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Tai-Pan

Tai-Pan

Titel: Tai-Pan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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daran gebunden betrachten. Dein Gehalt ist verdreifacht.«
    »Hältst du Geld in einer solchen Sache für wichtig?«
    »Es ist nur ein kleines Entgelt für zwei Tage in der Hölle.«
    »Ich will kein Geld. Und ich werde auch nicht mitmachen. Ich kann nicht.«
    Struan suchte sich bedächtig ein Hühnerbein aus. »Ich habe sehr gründlich über dich nachgedacht. Ich war auch in Versuchung, dir von all dem überhaupt nichts zu sagen. Dich deine Rolle unbewußt spielen zu lassen. Dann aber habe ich dich mir genau angesehen und bin zu dem Schluß gelangt, daß du es – auch wenn du weißt, welche Rolle du spielst – schaffen kannst. Für uns beide wird es erfreulicher sein, wenn auch du Bescheid weißt.«
    »Du würdest mir also bis zu meiner letzten Stunde ein Leben zumuten, das von Haß gegen dich erfüllt ist? Nur damit Noble House blüht und gedeiht?«
    »Du kennst die Antwort darauf.«
    »Du bist entsetzlich!«
    »Durchaus deiner Meinung. In gewisser Hinsicht bestimmt«, fuhr Dirk Struan an seinem Huhn kauend fort. »Ich bin alles, was du mir vorwirfst, und noch weit mehr. Ich breche viele der zehn Gebote, aber doch nicht alle. Ich weiß, was ich tue, und bin bereit, für das, was ich tue, einzustehen. Aber ich bin der einzige Mensch auf dieser Erde, dem du völlig vertrauen kannst – vorausgesetzt, daß du dich nicht mit Vorbedacht gegen unser Haus stellst. Ich bin der Tai-Pan. Und du wirst auch Tai-Pan, genauso wie ich – unter Leiden und Schurkenstreichen.«
    »Lohnt denn ein solches Leben – mit dieser Heuchelei und Verleumdung?«
    »Ach, mein Junge, du tust meinem Herzen wohl«, erwiderte Dirk Struan und warf den Hühnerknochen weg. »Du bist noch so jung. Ich beneide dich um die Jahre, die vor dir liegen. Ob es lohnt, hast du gesagt. Ob es lohnt, der Erste zu sein? Durch deine Persönlichkeit Brock und die anderen zu beherrschen? Auch Longstaff und durch ihn die Krone? Den Kaiser von China? Und durch ihn dreihundert Millionen Chinesen?« Der Tai-Pan trank einen Schluck Wein. »Es ist der Mühe wert. Viel Haß und ein wenig Schauspielerei sind ein sehr geringer Preis.«
    Culum lehnte sich an den Felsen. In ihm wüteten die erbarmungslosen Worte, die Fragen und unerbittlichen Antworten weiter. War das der Wille Gottes? fragte er sich. Sollen nur die Stärksten auf Kosten der Schwächeren überleben? Denn Gott hat alle Dinge erschaffen, und sein Wille steht hinter allem. Aber Jesus hat gesagt, den Sanftmütigen solle die Erde gehören. Hat er wirklich die Erde gemeint oder das Reich Gottes?
    Mit Sanftmut hätte man die Silberbarren nicht erlangen oder verteidigen können. Mit Sanftmut allein wäre Noble House diesmal nicht über den Berg gekommen. Sanftmut würde niemals zu einem Fortschritt führen, niemals die Grausamen und Habgierigen zu überwinden vermögen. Wenn ich Tai-Pan bin, wird die Bewegung der Charter erfolgreich vordringen. Reichtum, der einen Sinn hat – ein bewegendes Ziel, sagte er zu sich. Also gut.
    Culums Haß seinem Vater gegenüber schwand dahin. Und mit dem Haß auch seine Liebe. Es blieb nichts zurück als respektvolle Anerkennung.
    »Warum bist du hier heraufgegangen?« fragte Culum.
    Struan wußte, daß er seinen Sohn verloren hatte. Es machte ihn traurig als Vater, jedoch nicht als Mann. Er hatte seinen Feind unter Umständen und zu einem Zeitpunkt, den er für richtig hielt, zum Kampf gestellt. So hatte er seine Pflicht als Vater erfüllt.
    »Damit du so müde wirst, daß ich mit dir reden und dich dazu bringen konnte, das alles zu begreifen«, sagte er. »Und um dir zu zeigen, daß der Blick von der Kuppe aus zwar schön ist, von hier aus aber großartig.«
    Zum erstenmal sah nun auch Culum Land und Meer mit anderen Augen. »Ja. Ja, das ist er.« Dann beugte er sich vor, suchte sich ein Stück Huhn aus und begann zu essen.
    Dirk Struan wollte nicht, daß sein Gesicht seinen Schmerz verriet. Der Junge wird auch wieder lächeln lernen, dachte er. Du mußt ihm Zeit lassen. Es ist immer schlimm, so schnell erwachsen zu werden. Gib dem Jungen Zeit.
    Er fühlte sich sehr müde, lehnte sich an den Felsen, richtete sein Fernglas nach Süden und spähte nach der China Cloud aus. Aber sie war nirgends in Sicht. Gemächlich suchte er den Horizont ab. Dann richteten sich seine Blicke auf einen Punkt.
    »Sieh mal! Da kommt die Blue Cloud!«
    Culum nahm das Fernglas und entdeckte den Klipper. Es war ein Schwesterschiff der Thunder Cloud, mit achtzehn Kanonen bestückt, ebenso schnittig und

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