Tai-Pan
schon am besten, die Sache jetzt auszutragen. Es bleibt uns nichts anderes übrig.«
»Du hast also Tess durchbrennen und dir von diesem windigen Kerl Sand in die Augen streuen lassen, was?« rief Brock.
»Ja«, antwortete Liza. Sie bemühte sich, ihre Angst zu unterdrücken. »Ich hab' wirklich gut auf sie aufgepaßt. Und daran hätte ich überhaupt nie gedacht. Aber dann haben sie es doch getan, und es is' meine Schuld. Aber jetzt sind sie verheiratet, und es is' nichts geschehen, was wir…«
»Das werde ich noch entscheiden, bei Gott! Was is' Gorth zugestoßen?«
Sie berichtete ihm alles, was sie wußte. »Gorth war es, der Dirk Struan herausgefordert hat«, erklärte sie. Sie hatte schreckliche Angst, nicht so sehr um sich selbst, sondern weit mehr um Tess, Culum und ihren Mann. Wenn Tyler in diesem Zustand auf diesen Teufel losging, war es um ihn geschehen. »Gorth war es, Tyler. Er hat den Tai-Pan mit entsetzlichen Ausdrücken beschimpft. Hat mit 'ner Peitsche nach ihm geschlagen. Und das in aller Öffentlichkeit. Ich hab' Gorth gesagt, er soll warten, er soll mit hierherkommen und dich holen, aber er hat auch mich geschlagen und is' weggegangen.«
»Was hat er?«
Sie strich ihr Haar vom rechten Ohr zurück. Es war geschwollen und dunkel verfärbt; das Innere war mit getrocknetem Blut verkrustet. »Tut noch immer entsetzlich weh.« Sie öffnete die Bluse. Ihre Brust war voll blauer Flecken. »Das hat er getan. Dein Sohn. Is' ein richtiger Teufel, und das weißt du.«
»Bei Gott, Liza. Wenn er … wenn ich gewußt hätte … schon am besten so, daß er tot is'. Aber doch nich' so durch Mörder und ohne jede Ehre!« Mit verzerrtem Gesicht füllte er am Faß einen Krug mit Ale, und Liza dankte Gott, daß sie die Voraussicht besessen hatte, ein frisches Faß aufstellen zu lassen.
»Is' der Arzt sicher wegen der Krankheit? Bei diesem jungen Lümmel?«
»Er hat keine Krankheit, und er is' kein Lümmel. Dein Schwiegersohn is' er!«
»Weiß ich. Hol ihn der Teufel!«
»Tyler, vergib den beiden. Ich flehe dich an. Is' ein guter Junge, schrecklich in Tess verliebt, und sie is' glücklich und …«
»Halt dein Maul!« Brock stürzte das Bier herunter und stellte den Krug krachend auf den Tisch. »Dirk hat das alles geplant. Hab' ich gewußt. Mir zum Trotz! Erst hat er's drauf angelegt, meinen ältesten Sohn zur Strecke zu bringen – und dann nimmt er mir meine eigene Tochter. Möge Gott Struan verdammen! Sogar das hat er mir genommen!« Er warf den Krug gegen das Schott. »Wir werden Gorth heute auf See beisetzen.«
»Tyler, mein Lieber«, begann Liza. Sie berührte seinen Arm. »Tyler, mein Lieber, da is' noch was. Muß ausgesprochen werden. Du mußt verzeihen – es gibt viel zu verzeihen. Hängt mit Nagrek zusammen.«
»Was?«
»Gorth hat mir erzählt, was ihr beide mit Nagrek gemacht habt. Das is' schlimm – aber er hat's verdient. Er hat Tess gehabt. Das stimmt. Aber Culum weiß es nich', wie's scheint. So is' deiner Tochter ein entsetzliches Schicksal erspart geblieben.« Die Muskeln um Brocks leere Augenhöhle begannen heftig zu zucken. »Was sagst du da?«
»Is' die Wahrheit. Ich hab' es vor dir geheimgehalten, weil ich Angst vor dir hatte. Ich hab' es auch vor ihr geheimgehalten – das heißt, ich hab' ihr eingeredet, Nagrek hätte es nich' getan … wär' nich' Liebe gewesen, richtige Liebe – und drum sei nichts passiert.«
»Was sagst du da?«
»Is' wahr, Tyler«, stieß Liza hervor, und dann übermannte sie die Erregung. »Gib ihnen zumindest 'ne Chance. Du hast einen Eid geleistet, vor Gott. Und Gott hat uns bei Tess geholfen. Vergib ihnen.« Sie verbarg ihr Gesicht in den Händen und brach in krampfhaftes Schluchzen aus.
Brock bewegte die Lippen, aber kein Laut kam aus seinem Mund. Schwerfällig erhob er sich, überquerte den Gang und stand dann vor Culum und Tess.
Er erkannte die tiefe Angst in Tess' Augen. Das schmerzte ihn und weckte zugleich seine Grausamkeit. »Ihr habt es für richtig gehalten, entgegen meinem Wunsch zu handeln. Drei Monate, hab' ich gesagt. Aber ihr …«
»Ach, Vater … Vater …«
»Mr. Brock, darf ich …«
»Halt dein Maul! Wirst früh genug was zu sagen bekommen! Und du, Tess, du hast es fertiggebracht, wie ein billiges Flittchen davonzulaufen. Na gut. Geh jetzt und verabschiede dich von deiner Mutter. Dann gehörst du nicht mehr zu uns. Geh an Land mit deinem Mann.«
»Ach, Vater, hör mich doch bitte an …«
»Schluß! Jetzt will ich mit ihm
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