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Tai-Pan

Tai-Pan

Titel: Tai-Pan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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Brust. »Sollte vielleicht etwas enger an der Brust anliegen, was?« Liza lachte. »Jetzt hör aber auf, mein Freund«, sagte sie, nun weniger ängstlich. »Ich glaube übrigens, daß deine Rubinnadel besser zu deiner Krawatte paßt als die mit dem Brillanten.«
    Er steckte die andere Nadel hinein und fuhr fort, sich zu bewundern. Dann lachte er und packte sie um die Taille, summte einen Walzer und zwang sie, mit ihm zu tanzen. »Du wirst die Schönste auf dem Ball sein«, rief er.
    Liza bemühte sich, in diesem Augenblick fröhlich zu wirken, aber Brock sah es ihren Augen an, daß etwas nicht stimmte. »Was is' los?«
    Sie nahm ein Taschentuch heraus, wischte sich den Schweiß von der Stirn und setzte sich. »Es geht … es handelt sich um Tess.«
    »Is' sie krank?«
    »Nein. Nur … wir nehmen sie mit zum Ball!«
    »Hast du 'n Verstand verloren?«
    »Ich habe ihr ein Kleid machen lassen – ein wirklich hübsches Kleid – und ihr das Haar frisiert, und nun ist sie fertig, damit du sie dir ansiehst und einverstanden mit allem bist, bevor …«
    »Dann sag ihr, soll zu Bett gehen! Die wird mir zu keinem Ball nich' gehen! Weißt ganz genau, was ich darüber denken tu'! Hast ihr ein Kleid machen lassen, was?« Er hob die Hand zum Schlag.
    »Hör mich erst mal an!« rief Liza, und ihr Wille überwand ihre Furcht. »Hör mich erst mal an. Nagrek und sie …«
    Der Schlag blieb in der Luft hängen. »Was is' mit Nagrek?«
    »Nur ein Glück, daß er in jener Nacht gefallen ist. Tess … Tess ist …« Ihr kamen die Tränen. »Hab' dich nich' beunruhigen wollen, aber sie …«
    »Is' sie schwanger?«
    »Nein. Aber ich hab' diesen vergangenen Monat so 'ne Angst ausgestanden, seitdem du in Kanton warst. Falls ich mich geirrt haben sollte. Aber vorige Woche hat sie endlich ihre Tage gehabt. Gott sei Dank, so ist wenigstens die Angst behoben.«
    »Aber sie ist keine Jungfrau mehr?« fragte er von Entsetzen gepackt.
    »Sie ist noch Jungfrau.« Die Tränen rannen ihr übers Gesicht.
    »Dann, um Himmels willen, wenn sie noch immer Jungfrau ist, wozu zum Teufel das ganze Gejammer? Aber, nu' aber, Liza«, sagte er und streichelte ihr die Wange.
    Liza war es klar, daß sie ihm niemals gestehen durfte, daß Tess tatsächlich nicht mehr unberührt war. Aber sie dankte dem Herrn, daß es ihr gelungen war, das Mädchen davon zu überzeugen, es habe alles nur auf ihrer Einbildung beruht und sie sei noch genauso keusch, wie ein Mädchen sein soll.
    »Der letzte Monat war entsetzlich«, sagte sie, »entsetzlich. Aber es soll uns eine Warnung sein, Tyler. Ich habe mir auch solche Sorgen darum gemacht, daß du es nicht siehst, wie sie herangewachsen ist. Davor habe ich Angst. Du siehst wahrhaftig nicht, was du vor den Augen hast.« Er wollte reden, aber sie ließ sich nicht mehr aufhalten. »Bitte, Tyler, ich flehe dich an. Sieh sie dir nur an, und wenn du dich dann davon überzeugt hast, daß sie erwachsen ist, dann nehmen wir sie mit. Bist du anderer Ansicht, bleibt sie hier. Ich habe ihr gesagt, es ist an dir, das zu entscheiden.«
    »Wo is' Tess jetzt?«
    »In der großen Kajüte.«
    »Du wartest hier.«
    »Ja, mein Lieber.«

21
    Als sich die Dunkelheit über Hongkong herabgesenkt hatte, trat Culum an die Reling des Achterdecks auf der Thunder Cloud und gab das Zeichen. Das Geschütz krachte. Danach lag die Flotte für einen Augenblick in tiefer Stille da. Nervös sah er zum Ufer des Happy Valley hinüber. Seine Erregung nahm zu, als er ein Licht aufflackern sah und bald darauf ein zweites. In kurzer Zeit war das ganze Ufergrundstück Nummer acht ein Meer tanzender Lichter. Die Diener eilten am Ufer umher, um die übrigen Laternen anzuzünden. Hunderte hatte man um den großen Kreis glattgehobelter Bretter aufgestellt, die den Tanzboden bildeten, und ihr Licht war warm und verlockend. Tische und Stühle bildeten kleine Gruppen, und auf jedem Tisch standen eine Lampe und Blumen aus Macao. Weitere Laternen hingen an Stricken zwischen schlanken Bambusstangen in der Nähe der langen, auf Böcken ruhenden Tischplatten, die unter der Vielzahl der Gerichte zu brechen schienen. Laternen beleuchteten die Fässer mit portugiesischen und französischen Weinen, mit Rum und Branntwein, Whisky, Südweinen und Bier. Vierzig Kisten mit Champagner lagen in der Nähe auf Eis. Überall eilten Diener umher, alle gleich gekleidet, in schwarzen Hosen und weiten weißen Jacken. Ihre Zöpfe tanzten. Sie unterstanden der strengen Aufsicht Tschen Schengs, des

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