Tai-Pan
dabei eine große Bedeutung. Seine Exzellenz befindet sich hier in einer sehr schwierigen Lage. Macht man jetzt einen kleinen Fehler, werden die Folgen noch nach fünfzig Jahren zu spüren sein. Er muß mit äußerster Vorsicht vorgehen.«
»Ja. Und ohne die geringste Unterstützung!« Longstaff leerte sein Glas und goß sich noch eins ein. »Warum in aller Welt können sich die anderen nicht wie zivilisierte Menschen benehmen, möchte ich wissen. Außer Ihrem Vater gibt es niemanden, der mir hilft. Das Kabinett zu Hause kennt die Probleme nicht, mit denen ich mich herumzuschlagen habe, und außerdem sind sie ihm gleichgültig. Ich bin hier ganz allein auf mich gestellt. Man gibt mir unmögliche Anweisungen und erwartet von mir, daß ich mit einem unmöglichen Volk verhandle. Da müssen wir nun wahrhaftig vier Stunden zu spät kommen, nur um zu beweisen, daß wir die ›Überlegenen‹ sind; dabei weiß doch jeder, daß wir es sind!« Gereizt nahm er eine Prise und nieste.
»Wann werden Sie Land verkaufen, Will?«
»Nun ja, ich dachte, nachdem das Kabinett den Vertrag gebilligt hat. Wir haben reichlich Zeit. Sagen wir im September.«
»Haben Sie Ihre alten Pläne vergessen? Ich habe geglaubt, Sie wollten in Hongkong sofort mit dem Bauen anfangen.«
Longstaff versuchte sich zu erinnern. Es schien, als ob er sich entsinne, mit Struan darüber geredet zu haben. Was war es doch gleich? »Ach ja, natürlich, aber die Abtretung von Hongkong wird doch erst offiziell gültig, nachdem beide Regierungen den Vertrag gebilligt haben – ich meine, das ist doch der übliche Ablauf, oder nicht?«
»Ja. Aber hier liegen nicht die üblichen Umstände vor.« Struan spielte mit seinem Glas. »Hongkong gehört uns. Je eher wir mit dem Bauen beginnen, desto besser. Haben Sie das nicht gesagt?«
»Natürlich gehört es uns.« Worin hatte eigentlich der Plan bestanden? Longstaff unterdrückte wieder ein Gähnen.
»Sie hatten gesagt, das ganze Land solle der Königin gehören. Bis Sie offiziell als erster Gouverneur von Hongkong eingesetzt seien, liege alle Regierungsgewalt bei Ihnen als dem Bevollmächtigten. Wenn Sie eine Proklamation für diesen besonderen Fall erlassen, verläuft alles, wie Sie es geplant haben. An Ihrer Stelle würde ich im nächsten Monat einen Landverkauf vornehmen. Vergessen Sie nicht, Will, daß Sie Einkünfte aus der Kolonie brauchen. Das Kabinett ist Kolonien gegenüber, die sich nicht selber erhalten, empfindlich.«
»Stimmt. Ja. Ganz richtig. Selbstverständlich. Wir sollten so früh wie möglich damit anfangen. Im nächsten Monat halten wir den ersten Landverkauf ab. Warten Sie mal. Soll es freier Grundbesitz, Erbpacht oder was sonst sein?«
»Erbpacht auf neunundneunzig Jahre. Das mit der Krone übliche Abkommen.«
»Ausgezeichnet.« Longstaff machte eine hilflose Bewegung. »Als hätten wir nicht schon genügend Sorgen, Culum! Jetzt müssen wir uns auch noch wie verdammte Händler aufführen. Wie in aller Welt zieht man eine solche Kolonie auf? Da braucht man eine Kanalisation und Straßen und Gebäude und Gott weiß was noch alles. Ein Gericht und ein Gefängnis, du meine Güte!« Er blieb vor Culum stehen. »Haben Sie eine juristische Ausbildung?«
»Nein, Exzellenz«, antwortete Culum. »Nichts weiter als das erste Examen in den Geisteswissenschaften.«
»Macht nichts. Ich brauche einen Kolonialsekretär, einen Adjutanten für die allgemeinen Fragen, einen Schatzmeister und Gott weiß was noch alles. Wir müssen auch eine Art Polizeitruppe haben. Hätten Sie nicht Lust, die Polizeitruppe zu übernehmen?«
»Nein, vielen Dank, Sir.« Culum versuchte das Entsetzen, das in ihm aufstieg, nicht zu verraten.
»Bestimmt gibt es irgendeinen Posten, für den Sie sich eignen. Alle müssen irgendwo einspringen. Ich kann mich nicht um alles kümmern. Überlegen Sie sich einmal, was Ihnen Spaß machen würde, und dann lassen Sie's mich wissen. Wir brauchen Leute, auf die wir uns verlassen können.«
»Warum nehmen Sie ihn nicht als Referenten in Ihren Stab?« schlug Struan vor. »Wir leihen ihn Ihnen auf sechs Monate.«
»Ausgezeichnet.« Longstaff lächelte Culum an. »Gut. Sie werden bei mir Stellvertretender Kolonialsekretär. Überlegen wir mal. Sie treffen die Vorbereitung für den Landverkauf. Das ist Ihre erste Aufgabe.«
»Aber ich verstehe doch nichts von Landverkauf, Sir. Ich habe überhaupt keine Ahnung …«
»Sie verstehen so viel davon wie jeder andere auch, und Ihr Vater kann Sie
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