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Tai-Pan

Tai-Pan

Titel: Tai-Pan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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unerhört, daß er in ein Freudenhaus geht, während du doch da bist – und sogar Ah Sam.«
    »Ich gebe dir völlig recht. Nein, was für ein schlechter Mensch!«
    »Sie sind alle so böse«, antwortete May-may. »Ich hoffe, er ist so müde, daß er dich nicht wegschickt, wie er's sonst täte. Schlaf nur einfach in seinem Bett. Bei Vater müssen wir stets ganz allmählich vorgehen. Trotz seines Alters ist er in Liebesdingen noch immer sehr scheu.«
    »Weiß er denn, daß ich keine Jungfrau mehr bin?« Yin-hsi streichelte May-mays Haar.
    »Er ist noch immer viel zu jung, als daß er Jungfrauen nötig hätte, um sich in Erregung zu versetzen, liebe Schwester. Und viel zu alt, um noch die Geduld aufzubringen, eine Jungfrau die Liebe zu lehren. Sag nur zu ihm: ›Die Erste Dame schickt mich.‹«
    Wieder sprach Yin-hsi die englischen Wörter nach.
    »Du bist sehr hübsch, Schwester. Und jetzt lauf und warte eine Stunde, dann geh zu ihm.«
    May-may schloß die Augen und kuschelte sich zufrieden mit sich selber in ihre Kissen.
    Yin-hsi blickte auf Struan nieder. Er lag in tiefem Schlaf und hatte einen Arm um das Kopfkissen geschlungen. Die Vorhänge an den Fenstern waren vorgezogen, um das Frühlicht nicht einzulassen. Es war sehr still.
    Yin-hsi zog ihren Pyjama aus und ließ sich zaghaft unter die Decke neben Struan gleiten.
    Die Wärme des Bettes erregte sie.
    Atemlos wartete sie, aber er erwachte nicht. Sie drängte sich dichter an ihn, berührte mit einer Hand seinen Arm und wartete. Aber noch immer erwachte er nicht. Sie schmiegte sich noch näher an ihn, legte einen Arm auf seine Brust und ließ ihn dort ruhen. Sie wartete.
    Struan träumte, daß May-may neben ihm lag. Er atmete ihr Parfüm ein und fühlte ihre Nähe. Er war froh, daß das Fieber vergangen und sie wieder gesund war. Miteinander standen sie im Sonnenschein; er spürte, wie wohl sie sich fühlte. Er fragte sie, was sie sich zu ihrem Geburtstag wünschte, aber sie lachte nur und drängte sich dicht an ihn unter einer Sonne, die dunkel, seltsam, unwirklich, aber schön war. Dann waren sie einander sehr nah, und er lauschte ihrem Geplauder. Später schwammen sie miteinander. Er fand es sonderbar, denn er wußte, daß sie nicht schwimmen konnte, und fragte sich, wann sie es wohl gelernt haben mochte. Nackt lagen sie nebeneinander am Strand, und er fühlte ihren Körper an dem seinen. Sie begann zu frösteln, und ihn packte die Angst, das Fieber habe sie wieder überfallen. Auch der Mönch mit seiner von Blut besudelten Kutte war da, und die Tasse Tee nahm May-may das Fieber weg. Dann war nur noch Dunkelheit. Oben zogen die Wolken dahin, und es war finster, obwohl es eigentlich Tag hätte sein sollen, und über die Wellen hinweg brüllte Fong: »Tai-Fung!« Da liefen sie vor den Wolken davon und fanden wohlbehalten ihre Zuflucht im Bett.
    Er bewegte sich im Schlaf, wachte halb auf und fühlte den warmen, zarten Körper, der ihn berührte. Seine Hand begann zu suchen, er legte sie auf ihre Brust und empfand den Schauer, der sie und dann auch ihn durchlief.
    Er lag im Zwielicht der Kajüte auf der Schwelle des Erwachens, spürte die Zartheit ihrer Brust und ihre freudige Hingabe.
    Dann schlug er die Augen auf.
    Yin-hsi lächelte ihn scheu an.
    Struan stützte sich auf einem Ellbogen auf. »Herrgott und Vater, was zum Teufel treibst denn du hier?«
    Yin-hsi blinzelte ihn an, ohne ihn zu verstehen. »Die Erste Dame schickt mich.«
    »Bitte?« Struan versuchte zu begreifen.
    »Erste Dame schickt mich, Tai-Pan.«
    »Was? May-may? Hat sie den Verstand verloren?« Er deutete zur Tür. »Verschwinde von hier.«
    Yin-hsi schüttelte den Kopf. »Erste Dame schickt mich.«
    »Und wenn dich die Königin von England schickt! Mach, daß du wegkommst!«
    Yin-hsi verzog schmollend das Gesicht. »Erste Dame schickt mich!« Sie legt den Kopf fest aufs Kissen und blickte zu ihm auf.
    Struan brach in Lachen aus.
    Yin-hsi war verwirrt. Die Erste Dame hatte wahrhaftig recht. Diese Barbaren waren höchst verwunderlich. Aber ich werde mich nicht aus dem Bett rühren! sagte sie zu sich. Wie kannst du es wagen, in ein Freudenhaus zu gehen und mich vor der Tai-tai mein Gesicht verlieren zu lassen? Bin ich denn ein häßliches altes Weib? O nein, Tai-Pan! Ich rühre mich nicht von der Stelle! Ich bin sehr hübsch, bin Zweite Schwester und Zweite Dame in deinem Haus, und damit mußt du dich abfinden!
    »Bei allen Göttern!« rief Struan und riß sich zusammen. »Ich werde May-may

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