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Tai-Pan

Tai-Pan

Titel: Tai-Pan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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Gesetz. Viele Frauen sind auch Gesetz, aber nur eine Tai-tai.« Sie legte ihr langes Haar bequemer zurecht. »Wie bald wirst du heiraten? Was ist bei euch Sitte?«
    »Ich glaube nicht, daß ich wieder heirate.«
    »Du solltest es. Eine Schottin oder Engländerin. Aber erst du mich heiraten.«
    »Möglich«, sagte Struan. »Vielleicht sollte ich wirklich.«
    »Möglich, vielleicht solltest du wirklich. Ich bin deine Tai-tai«, und dann schmiegte sie sich dichter an ihn und ließ sich in einen tiefen, friedlichen Schlaf sinken.
    Noch lange beobachtete Struan die Schatten. Dann schlief auch er ein.
    Kurz nach Tagesanbruch erwachte er, Gefahr witternd. Er nahm das Messer unter dem Kopfkissen hervor, ging leise zum Fenster und zog die Vorhänge zurück. Zu seinem Erstaunen sah er, daß der Platz menschenleer war. Jenseits des Platzes über den schwimmenden Dörfern auf dem Fluß schien eine beklemmende Stille zu schweben.
    Dann vernahm er gedämpfte Schritte auf sein Zimmer zu tappen. Er blickte zu May-may hinüber. Sie schlief noch immer friedlich. Das Messer in der Hand, lehnte sich Struan an die Wand hinter der Tür und wartete.
    Die Schritte hielten inne.
    Ein leises Klopfen.
    »Bitte?«
    Der Diener betrat unhörbar das Zimmer. Er schien verängstigt, und als er Struan nackt und mit dem Messer in der Hand vor sich sah, stieß er atemlos hervor: »Maste'! Hakennase-Maste' und Schwa'zes-Haa'-Maste' sein hie'. Sagen schnell-schnell bitte können.«
    »Sagen ich schnell-schnell tun.«
    Struan zog sich rasch an. Dabei ließ er eine Haarbürste fallen, und May-may erwachte halb aus ihrem Schlummer. »Es ist zu früh, um aufzustehen. Komm zurück ins Bett«, sagte sie schläfrig, kuschelte sich tiefer in die Kissen und war sofort wieder eingeschlafen.
    Struan öffnete die Tür. Ah Gip kauerte gelassen auf dem Gang, wo sie geschlafen hatte. Struan hatte den Versuch aufgegeben, sie dazu zu bringen, irgendwo anders zu schlafen, denn Ah Gip lächelte nur, nickte und sagte: »Ja, Maste'«, und schlief trotzdem weiter draußen vor der Tür. Sie war klein und untersetzt, und stets lag ein Lächeln auf ihrem rundlichen, pockennarbigen Gesicht. Seit drei Jahren war sie May-mays persönliche Sklavin. Struan hatte drei Silbertaels für sie gezahlt.
    Er machte ihr ein Zeichen, ins Zimmer hineinzugehen. »Missie schlafen tun. Warten dies Zimmer, kapiert?«
    »Kapiert, Maste'.«
    Er eilte hinunter.
    Cooper und Wolfgang Mauss warteten im Eßzimmer auf ihn. Mauss überprüfte gerade stürmisch seine Pistolen.
    »Es tut mir leid, sie zu stören, Tai-Pan. Irgend etwas stinkt«, sagte Cooper.
    »Was denn?«
    »Es geht das Gerücht, daß zweitausend Mandschu-Soldaten – Bannermänner – heute nacht in Kanton eingerückt sind.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Nein«, meinte Cooper, »aber wenn es stimmt, gibt es Ärger.«
    »Hau-kwa hat mich heute früh kommen lassen«, sagte Mauss ernst.
    »Hat er gesagt, ob Jin-kwa schon zurück ist?«
    »Nein, Tai-Pan. Er behauptet noch immer, sein Vater sei unterwegs. Ich selber glaube es nicht. Hau-kwa war sehr verängstigt. Er erzählte, er sei heute in aller Frühe geweckt worden. Es wurde ihm ein kaiserliches Edikt überreicht, in dem es heißt, jeder Handelsverkehr mit uns sei unverzüglich einzustellen. Ich habe es gelesen. Die Siegel stimmten. Der ganze Co-hong ist in Aufruhr.«
    Auf dem Platz war ein Klirren zu hören. Sie eilten ans Fenster. Genau unter ihnen trabte eine Abteilung berittener Mandschu-Soldaten zur Ostseite, wo die Leute absaßen. Es waren große Männer, schwer bewaffnet mit Musketen, langen Bogen, Säbeln und bewimpelten Lanzen. Einige waren bärtig. Man nannte sie Bannermänner, weil sie kaiserliche Soldaten waren und die kaiserlichen Banner trugen. Chinesen durften in ihre Regimenter nicht eintreten; sie waren die Elite der Armee des Kaisers.
    »Es gibt mindestens vierzig oder fünfzig von ihnen in Kanton«, sagte Struan.
    »Und wenn es zweitausend wären?« fragte Cooper.
    »Dann sollten wir lieber Vorkehrungen treffen, die Niederlassung zu räumen.«
    »Bannermänner sind ein schlechtes Zeichen«, sagte Mauss. Aber er wollte die Niederlassung nicht verlassen; er wollte bei seinen bekehrten Chinesen bleiben und weiterhin den Heiden predigen, eine Tätigkeit, die seine ganze Zeit in Anspruch nahm, soweit er nicht für Struan dolmetschte. »Schrecklich schlecht.«
    Struan überlegte sich die Möglichkeiten, die ihnen blieben, und klingelte dann nach einem Diener. »Groß Essen

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