Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tai-Pan

Tai-Pan

Titel: Tai-Pan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
Vom Netzwerk:
bedrückende Stille.
    Allen schien die Zeit stillzustehen. Culum fragte sich, was wohl dieses Lächeln bedeuten mochte, das so gar nicht zu Gorths Gesicht paßte, und warum sich der Tai-Pan schon für den nächsten Monat entschieden hatte – ach Gott, dachte er, laß es doch schon im nächsten Monat sein.
    Gorth wußte, daß es mit seinem Einfluß auf Culum vorbei war, wenn die Hochzeit schon im nächsten Monat stattfand. Das durfte um keinen Preis geschehen. Was immer Vater jetzt antwortet, so schwor er sich, eine baldige Heirat kommt nicht in Frage. Vielleicht im nächsten Jahr. Ja, aber nur vielleicht. Was geht im Kopf dieses Teufels vor?
    Auch Brock bemühte sich, Struans Absichten zu durchschauen – denn Struan mußte irgendwelche Absichten damit verbinden, und für ihn oder Gorth konnten sie nichts Gutes bedeuten. Sofort befahl ihm sein Instinkt, diese Heirat zu verzögern. Aber er hatte vor Gott geschworen, den beiden einen sicheren Hafen zu bieten – so wie Struan es getan hatte –, und er wußte, daß ein solches Gelöbnis ihn ebenso verpflichtete wie Struan.
    »Wir können schon am nächsten Sonntag das erste Aufgebot verlesen lassen«, fuhr Struan fort, unbekümmert um die gespannte Stimmung. »Der nächste Sonntag würde gut passen, meine ich.« Er lächelte Tess an. »Nicht wahr, meine Kleine?«
    »Ach ja. Ja«, rief sie und drückte Culums Hand.
    »Nein«, rief Brock.
    »Das ist zu bald«, warf Gorth ein.
    »Wieso?« fragte Culum.
    »Ich denke dabei nur an dich, Culum«, antwortete Gorth beschwichtigend, »an – an den Tod deines Onkels. Es ist einfach zu bald, das gehört sich nicht.«
    »Liza, mein Schatz«, sagte Brock mit belegter Stimme, »du und Tess, ihr seid jetzt mal entschuldigt. Treffen uns nach dem Portwein wieder.« Tess warf ihm die Arme um den Nacken und flüsterte ihm zu: »Ach, bitte, Papa«, und dann blieben die vier Männer allein.
    Brock erhob sich schwerfällig und holte die Flasche Portwein, schenkte vier Gläser ein und bot sie an.
    Struan trank einen Schluck und sagte dann anerkennend: »Sehr guter Portwein, Tyler.«
    »Is' einer vom Jahrgang 1831.«
    »Ein wunderbares Jahr für Portwein.«
    Wieder wurde es still.
    »Könnten Sie es ermöglichen, Mr. Brock, Ihre Abreise um ein paar Tage zu verschieben?« fragte Culum nervös. »Ich meine, sollte es nicht möglich sein … ich würde Tess gern das Grundstück zeigen und mit ihr zusammen mit dem Architekten reden.«
    »Wegen der Räumung, dem Landverkauf und all dem Zeug werden wir jetzt nich' abreisen. Zumindest«, erklärte Brock, »nich' Gorth und ich. Liza, Tess und Lillibet sollten allerdings sobald wie möglich aufbrechen. Macao is' um die Zeit des Jahres gesünder. Und kühler. Nicht wahr, Dirk?«
    »Ja. In Macao ist es jetzt schön«, sagte Struan und zündete sich eine Zigarre an. »Wie ich gehört habe, wird die Untersuchung wegen des Zwischenfalls mit dem Großfürsten in der kommenden Woche beginnen.« Er sah Gorth prüfend an.
    »Das war ein schlimmer Joss«, meinte Brock.
    »Ja«, fiel Gorth ein. »Ringsum wurde geschossen.«
    »Ja«, sagte Struan. »Kurz nachdem der Großfürst getroffen wurde, hat jemand den Führer des Haufens niedergeschossen.«
    »Das habe ich getan«, rief Brock.
    »Vielen Dank, Tyler«, antwortete Struan. »Haben Sie auch geschossen, Gorth?«
    »Ich war auf 'm Vorschiff, um die Leinen loszuwerfen.«
    »Richtig«, stimmte Brock ihm zu. Er versuchte sich zu erinnern, ob er jemanden gesehen hatte, der ebenfalls schoß. Aber er konnte sich nur daran erinnern, Gorth nach vorn geschickt zu haben. »Schlimmer Joss. Dieser Pöbel ist furchtbar, und in solchen Augenblicken weiß man nie, was alles geschehen kann.«
    »Stimmt«, räumte Struan ein. Er wußte, wenn der Schuß gezielt war, so war Gorth der Schütze gewesen. Nicht Brock. »Immer wieder kommen solche Sachen vor.«
    Die Öllampen, die vom Deckenbalken herabhingen, schaukelten leicht hin und her. Der Wind war umgesprungen, das Schiff krängte. Die Seeleute – Gorth, Brock und Struan – wurden aufmerksam. Brock öffnete ein Fenster und zog kräftig die Luft ein. Gorth blickte zu den Heckfenstern auf See hinaus, und Struan lauschte dem Geist des Schiffes.
    »Is' nichts«, sagte Brock. »Der Wind is' um ein paar Grad umgesprungen, das is' alles.«
    Struan trat auf den Gang hinaus, wo ein Barometer hing. Es zeigte auf beständig. In den vergangenen Wochen hatte der Luftdruck nur minimal geschwankt.
    »Beständig«, sagte er.
    »Ja«,

Weitere Kostenlose Bücher