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Tai-Pan

Tai-Pan

Titel: Tai-Pan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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löschte er das Licht und legte sich ins Bett.
    Sie ließ er stehen.
    Nach einer kurzen Weile sagte er schroff: »Leg dich ins Bett, ich friere.«
    Später, als er ihr Weinen nicht mehr zu ertragen vermochte, schlang er zärtlich seine Arme um sie und küßte sie. »Es ist dir verziehen, meine Kleine.«
    In seinen Armen weinte sie sich in Schlaf.

V IERTES B UCH
     

Die Wochen verstrichen, der Frühling ging in den Frühsommer über. Die Sonne nahm an Kraft zu, und die Luft war mit Feuchtigkeit gesättigt. Die Europäer in ihren gewöhnlichen Anzügen, dem langen wollenen Unterzeug, den bauschigen Kleidern und den Fischbeinkorsetts, litten sehr unter der Hitze. Der Schweiß trocknete in den Achselhöhlen und zwischen den Beinen, und dort bildeten sich eitrige Wunden. Die üblichen Sommerkrankheiten setzten ein – die Kantonruhr, der Macaofluß und das Asiatische Fieber. Die Verstorbenen wurden beweint. Die Lebenden ertrugen stoisch ihre Leiden als unvermeidliche Plagen, die Gott der Herr geschickt hatte, um die Menschheit zu züchtigen, und schlossen weiterhin ihre Fenster gegen die Luft ab, von der alle glaubten, sie verbreite die schädlichen Gase, die die Erde im Sommer ausströme; sie nahmen weiterhin Abführmittel und ließen sich zur Ader, denn alle wußten, daß darin die einzige Möglichkeit lag, von diesen Krankheiten geheilt zu werden; sie tranken auch weiterhin von Fliegen verseuchtes Wasser und aßen Fleisch, auf das die Fliegen ihre Eier abgelegt hatten; sie mieden es nach wie vor zu baden, denn alle wußten, daß dies der Gesundheit schadete; und sie hörten nicht auf, die Kühle des Winters herbeizuflehen, der wieder einmal die Erde von ihren gefährlichen, tödlichen Giften säubern würde.
    Bis zum Juni hatte das Fieber die Reihen der Soldaten dezimiert. Die Saison der Handelsgeschäfte war fast vorbei. In diesem Jahr würden riesige Vermögen gemacht werden – Joss vorausgesetzt. Denn niemals zuvor war in der Niederlassung von Kanton so unmäßig viel gekauft und verkauft worden. Die Händler, ihre portugiesischen Angestellten, ihre chinesischen Kommissionäre und die Co-hong-Kaufleute waren alle von der Hitze erschöpft, aber noch mehr von den Wochen fieberhafter Aktivität. Alle waren bereit, sich nun etwas Ruhe zu gönnen, bis die Winterkäufe einsetzten.
    Und in diesem Jahr freuten sich, im Gegensatz zu allen früheren Jahren, die Europäer darauf, den Sommer in ihren eigenen Häusern und auf ihrem eigenen Grund und Boden auf Hongkong zu verleben.
    Ihre Familien in Hongkong waren bereits aus den engen Unterkünften auf den Schiffen in das Happy Valley umgezogen. Es war emsig gebaut worden. Schon nahm Queens Town deutlicher Gestalt an: Straßen, Lagerhäuser, das Gefängnis, Kaianlagen, zwei Hotels, Kneipen und Wohnhäuser.
    Die Kneipen, die die Soldaten besuchten, waren in der Nähe der Zelte bei Glessing's Point entstanden. Die anderen, deren Kunden Seeleute waren, lagen der Marinewerft gegenüber an der Queens Road. Einige von ihnen waren nichts weiter als Zelte oder rasch zusammengeschlagene behelfsmäßige Bauten. Andere wiederum hatten sich auf längere Zeit eingerichtet.
    Aus England trafen Schiffe ein, die Vorräte, Verwandte, Freunde und viele Fremde brachten. Und jede Flut führte mehr Menschen aus Macao heran – Portugiesen, Chinesen, Eurasier und Europäer – Segelmacher, Weber, Schneider, Schreiber, Dienstboten, Geschäftsleute, Käufer und Verkäufer, Kulis, Leute, die eine Stellung suchten, oder die anderen, deren Beruf sie nun zwang, nach Hongkong zu kommen: alle, die dem Chinahandel dienten, alle, die von ihm lebten oder sich an ihm mästeten. Zu denen, die kamen, gehörten auch die Bordellmütter, die leichten Mädchen, die Opiumraucher, die Ginbrenner, die Spieler und Schmuggler, die Taschendiebe und Entführer, die Räuber, Bettler und Piraten – der Abschaum aller Nationen. Auch sie fanden Unterkünfte oder begannen sich Unterkünfte und Räume zu bauen, in denen sie ihren verschiedenen Geschäften nachgingen. Billige Kneipen, Bordelle und Opiumhöhlen schossen in der Queen's Road und in der ganzen übrigen Stadt aus dem Boden. Die Zahl der Verbrechen nahm gewaltig zu, und die Polizei war dem nicht mehr gewachsen. Der Mittwoch wurde zum Tag des Auspeitschens bestimmt. Zur Freude der Rechtschaffenen wurden verurteilte Verbrecher vor dem Gefängnis als Warnung öffentlich ausgepeitscht.
    Das britische Rechtswesen, obwohl rasch zupackend und streng, schien den Chinesen

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