Tai-Pan
mutterlosen Sklaven, miteinander zu flüstern?« zischte sie.
»Wir beten nur darum, daß unser Vater unserer armen schönen lieben Mutter gegenüber nicht zornig wird«, antwortete Ah Sam mit flatternden Augenlidern.
»Dann beeil dich, du glattzüngige Hure. Für jedes böse Wort, das er mir sagt, werde ich dich einmal kneifen!«
Struan stand in der Mitte des Schlafzimmers und starrte das große, schmutzige zusammengeknüpfte Taschentuch an, das er aus seiner Tasche geholt hatte. Hol's der Teufel, was tue ich jetzt? fragte er sich.
Nach dem Kampf hatte er den Großfürsten zu seiner neuen Unterkunft auf der Resting Cloud begleitet. Er war erleichtert, als Orlow ihm verstohlen berichtete, er habe ohne Mühe das Gepäck des Großfürsten durchstöbern können.
»Papiere waren jedoch nicht zu finden«, erklärte ihm Orlow. »Eine kleine Kassette war da, aber Sie hatten mir eingeschärft, ich solle nichts aufbrechen, so habe ich alles gelassen, wie es war. Ich hatte reichlich Zeit, denn meine Leute haben solange die Diener beschäftigt.«
»Danke. Kein Wort irgend jemand gegenüber.«
»Halten Sie mich denn für einen Irren?« hatte Orlow mit verletzter Würde geantwortet. »Übrigens, Mrs. Quance mit ihren fünf Kindern ist jetzt auf dem kleinen Depotschiff untergebracht. Ich habe ihr erklärt, Quance sei in Macao und müßte morgen mit der Mittagsflut einlaufen. Ich hatte alle Mühe, ihren verdammten Fragen auszuweichen. Die würde auch noch aus einer Muschel eine Antwort herausholen.«
Struan hatte nach seinem Gespräch mit Orlow die Kammer der Jungen aufgesucht. Sie waren jetzt sauber und hatten neue Kleider. Mauss war noch immer mit ihnen zusammen, und vor ihm fürchteten sie sich nicht. Struan hatte ihnen erklärt, daß er sie am nächsten Tag nach Kanton bringen würde, wo sie ein Schiff nach England besteigen sollten.
»Euer Gnaden«, hatte der kleine Engländer zu ihm gesagt, als er sich zum Gehen wandte, »dürfte ich Sie einmal sprechen? Unter vier Augen?«
»Natürlich«, hatte Struan geantwortet und war mit ihm in eine andere Kammer gegangen.
»Mein Papa hat gesagt, dies sollte ich Ihnen geben, Euer Gnaden, und niemand was davon sagen, nicht Mr. Wu Pak und nicht einmal Bert.« Freds Finger zitterten, als er das Kleiderbündel aufknotete, das noch immer am Stock befestigt war, und es ausbreitete. Es enthielt ein kleines Messer, einen Stoffhund und ein großes zusammengeknotetes Taschentuch. Er reichte ihm nervös das Taschentuch, schloß zu Struans Erstaunen die Augen und wandte ihm den Rücken zu.
»Was soll denn das, Fred?«
»Mein Papa hat gesagt, ich dürfte nicht hinsehen und sollte mich umdrehen, Euer Gnaden. Auf keinen Fall hinsehen«, antwortete Fred und hielt die Augen fest geschlossen.
Struan knüpfte das Taschentuch auf und starrte den Inhalt an: Rubinohrringe, Diamantenanhänger, mit Diamanten besetzte Ringe, eine große Smaragdbrosche und viele zerbrochene oder verbogene Gürtelschnallen aus Gold, dicht mit Diamanten und Saphiren besetzt. Das alles mochte einen Wert von vierzig- bis fünfzigtausend Pfund haben. Piratenbeute. »Was soll ich denn damit anfangen?«
»Darf ich die Augen wieder öffnen, Euer Gnaden? Ich werde bestimmt nicht hinsehen.« Struan knüpfte das Tuch wieder zusammen und ließ es in die Tasche seines Gehrocks gleiten. »Ja. Hat nun dein Vater auch gesagt, was ich damit anfangen soll?«
»Er hat gesagt, es gehört mir, ich hab' das Wort vergessen. Es war' so was wie 'ne Sache mit … schaft am Ende.« Freds Augen füllten sich mit Tränen. »Ich will ja artig sein, Euer Gnaden, aber ich hab' es vergessen.«
Struan kauerte sich nieder und drückte den Jungen fest und sanft an sich. »Brauchst nicht zu weinen, mein Junge. Denken wir nach. War es vielleicht ›Erbschaft‹?«
Der Junge starrte Struan an, als sei er ein Zauberer. »Ja. Erbschaft. Wie haben Sie das gewußt?«
»Brauchst nicht zu weinen, bist doch ein Mann. Männer weinen nicht.«
»Was ist 'ne Erbschaft?«
»Eine Art Geschenk, für gewöhnlich Geld, vom Vater an den Sohn.«
Fred grübelte lange darüber nach. Dann sagte er: »Warum hat mein Papa gesagt, daß ich meinem Bruder Bert nichts davon verraten darf?«
»Weiß ich nicht.«
»Bitte, Euer Gnaden?«
»Vielleicht wollte er, daß du es bekommst und nicht Bert.«
»Kann 'ne Erbschaft für 'ne Menge Söhne sein?«
»Ja.«
»Können mein Bruder Bert und ich 'ne Erbschaft teilen, wenn wir eine bekommen?«
»Ja. Wenn ihr eine
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