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Taken

Taken

Titel: Taken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erin Bowman
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Männern von Taem gehört? Zu Marco und Pete?
    »In einer Reihe fünf rote Beeren, mit Liebe gesät, um davon zu zehren. In einer Reihe fünf rote Beeren, mit Liebe gesät …«
    »Um davon zu zehren«, unterbreche ich ihn. »Ich hab’s kapiert. Schluss jetzt.«
    Er hört zu trommeln auf und richtet sich im Sitzen kerzengerade auf, sodass er sich fast den Kopf an der niedrigen Decke anschlägt. Und dann huscht er über den Boden wie eine Spinne, bis er sich direkt vor mir befindet, sein Gesicht ist mir jetzt so nahe, dass ich seinen sauren Atem riechen kann.
    »Kennst du das Lied?«, fragt er, und seine Nase berührt beinahe meine.
    Ich schiebe ihn weg. »Dank Ihnen kann ich jetzt die beiden ersten Zeilen auswendig.«
    Er sackt zusammen. »Und den Rest?«
    Ich schüttle den Kopf. Er fängt wieder zu trommeln und zu singen an, zieht sich aber nicht in seine Ecke zurück. Ich rücke von ihm ab, lege das Ohr an die Tür und lausche auf die Wachen, aber ich höre nichts als Schritte. Sie werden immer lauter, bis sie vor unserer Zellentür anhalten. Jemand macht sich an der Tür zu schaffen. Bozo umschlingt die Knie mit den Armen und wiegt sich vor und zurück. »In einer Reihe fünf rote Beeren, mit Liebe gesät, um davon zu zehren.«
    Dann klickt die Metallplatte und helles Licht scheint in die Zelle.
    Bozo singt lauter. »In einer Reihe fünf rote Beeren. In einer Reihe fünf rote Beeren.«
    »Du da, Kleiner«, ruft mich eine Stimme vom Gang aus. »Du wirst oben verlangt.«
    Der Wachmann tritt in die Zelle und packt mich am Handgelenk. Bozo beginnt vor sich hin zu schreien. »In einer Reihe fünf rote Beeren, fünf rote Beeren, fünf rote Beeren, Beerenbeerenbeeren!«
    »Hey!«, brüllt der Wächter und tritt nach dem alten Mann. Sein Stiefel trifft das verblasste Dreieck auf Bozos Brust und lässt ihn in die Ecke taumeln.
    Der Wachmann knallt die Tür zu und zieht an meinem Arm. »Wollen wir?« Kurz bleibt es still, und dann beginnt das hektische Trommeln erneut, gefolgt von Bozos unheimlichem Gesang. Wir biegen um eine Ecke, und ich kann Bozo nicht mehr hören. Aber ich weiß, dass er immer noch singt – über Beeren und Liebe, zwei Dinge, die ihn nie, niemals aus dieser feuchten Gefängniszelle befreien werden.
    Franks Arbeitszimmer ist ein rechteckiger Raum, der so prächtig ausgeschmückt ist, dass ich nicht unterscheiden kann, was davon eine Funktion hat, und was nur der Zierde dient. Der Wächter befiehlt mir, mich in einen der Stühle zu setzen, die vor einem gewaltigen Schreibtisch aus dunkelrotem Holz stehen, und zu warten. Dabei lehne ich mich zurück, um die Decke zu bewundern.
    Ich hatte ja keine Ahnung, dass Decken so komplex sein können. Quadratische Paneele, in die Muster eingeprägt sind, füllen den Raum über meinem Kopf aus. In der Mitte des Raums hängt ein wuchtiger Gegenstand herunter. Er besitzt Arme, die vollkommen regelmäßig verteilt sind, und an jedem steckt eine Kerze, nur dass die Kerzen weder flackern noch schmelzen. Stattdessen werfen sie einen gleichmäßigen hellen Schein über den Raum.
    Die Gegenstände sind sorgfältig platziert: ein Garderobenständer neben einem riesigen Fenster, eine Pflanze vor tiefvioletten Vorhängen. Sogar die Papiere, die auf dem Schreibtisch liegen, sind ordentlich verteilt und liegen gerade ausgerichtet unter einem steinernen Briefbeschwerer. An den Wänden hängen Kunstwerke, die mit Materialien, die im Licht schimmern, gerahmt sind. Auf einem Bild ist eine Familie zu sehen, Eltern und zwei Knaben, die mit dem Rücken zu einem glänzenden schwarzen Stuhl stehen. Es ist nicht wie die anderen Bilder, die eindeutig mit Malerpinsel und Leinwand erzeugt worden sind, sondern ähnelt dem von Harvey in Taem. Vielleicht eine Zeichnung, aber sie wirkt verblüffend real. Die Mutter legt einen Arm um die Schultern des jüngeren Sohns, während der andere etwas Interessantes ansieht, das sich außerhalb des Rahmens befindet. Dort, wo sie stehen, scheint es sonnig zu sein und auch windig, denn das Haar der Mutter wird über ihren lächelnden Mund geweht. Ich frage mich, ob der abgebildete Vater Frank ist. Da schwingen die Türen hinter mir auf.
    Der Mann, der eintritt, ist eindeutig nicht der Vater von dieser realistischen Zeichnung. Seine Haut ist weich und ledrig, als hätte er zu viel Zeit in der Sonne verbracht. Seine Wangen hängen ein wenig auf seine Mundwinkel herab, und seine Lippen sind aufgesprungen. Die wenigen Haare, die er noch besitzt, wachsen über

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