Tai-Pan
am Glessing's Point errichtet hatte, senkte sich atemlose Stille über die dichtgedrängten Zuschauer.
Es waren stämmige große Burschen, beide etwa Anfang zwanzig. Beide hatten sich den Schädel rasieren lassen, um dem Gegner keine Möglichkeit zum Zupacken zu bieten. Und als sie ihre groben Hemden auszogen, wiesen beide die gleichen eisenharten Muskelpakete und auf dem Rücken die vernarbten Striemen auf, die die Schläge mit der neunschwänzigen Katze zurückgelassen hatten.
Die beiden Ringer paßten hervorragend zueinander, und jeder der beiden wußte, daß viel auf dem Spiel stand. Der Admiral wie der General hatten persönlich die Auswahl der Kämpfer gutgeheißen und sie zum Sieg ermuntert. Die Ehre der Marine beziehungsweise der Armee liege auf ihren Schultern, die gesamten Ersparnisse ihrer Kameraden seien in ihren Händen. Dem Sieger winkte eine angenehme Zukunft. Für den Besiegten jedoch würde es überhaupt keine Zukunft mehr geben. Henry Hardy Hibbs kletterte unter dem einen Seil hindurch und trat in die Mitte des Rings, wo mit Kreide das innere Viereck eingezeichnet war.
»Exzellenz, Hoheit, Mylords und Euer Ehren«, begann er, »ein Kampf bis zum Ende zwischen Bootsmann Jem Grum von der Royal Navy in dieser Ecke …«
Stürmischer Jubel brauste aus der Menge der Matrosen auf der Ostseite auf, Geheul und Schimpfworte aus den dichtgedrängten Reihen der englischen und indischen Soldaten auf der Westseite. Longstaff, der Großfürst, der Admiral und der General saßen auf der Ehrentribüne an der Nordseite des Rings, umgeben von einer Ehrenwache regungsloser Seesoldaten. Hinter dem Großfürsten standen seine beiden livrierten Leibwächter, bewaffnet und wachsam. Struan, Brock, Cooper, Tillman, Robb, Gorth und alle sonstigen kleinen Tai-Pane saßen auf der Südseite und hinter ihnen die kleineren Händler, die Armee- und Marineoffiziere, die sich mit den Ellbogen stießen, um bessere Sicht zu haben. Und an der Peripherie versammelte sich eine ständig größer werdende Menge von Chinesen, die schwatzend und lachend aus den Hütten von Tai Ping Schan herbeiströmten und nun warteten.
»Und in dieser Ecke der Vertreter der Royal Army, Feldwebel Bill Tinker…«
Wieder unterbrach ihn rauhes Gebrüll. Hibbs hob die Arme, und sein schäbiger Gehrock zog sich über seinem ballähnlichen Wanst zusammen. Als schließlich die Jubelrufe und das Geheul verstummt waren, rief er: »Es gelten die Londoner Regeln für den Wettkampf: Jede Runde wird erst durch Niederschlag beendet. Zwischen den Runden liegen dreißig Sekunden: wenn die Glocke ertönt, hat der Mann acht Sekunden, um sich zu erheben und wieder zum Kampf anzutreten. Nicht erlaubt sind Treten, Stoßen mit dem Kopf, Schläge unterhalb des Gürtels und Würgen. Der Mann, der nicht aus seiner Ecke herauskommt oder der, dessen Betreuer das Handtuch wirft, ist der Verlierer.«
Er machte den beiden Betreuern gewichtig ein Zeichen; die untersuchten nun die Fäuste des gegnerischen Kämpfers, um festzustellen, daß sie wie üblich in Walnußsaft getaucht waren und keinen Stein verbargen; dann inspizierten sie die Kampfstiefel, um festzustellen, ob die Sohlen nur die vorgeschriebenen drei Dornen aufwiesen.
»Und nun gebt euch die Hände. Der beste Mann soll siegen!«
Die Preiskämpfer traten in die Mitte des Rings; ihre Schultermuskeln zitterten in zurückgestauter Erregung, die Bauchmuskeln waren fest zusammengezogen, ihre Nasenflügel bebten, als sie den scharfen, bitteren Schweiß des anderen einsogen.
Sie traten mit den Zehen bis an die Linie und berührten sich mit den Händen. Dann ballten sie die Fäuste, die wie Felsbrocken wirkten, und warteten. Ihre Nerven waren zum Äußersten gespannt.
Hibbs und die Betreuer duckten sich unter den Seilen durch und traten aus dem Weg.
»Hoheit?« fragte Longstaff und überließ Sergejew die Ehre.
Der Großfürst erhob sich und trat zur Schiffsglocke in der Nähe des Rings. Er schlug sie mit dem Klöppel an, und sofort bemächtigte sich eine wilde Erregung der Menschenmasse auf dem Küstenstreifen.
Mit dem Glockenschlag begannen die Kämpfer aufeinander einzuschlagen, die Beine wie Eichenstämme fest in den Boden gerammt, die Zehen auf der Grundlinie verkrampft. Grums Knöchel prallten Tinker ins Gesicht und hinterließen eine blutige Spur, während Tinkers Faust einen schweren Schlag gegen Grums Magen landete. Unaufhörlich hämmerten sie mit den Fäusten auf den Gegner ein, vom Toben der Menge, von ihrem
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