mit verschiedenen jungen Männern aus. Aber sie waren so langweilig, dass sie manchmal einfach heimlich beim Rendezvous von der Toilette direkt zum Ausgang verschwunden war. Ihr Held hieß Siggi, und ihm konnte keiner das Wasser reichen. In den Semesterferien sah sie ihren Bruder, entweder in New York oder in Berlin, sie fuhren mit ihren Freunden gemeinsam nach Sylt oder nach Cape Cod, nach Capri oder nach Acapulco. Aber es waren immer nur sie. Nicht sie alle, sondern Siggi und Lindi und die anderen.
    Sie hatten Affären und blieben sich trotzdem treu. Linda ging mit Ralph und schlief mit Siggi. Siggi schlief mit Barbara und dachte an Linda. So war das. All die Jahre. Nach Siggis erster Operation hatten sie nicht mehr miteinander geschlafen. Endlose Jahre. Quälend einsame Jahre. Siggi ging nach Berlin zurück und hatte zunächst eine Assistentenstelle im Städtischen Krankenhaus Berlin-Neukölln, während Linda nach New York ging.
    Jede Ecke ihrer Wohnung in Morningside Heights erinnerte sie an ihre glücklichen Tage, damals in den Osterferien, es waren die einzig perfekten Tage ihres ganzen Lebens gewesen. Sie würden nie wieder so zusammen sein können, wie in jenen Ostertagen in New York.
    In New York traute sich Linda dann auch, das erste Mal in ihrem Leben einen Gynäkologen aufzusuchen. Er schüttelte nur den Kopf.
    „ Bei was für einem Stümper sind Sie denn gewesen, wissen Sie, dass ich Sie eigentlich anzeigen müsste“, sagte er. Eigentlich hätte sie die anschließende Diagnose niederschmettern müssen.
    „ Sie werden keine Kinder mehr bekommen können, junge Frau“, hatte er gesagt.
    Aber Linda war nur erleichtert. Nie, nie wieder wollte sie so etwas erleben, die Erinnerung an Siggis erste Operation hatte ihr die Lust auf Kinder für alle Zeiten verdorben. Sie wollte keine Kinder von einem anderen Mann! Und von ihrem Bruder konnte sie ja schlecht ein Kind bekommen. Wann immer sie einen Film sah, in dem es um Babys ging, fing Linda an zu flennen.
    In ihren New Yorker Tagen hatte sie nicht gelebt wie eine Nonne, sondern wie eine Nymphomanin. Sie hatte jeden Kerl mitgenommen, der ihr über den Weg lief. Sie hatte ja keine anderen Sorgen, sie waren mit einem goldenen Löffel im Mund geboren worden, also machten sie sich ihre eigenen Probleme. Wenn sie allein in ihrem Bett lag, heulte sie wie ein verlassenes Kleinkind. Die Trennung von ihrem Bruder bereitete ihr körperliche Schmerzen.
    Nach ihrer Grundausbildung kam sie zurück nach Berlin an das Klinikum Charlottenburg, während ihr Bruder nach Stanford ging. Als er endlich seine Facharztausbildung beendet hatte, durfte er bei ihrem Vater anfangen. Linda absolvierte ihre Facharztausbildung in Harvard, aber ihr Vater wollte sie nicht in seiner Klinik haben. Also ging sie nach Heidelberg.
    Siggi und Linda sahen sich nur noch selten, aber sie telefonierten jeden

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