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Tai-Pan

Tai-Pan

Titel: Tai-Pan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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heiraten, und wenn es das Letzte ist, was ich auf dieser Welt noch tue. Zum Teufel mit allen anderen!«
    Er legte sich zurück, ließ seine Gedanken wandern und versuchte sich vorzustellen, was er und May-may daheim in England tun würden. Sie wird ganz London den Kopf verdrehen … solange sie keine europäische Kleidung trägt. Miteinander werden wir die Grundfesten der englischen Gesellschaft zum Wanken bringen. Jetzt muß ich so schnell wie möglich nach Hause. Vielleicht kann ich selber den Außenminister zur Strecke bringen! Oder Whalens Abreise verhindern. Jetzt liegt der Schlüssel zu Hongkong in London. Also nach Hause – und je früher, desto besser.
    Er drehte den Kopf und blickte Yin-hsi an, und zum erstenmal sah er sie wirklich. Sah, wie reizend und begehrenswert sie war. Ihr Parfüm war ebenso köstlich wie ihre Haut.
    »Meine Kleine, du führst mich wahrhaftig in Versuchung«, sagte er.
    Sie schmiegte sich fester an ihn.

45
    Kurz vor der Mittagsstunde schleppte sich die White Witch in den Hafen. Der Fockmast war über Bord gegangen, das Hauptdeck mit einem Gewirr gebrochener Spieren und verschlungenen Tauwerks bedeckt. Als sie ihrem Ankerplatz zustrebte, kam Brock in einem Beiboot längsseits.
    »Verdammt, dafür wird jemand den Kopf hinhalten müssen!« brüllte er, als er das Deck betrat, denn an den zerrissenen ungerefften Segeln, die zwischen den Falleinen lagen, erkannte er sofort, daß das Schiff zuviel Segelfläche gesetzt gehabt hatte. »Was is' geschehen?«
    »Guten Tag, Sir«, sagte Michaelmas. Er war der Erste Offizier, ein harter, pockennarbiger Mann. »Ich bin an die Stelle von Mr. Gorth getreten. Bis ich weiß, was Sie vorhaben.« In seiner großen Faust hielt er eine Peitsche. »Zwei Stunden außerhalb von Macao sind wir in ein Unwetter geraten. Hat uns fast zum Kentern gebracht. Hat den Mast weggerissen und uns um fünfzig Meilen aus dem Kurs geworfen.«
    Brock ballte die Faust und schüttelte sie vor dem Gesicht des Mannes. »Versteh'n Sie nich' genug, um einen Sturm zu erkennen, wenn er kommt? Wissen Sie nich', daß man in dieser Jahreszeit refft?«
    »Doch, Mr. Brock«, erwiderte Michaelmas furchtlos. »Aber der Sturm ist von Lee her gekommen. Schieben Sie mir nicht noch die Schuld an dem Sturm in die Schuhe!«
    Brocks Faust traf ihn so hart, daß er gegen das Schandeck taumelte und bewußtlos zu Boden stürzte.
    »Pennyworth!« brüllte Brock den Zweiten Offizier an, einen untersetzten, stämmigen jungen Mann. »Bis auf weitere Befehle sind Sie der Kapitän! Fahren Sie Sturmanker aus. Wir haben Schlechtwetter zu erwarten.« Dann erblickte er Culum auf dem Achterdeck. Die Seeleute verschwanden, als er über die Takelage hinwegkletterte und den kurzen Niedergang hinaufstieg. Drohend und mächtig stand er vor Culum.
    »Guten Morgen, Mr. Brock. Ich wollte …«
    »Wo ist Mrs. Brock?«
    »Unten, Sir. Es war nicht Mr. Michaelmas' Schuld. Und ich wollte …«
    »Halt's Maul!« knurrte Brock und wandte Culum verächtlich den Rücken zu. Culum kochte innerlich vor Zorn über diese Beleidigung; niemals hätte Brock dem Tai-Pan den Rücken zugewandt.
    »Niemand hat an Land zu gehen!« schrie Brock. »Lassen Sie diese Schweinerei aufräumen, Pennyworth, oder Sie mustern mir ab wie Michaelmas, diese Niete. Sorgen Sie dafür, daß er von meinem Schiff runterkommt!« Er wirbelte herum und stand erneut vor Culum. »Mit dir werd' ich nachher noch 'n Wort zu reden haben.«
    »Ich möchte jetzt mit Ihnen sprechen.«
    »Noch ein Wort, bevor ich dazu bereit bin, und ich mache dich zu Staub.«
    Culum folgte Brock nach unten und wünschte sich, der Tai-Pan wäre da. Mein Gott, wie kann ich mit Brock fertig werden? Warum haben wir auch in diesen verfluchten Sturm geraten müssen?
    Tess stand an der Tür zu ihrer Kammer. Sie lächelte ihm zaghaft zu und machte einen Knicks, aber Brock stürmte an ihr vorbei, riß die Tür der großen Kajüte auf und warf sie hinter sich zu.
    »Sei Gott uns gnädig«, flüsterte Tess Culum zu.
    »Keine Sorge. Wir werden es schon schaffen.« Culum versuchte, seiner Stimme Festigkeit zu geben, und wünschte sich verzweifelt, er hätte eine Pistole. Er trat an ein Regal, holte einen Belegnagel hervor und machte Tess ein Zeichen, sie solle in ihre Kammer gehen. »Hab keine Angst. Er hat einen heiligen Eid abgelegt. Er hat es versprochen.«
    »Laß uns davonlaufen, solange wir noch können«, bat sie.
    »Wir können jetzt nicht davonlaufen«, sagte Culum. »Keine Sorge, es ist

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