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Tai-Pan

Tai-Pan

Titel: Tai-Pan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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gelangte auch er auf den Gipfel; seine Brust hob und senkte sich heftig. An seinen Kleidern zerrte der Wind.
    Einige Schritte weiter unterhalb saß Struan im Windschatten. Vor ihm war ein Tischtuch ausgebreitet, auf dem Speisen und eine Flasche Wein standen.
    »Hier, mein Junge«, sagte Struan und bot ihm ein halbes Glas Wein an.
    Noch immer keuchend nahm Culum das Glas entgegen und versuchte zu trinken, aber das meiste rann ihm über das Kinn. Er wischte es ab und holte keuchend Atem.
    »Setz dich«, sagte Struan.
    Zu Culums Erstaunen lächelte Struan freundlich.
    »Los, mein Junge, setz dich. Bitte, setz dich doch.«
    »Ich … ich verstehe nicht.«
    »Von hier aus ist der Blick schöner, findest du nicht?«
    »Eben noch warst du ein Teufel«, antwortete Culum, während seine Lungen von der Anstrengung schmerzten, »und schon … schon … ich verstehe überhaupt nichts mehr…«
    »Ich habe kaltes Huhn und Brot mitgebracht«, sagte Struan. »Und noch eine Flasche Wein. Bist du damit zufrieden?«
    Erschöpft ließ sich Culum zu Boden sinken. »Kaltes Huhn?«
    »Du hast doch wohl nicht gefrühstückt, oder? Du mußt ganz ausgehungert sein.«
    »Was diese Kuppe anlangt, so habe ich …«
    »Komm erst einmal zu Atem, ruh dich aus und dann iß, bitte. Du wirst in den letzten beiden Nächten nicht viel geschlafen haben. Mit leerem Magen redet sich's nicht gut. Aber iß langsam, sonst wird dir schlecht. Der Anstieg hier herauf war steil. Ich bin selber müde.«
    Culum lehnte sich mit dem Rücken an einen Felsen, schloß die Augen und sammelte seine Kräfte. Sein Körper verlangte nach Ruhe. Aber er zwang sich, die Augen offen zu halten, und hatte das Gefühl, dies alles sei ein Traum. Aber da saß er, sein Vater, und betrachtete den Stillen Ozean durch sein Fernglas.
    »Was diese Kuppe anlangt, so habe ich …«
    »Iß«, unterbrach ihn Struan und bot ihm etwas kaltes Huhn an.
    Culum nahm sich ein Bein. »Ich kann erst essen, wenn ich das gesagt habe. Ich habe es tun müssen. Ich mußte es tun. Niemals hättest du zugestimmt, und es war die einzige Möglichkeit. Brock hätte dich vernichtet. Er hätte dich beim Bieten hängen lassen. Ich wußte, daß er das machen wollte. Wenn er dich nicht so sehr haßte, ebenso wie du ihn, hättest du die Kuppe bekommen. Du hast es dazu kommen lassen. Du allein. Es ist deine Schuld. Jetzt gehört die Kuppe der Kirche, und so ist es richtig. Du hast es selber soweit gebracht.«
    »Gewiß«, sagte Struan. »Natürlich. Ich bin sehr stolz auf dich. Dazu gehörte großer Mut. Robb hätte es niemals getan; selbst wenn ihm der Gedanke gekommen wäre, dann hätte er nicht gewagt, ihn auszuführen. Dazu hat er ganz einfach nicht das Zeug.«
    Culum verschlug es fast die Sprache. »Du … du hast es darauf angelegt, daß ich das tue? Du hast es gewollt?«
    »Natürlich, mein Junge. Es war in dieser hoffnungslosen Lage doch die einzige Lösung.«
    »Du … du hattest es wirklich darauf angelegt, daß ich das tue?«
    »Ja, ich habe darauf gesetzt, daß du es tun würdest. Ich habe dir einmal eine Andeutung gemacht. Als du so versessen darauf warst, mit Longstaff zu sprechen, und so nervös – als du mir im Happy Valley so aus dem Weg gingst –, da dachte ich mir schon, daß du es eingefädelt hättest. Dann aber ließ ich mich durch deine Reaktion Gordon gegenüber irreführen. Aber später sagte Longstaff: ›Ihre andere große Geste hat mir auch riesig gefallen!‹ Da habe ich gewußt, daß dir die einzige andere mögliche Lösung gelungen war. Ich bin sehr stolz auf dich, mein Junge. Brock hätte uns bestimmt das Fell über die Ohren gezogen. Ich selber konnte nichts unternehmen, um das zu verhindern. Für mich war diese Kuppe eine Angelegenheit, bei der es darauf ankam, das Gesicht zu wahren.«
    »Du … du hast mich zwei Tage und zwei Nächte lang die Hölle erleben lassen und dabei gewußt, daß es eine ganz einfache Lösung gab?«
    »War sie denn so einfach?«
    »Für dich war sie es!« stieß Culum hervor. Er war aufgesprungen.
    »Ach was!« sagte Struan. Plötzlich war er schroff und abweisend. »Für mich also. Aber nicht für dich. Doch du hast die Entscheidung gefällt, und dir kommt sie zugute. Jetzt bist du ein Mann. Hätte ich dir dieses ›Gotteshaus‹ vorgeschlagen, wär's dir niemals gelungen, die Sache durchzuführen. Du hättest dich verraten. Du mußtest an das glauben können, was du tatest. Wenn Brock einen einzigen Augenblick angenommen hätte, ich steckte mit dir unter

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