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Taken

Taken

Titel: Taken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erin Bowman
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Tür am anderen Ende des Gangs zu, wo er mit dem Daumen auf eine Metallplatte drückt. Die Tür gleitet zurück.
    »Tut mir leid, Kleiner«, sagt er zu mir. »Dieser Kerl ist ein wenig verrückt.« Und dann schiebt er mich durch die Tür. Drinnen ist es dunkel, und es riecht nach Schimmel und Urin. Die Tür knallt hinter mir zu, aber erst, als das metallene Klirren in meinen Ohren widerhallt, wird mir klar, dass ich mich in einer Gefängniszelle befinde.

13. Kapitel
    Zuerst gerate ich in Panik. Hektisch zerre ich an der Tür, und als sie nicht nachgibt, sinke ich zu Boden und schlage die Hände vors Gesicht. Ich hätte diesen Leuten nicht trauen sollen. Vielleicht hat Marco das hier die ganze Zeit geplant. Vielleicht hatte er nie die Absicht, uns zu helfen. Bei dem Gedanken, dass Emma ebenfalls in einer Zelle sitzt, dass sie irgendwo in diesem riesigen Bauwerk gefangen gehalten wird und ich ohnmächtig bin und ihr nicht helfen kann, dreht sich mir der Magen um. Frustriert schlage ich auf die Tür hinter mir ein.
    »Nützt dir auch nichts, wenn du dich aufregst, weißt du«, lässt sich aus einer Ecke eine krächzende Stimme vernehmen. Ich hatte vergessen, dass ich einen Zellengenossen habe. Sein Gesicht kann ich nicht erkennen, aber es ist mir auch ziemlich egal.
    »Du bist neu«, meint er und trommelt im Dunkeln mit den Fingern auf den Stein; einen komischen kleinen Rhythmus, einen schiefen Takt, der immer gerade daneben liegt, als habe sich ein Finger gegen seinen Willen vorgewagt und schlage zu früh auf den Fels. »Aus welcher Gruppe kommst du?«
    »Wie bitte?« Ich habe keine Lust zum Reden, vor allem nicht mit einem Mann, der so verrückt ist, dass man ihm einen höhnischen Spitznamen gegeben hat. Das Wort »Clown« bedeutet mir nichts, aber ich habe gehört, wie Marco es mit spöttisch verzogenem Mund ausgesprochen hat.
    »Gruppe«, wiederholt der Mann. »Aus welcher Gruppe stammst du? A? B?«
    »Hören Sie«, fauche ich, weil ich nicht recht weiß, wovon er redet, »ich komme aus keiner Gruppe. Und auch nicht aus Taem.« Schlurfend kommt er, gebückt wegen der niedrigen Decke, aus seiner Ecke hervor und tritt in das Dämmerlicht, das durch das Fenster unserer Zellentür einfällt. Der Mann ist unbeholfen, mager und alt – älter als jeder Mensch, den ich je gesehen habe. Falten und Runzeln durchziehen sein Gesicht, und er hat einen weißen, fleckigen Bart. Seine Augen sehen aus, als hätte er seit Wochen nicht geschlafen, und seine Kleidung ist zerrissen und abgetragen. Dunkle Hosen hängen in Fetzen um seine Unterschenkel.
    »Ein Außenseiter, was?« Er lässt ein irres Grinsen aufblitzen. »Gefällt es dir da? Außerhalb der Stadt?« Erneut tanzen seine Finger über den Stein und tippen hektisch darauf, während er redet.
    »Es war besser als hier«, gestehe ich.
    Über diese Bemerkung bricht der Mann in ein grauenhaftes Kichern aus. Dann wirft er den Kopf in den Nacken wie ein wilder Hund und jault. »Ich kann dich gut leiden«, sagt er. »Du hast Sinn für Humor.« Ich verrate ihm nicht, dass ich gar nicht versucht habe, witzig zu sein. Er lacht, bis er nicht mehr kann, und dann beginnt er wieder mit den Fingern zu trommeln.
    Hinter uns, irgendwo auf dem Gang, nähern sich Schritte, und dann höre ich Wachleute miteinander reden. Ich versuche zu verstehen, was sie sagen, aber Bozos Trommeln wird lauter, als versuche er absichtlich, das Gespräch zu übertönen. Er wiegt sich auf den Fersen vor und zurück und murmelt vor sich hin – nein, er singt.
    »In einer Reihe fünf rote Beeren, mit Liebe gesät, um davon zu zehren. In einer Reihe fünf rote Beeren, mit Liebe gesät, um davon zu zehren.«
    Ein ums andere Mal wiederholt er die Zeilen mit heiserer Stimme. Es klingt fast wie ein Wiegenlied. Beinahe. Die Worte hallen in unserer winzigen Zelle wider, und bald kann ich nicht mehr auseinanderhalten, welche von ihm direkt kommen und welche nur von den Wänden zurückgeworfen werden.
    »Würden Sie mal den Mund halten?«, zische ich. Er erstarrt, sieht mich an und rauft sich das Haar. »Ich versuche zu verstehen, was sie sagen. Am Ende des Gangs.«
    Ihm scheint das egal zu sein. Das Trommeln geht weiter und das Singen auch, immer dieselben zwei Zeilen und nichts weiter. Seine Hände bewegen sich so schnell über die Steine, dass sie vor meinem Blick verschwimmen. Mit fällt auf, dass auf seinem dunklen, verschlissenen Oberteil ein verblasstes Dreieck prangt. Hat dieser Irre einmal zu den uniformierten

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