Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tai-Pan

Tai-Pan

Titel: Tai-Pan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
Vom Netzwerk:
schwarze Bögen. Sie trug ein langes, weich fallendes chinesisches Gewand.
    »Wie geht es dir, meine Kleine?« fragte er.
    »Ich danke dir, dieser Sklavin geht es nun gut.« Ihre Blässe und das kühle Grün ihres seidenen Gewandes unterstrichen ihre grenzenlose Würde. »Möchtest du Branntwein haben?«
    »Nein, danke.«
    »Tee?«
    Er schüttelte den Kopf, beeindruckt von ihrem majestätischen Auftreten. »Ich bin nur froh, daß es dir besser geht. Du solltest aber im Bett liegen.«
    »Diese Sklavin bittet dich, ihr zu verzeihen. Diese Sklavin …«
    »Du bist keine Sklavin, bist niemals eine gewesen. Und es gibt nichts zu verzeihen, meine Kleine, und jetzt ab ins Bett.«
    Sie wartete geduldig, bis er fertig war. »Diese Sklavin bittet dich, ihr zuzuhören. Sie muß auf eigene Weise sagen, was gesagt werden muß. Bitte setzen.«
    Zwei Tränen rollten aus ihren Augen über ihre blassen Wangen hinab.
    Fast wie unter einem Bann setzte er sich.
    »Diese Sklavin bittet ihren Herrn, sie zu verkaufen.«
    »Du bist keine Sklavin und kannst weder verkauft noch gekauft werden.«
    »Bitte zu verkaufen. An irgend jemand. An Hurenhaus oder anderen Sklaven.«
    »Du bist nicht zu verkaufen.«
    »Diese Sklavin hat dich über alles Erträgliche hinaus beleidigt. Bitte zu verkaufen.«
    »Du hast mich nicht beleidigt.« Er erhob sich, und seine Stimme war von stählerner Härte. »Jetzt gehst du ins Bett.«
    Sie fiel auf die Knie nieder und machte Kotau. »Diese Sklavin hat kein Gesicht mehr vor ihrem Herrn und Besitzer. Sie kann hier nicht leben. Bitte zu verkaufen!«
    »Steh auf!« Struans Gesicht verhärtete sich.
    Sie erhob sich. Ihr Gesicht war überschattet und wirkte durchsichtig und fast unkörperlich.
    »Du bist nicht zu verkaufen, weil niemand dich besitzt. Du wirst hierbleiben. Du hast mich nicht beleidigt. Du hast mich nur überrascht, das war die ganze Geschichte. Europäische Kleider stehen dir nicht. Ich liebe die Kleider, die du sonst trägst. Und ich liebe dich so, wie du bist. Aber wenn du nicht bleiben willst, darfst du jederzeit gehen.«
    »Bitte verkaufen. Dies ist deine Sklavin. Solange ein Besitzer nicht verkauft, kann eine Sklavin nicht gehen.«
    Struan war nah daran, die Beherrschung zu verlieren. Nimm dich zusammen, mahnte er sich verzweifelt. Wenn du dich jetzt nicht zusammenreißt, hast du sie für immer verloren. »Geh zu Bett!«
    »Du mußt diese Sklavin verkaufen. Verkauf diese Sklavin oder befiehl ihr, wegzugehen.«
    Struan erkannte, daß es nutzlos war, sich mit May-may zu streiten oder ihr etwa vernünftig zuzureden. Du kannst sie nicht wie eine Europäerin behandeln, sagte er zu sich. Behandle sie so, als seist du Chinese. Aber wie macht man das? Ich weiß es nicht. Behandle sie als Frau, befahl er sich und hatte sich schon zu einer bestimmten Taktik entschlossen.
    Jäh brach der Zorn bei ihm durch. Aber er war nur gespielt. »Du bist wahrhaftig eine elende Sklavin! Ich habe nicht übel Lust, dich in die Straße der Blauen Laternen zu verkaufen«, brüllte er. Die Straße der Blauen Laternen war die übelste von allen Seemannsgassen in Macao. »Wer allerdings ein so dreckiges Stück Sklavin wie dich kaufen möchte, kann ich mir nicht vorstellen. Mit dir hat man nichts als Ärger, ich werde dich wohl am besten an die Leprakranken verkaufen. Bei Gott! Achttausend Silbertaels habe ich für dich gezahlt, und da wagst du es noch, mich zu erzürnen? Man hat mich wirklich übers Ohr gehauen! Du bist völlig nutzlos! Du schmutzige Sklavin – wie ich es all die Jahre hindurch mit dir habe aushalten können, ist mir ein Rätsel!« Er schüttelte seine Faust vor ihrem Gesicht, und sie wich zurück. »War ich nicht gut zu dir? He? Großzügig? He? Was?« brüllte er und war froh, als er nun Angst in ihren Augen bemerkte. »Nun?«
    »Ja, mein Herr«, flüsterte sie und biß sich auf die Lippe.
    »Du wagst es, dir hinter meinem Rücken Kleider machen zu lassen, und du wagst es, sie ohne meine Erlaubnis zu tragen! Hast du das getan?«
    »Ja, mein Gebieter.«
    »Morgen werde ich dich verkaufen. Vielleicht werfe ich dich auch jetzt gleich hinaus, du elende, mutterlose Hure. Mach Kotau! Los, los, ein bißchen schneller!«
    Sie wurde angesichts seines Zornes noch bleicher und warf sich rasch zu Boden.
    »Und jetzt bleibst du da unten, bis ich zurückkomme!«
    Er stürzte aus dem Zimmer und hinaus in den Garten. Dort riß er sein Messer heraus und suchte sich aus einem frisch gepflanzten Hain ein dünnes Bambusrohr

Weitere Kostenlose Bücher