Tai-Pan
beiseite. »Das hätten wir!«
»Ausgezeichnet, Aristoteles«, sagte Robb und hielt die kleine Karen hoch, damit sie sich ihr Porträt ansähe. »Findest du nicht, Karen?«
»Seh' ich denn so aus?« rief Karen enttäuscht. »Es ist scheußlich.«
»Unsterblich ist es, Karen«, antwortete Quance empört. Er nahm sie aus Robbs Armen und drückte sie fest an sich. »Sieh dir nur an, wie wunderbar deine Wangen glühen, sieh das Licht in deinen schönen Augen und die Glückseligkeit, die dich wie ein Heiligenschein umgibt. Beim Barte Alkasabedabras, es ist großartig gelungen, ganz du selber.«
»Doch, es ist hübsch.« Sie umarmte ihn, und er stellte sie auf den Boden. Noch einmal betrachtete sie das Bild. »Wer ist dieser Alkasa … wie hast du eben gesagt?«
»Ein Freund von mir«, antwortete Quance ernst. »Ein bärtiger Freund, der über Maler und hübsche Kinder wacht.«
»Es ist sehr, sehr hübsch«, sagte Sarah. Ihr Gesicht wirkte abgespannt. »Lauf jetzt, es ist schon längst Zeit zum Schlafengehen.«
»Es ist doch noch früh«, antwortete Karen schmollend. »Und du hast mir versprochen, ich darf aufbleiben, bis Papa weggeht.«
Quance lächelte, säuberte sich seine Finger mit Terpentin und zog seinen Kittel aus. »Ich hole mir meine Farben morgen ab, Robb.«
»Selbstverständlich.«
»Aber jetzt sollten wir wohl besser aufbrechen.« Quance strich sich über seine prächtig bestickte purpurrote Weste und zog seinen Gehrock aus goldschimmernder Seide an.
»Ich mag dich, Mr. Quance«, sagte Karen. »Du bist sehr hübsch, obwohl das Bild doch scheußlich ist.«
Er lachte, drückte sie noch einmal an sich und setzte seinen Zylinder auf. »Ich warte auf Sie im Beiboot, Robb.«
»Warum zeigst du nicht Mr. Quance den Weg?« fragte Robb.
»Ach ja«, antwortete sie und tänzelte zur Tür. Quance folgte ihr und sah in diesem Augenblick aus wie ein Pfau.
»Fühlst du dich einigermaßen, Sarah?« fragte Robb besorgt.
»Nein«, erwiderte Sarah kühl. »Aber das macht nichts. Du solltest jetzt lieber gehen. Sonst kommst du zu spät.«
»Ich bleibe, wenn es dir etwas hilft«, erwiderte Robb verbissen.
»Das einzige, das mir helfen kann, ist die Ankunft des Babys und das Schiff nach Hause.« Sarah strich sich mürrisch eine Haarsträhne aus den Augen. »Weg von dieser verwünschten Insel!«
»Sei doch nicht lächerlich!« entgegnete er. Er konnte sich nicht mehr beherrschen, sein Zorn war stärker als seine Entschlossenheit, nicht mit ihr zu streiten. »Das hat doch nichts mit Hongkong zu tun!«
»Seitdem wir diese Insel haben, gibt es nur noch Ärger«, erwiderte sie. »Du hast dich verändert, Dirk hat sich verändert, Culum ebenfalls, und auch ich bin anders geworden. Um Himmels willen, was geht eigentlich hier vor? Endlich hatten wir uns entschlossen abzureisen – dann machten wir Bankrott. Wir alle waren zu Tode erschrocken und stritten uns entsetzlich – und schließlich die arme Ronalda und Dirks Familie, die der Tod holte. Danach hat uns der Silberschatz wieder gerettet, aber Dirk hat dich in die Ecke getrieben, und du warst zu schwach, um wieder herauszukommen, und da hast du versprochen, zu bleiben. Culum haßt Dirk, und Dirk haßt Culum, und du stehst wie ein Idiot mitten zwischen ihnen und bringst nicht den Mut auf, dir das zu nehmen, was uns von Rechts wegen gehört, und abzureisen, damit wir von diesem Geld etwas haben – in der Heimat. Niemals zuvor habe ich ein Kind so lange ausgetragen wie diesmal. Niemals zuvor habe ich mich dabei so elend gefühlt, aber jetzt ist es mir, als müßte ich sterben. Wenn du den genauen Tag wissen willst, an dem alle unsere Schwierigkeiten begannen: Es war der 26. Januar 1841!«
»Das alles ist doch völliger Unsinn«, entgegnete er, wütend darüber, daß sie das aussprach, was seit langem in seinen Gedanken gärte. Er wurde sich bewußt, daß er diesen Tag in den grüblerischen Stunden einer Nacht verflucht hatte. »Alles abergläubischer Unsinn«, fügte er hinzu, jedoch mehr, um sich selbst als um sie zu überzeugen. »Die Seuche war im vergangenen Jahr. Der Sturm auf die Bank setzte im vergangenen Jahr ein. Nur erhielten wir die Nachricht erst, als wir in Hongkong waren. Und ich bin doch nicht dumm: wir müssen Geld haben, wir müssen eine Menge Geld zwischen die Finger bekommen, und ein Jahr ist wahrhaftig nicht so lang. Ich denke an dich, unsere Kinder und Enkel. Ich muß bleiben. Das ist alles abgesprochen.«
»Hast du unsere Passage nach Hause
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