Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Taken

Taken

Titel: Taken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erin Bowman
Vom Netzwerk:
dumpfer. Erleichtert lehnt Emma sich an eine Wand und Licht flammt auf.
    In dem bläulichen Licht über uns können wir den Raum erkennen. Er ist lang gestreckt und ähnelt den Gängen, die wir verlassen haben, aber sein Inhalt ist weit brisanter. Wir brauchen nicht lange, um zu erkennen, was wir vor uns haben. Es müssen Hunderte von Bildschirmen sein, aber was darauf zu sehen ist, ist unverkennbar. Unbefestigte Straßen. Eine Insel mit Sandstrand, Hütten und Viehweiden und Dorfplätze. Erschöpfte Gesichter. Müde Körper.
    »Das ist der Kontrollraum«, sagt Bree und streicht mit der Hand über einen Bildschirm, auf dem zwei kleine Jungen an einem Sandstrand spielen.
    Ich trete an einen Schirm, der vertraute Anblicke birgt: die Treppe zum Ratsgebäude in Claysoot. Kale hüpft auf den Stufen auf und ab und zieht ihre Holzente hinter sich her. Kein Laut kommt von den Schirmen, sodass sie eine Erinnerung, ein Tagtraum sein könnte, etwas, das gar nicht wirklich ist. Ich bin erst drei Monate fort, und doch kommt es mir wie Jahrzehnte vor. So viel hat sich verändert, seit ich diese Straßen mit dem lehmigen Boden mein Zuhause genannt habe. Kale hört etwas, läuft die Treppe hinunter und entfernt sich aus dem Bildfeld.
    An einem anderen Bildschirm steht etwas geradezu Unheimliches geschrieben: Gruppe C, Maude. In seinem Rahmen kann ich das Innere ihres Hauses erkennen, den einfachen Holztisch, den Wasserhahn mit der Pumpe. Aber am meisten schockiert mich, dass diese Gegenstände sich im Hintergrund befinden und durch die Tür ihres Schlafzimmers aufgenommen sind. Den größten Teil des Bilds nehmen Maudes Bett und die Stelle ein, an der ich sie in der Nacht, in der ich aus Claysoot weggelaufen bin, stehen sah. Dort hat sie mit einer Stimme gesprochen, von der ich mir inzwischen sicher bin, dass sie einem Ordensmitglied gehörte. Wenn sie in dieser Nacht mit ihm gesprochen hat, heißt das, dass sie die ganze Zeit über eingeweiht war?
    Bo tritt an meine Seite und trommelt auf den Rand des Bilds. Zuerst glaube ich, es mit seinem üblichen Tic zu tun zu haben, bis mir auffällt, was sich unter seinen Fingern befindet: fünf Erdbeeren, die exakt ausgerichtet auf dem Nachttisch neben Maudes Bett liegen. Und er trommelt nicht, er zählt.
    »In einer Reihe fünf rote Beeren«, flüstere ich.
    »Mit Liebe gesät, um davon zu zehren«, singt Bo. Aber dieses Mal bricht er nicht ab.
    »Die erste, wenn dir der Mund vergällt,
    die nächste, wenn kein Regen fällt.
    Brennt die Sonne, iss die dritte.
    Willst du noch eine? Sag nur bitte.
    Fehlt Wasser, nimm die letzte aus der Mitte.
    Und sollte ich einmal durstig sein,
    pflanz bitte fünf neue Beeren ein.
    Mit Glück und Glauben werden sie rot,
    sonst ist der Durst noch unser Tod.«
    Er beginnt wieder zu trommeln. Seine Finger tanzen über das Video von Maudes Haus.
    »Als wir in Claysoot aufwachten, kannten wir dieses Lied beide«, erklärt er. »Maude meinte, unsere Mutter müsse es uns vorgesungen haben, obwohl wir uns beide nicht an sie erinnern konnten, nicht einmal an ein Zuhause, in dem wir mit ihr gewohnt hatten.«
    »Sie weiß also, dass hier draußen noch mehr ist, oder?«, frage ich.
    »Ja, und das ist meine Schuld.« Er lässt sich auf den Boden sinken, lehnt sich an die Wand und zieht die Knie an die Brust. »Als ich mit Ryder auf der Flucht war und der Orden mich gefangen nahm, habe ich den Leuten gesagt, ich hätte einen Weg gefunden, Maude darüber zu unterrichten, dass es Leben jenseits der Mauer gibt. Eine Lüge und eine dumme noch dazu. Ich dachte, wenn der Orden glaubte, Claysoot wisse von dem Projekt, würde vielleicht alles aufhören. Aber es kam anders. Jemand vom Orden hat Kontakt zu Maude aufgenommen. Sie stellten fest, dass sie nichts wusste, aber nachdem sie sich ihr offenbart hatten, mussten sie dafür sorgen, dass sie schwieg. Frank hat ihr gesagt, er habe mich in seinem Gewahrsam, und gedroht, mich zu töten, wenn sie die Wahrheit sagte.
    Sie hat verlangt, mich zuerst zu sehen. Ich erinnere mich an die Videoschaltung. Wir haben einander nur zehn Sekunden lang gesehen, und nach der Hälfte der Zeit fing sie zu weinen an. Danach haben sie sie als Quelle benutzt und ihr alle möglichen Fragen gestellt. Ich glaube, sie tun es immer noch. Sie ist ihr Auge hinter der Mauer. Und sie macht alles mit, nur meinetwegen. Sie würde alles für mich tun, das ist ihre größte Schwäche.«
    Jetzt bin ich mir sicher, dass Maude der Grund war, aus dem ich aus dem

Weitere Kostenlose Bücher