Takeover
CEO gemacht ?«
»Wahrscheinlich haben sie niemand anderes gefunden, der bereit war, uns alle so zu hintergehen. Ich hatte schon immer so ein Gefühl, dass Rolf ziemlich hinterlistig und verlogen sein kann. Aber wie gesagt, ich dachte immer, ich tue ihm unrecht. Wie auch immer, als CEO ist er ein Witz .«
»Und wie gut kennst du Diana ?« , hakte Judith vorsichtig nach.
»Wir waren mal kurz zusammen, aber es hat nicht funktioniert .«
Judith wollte ihn weiter ausfragen. Aber ihr wurde plötzlich bewusst, dass sie das eigentlich gar nichts anging, und außerdem wurde es Zeit für die Verabredung.
Das Hotel Empress war ›very british ‹, fand Ferry. Judith hingegen, die es als Britin ja eigentlich wissen musste, fand es eher albern und künstlich. Auf jeden Fall bekamen beide einen Platz und bestellten für drei Personen den obligatorischen Tee sowie den dazugehörenden Kuchen. Der Tee wurde gerade serviert, als eine Frau in einem blauen Businesskostüm auf sie zukam.
»Hallo, ich bin Michaela. Ich denke, wir sind miteinander verabredet .«
»Hallo«, antworteten beide gleichzeitig.
Ferry schätzte Michaela auf Mitte dreißig. Sie hatte blonde Haare, eine zierliche Figur und ein hartes, aber nicht unattraktives Gesicht. Während Ferry sie interessiert musterte, setzte sich Michaela ohne Aufforderung zu ihnen.
»Einen ungewöhnlichen Ort haben Sie sich ausgesucht, um sich mit uns zu treffen«, begann Judith das Gespräch.
»Ich mag das Empress . Außerdem lag Victoria genau zwischen uns. Ich bin heute früh mit dem Schiff aus Vancouver herüber gekommen. Ich liebe das britische Flair hier. Es ist so authentisch, finden Sie nicht ?«
»Nein, ich finde es ziemlich gestellt«, sagt Judith, »aber das mag daran liegen, dass ich Britin bin .« Gleich nachdem sie den Satz beendet hatte, wurde ihr bewusst, dass das wohl nicht sehr freundlich gewesen war.
Michaela sah sie dann auch feindselig und böse an. Ferry bemerkte es, und übernahm das Gespräch. Das Letzte, was sie jetzt brauchen konnten, war ein Kulturkampf zwischen alter und neuer Welt.
»Schön, dass Sie uns gleich erkannt haben«, sagte Ferry und versuchte, das Gespräch auf ein anderes Thema zu lenken.
»Es war nicht schwer, ein Foto von Ferry Ranco zu finden«, antwortete Michaela, jetzt wieder freundlicher. »Aber genug mit dem Smalltalk. Erzählen Sie mir, was Sie wissen und was Sie zu mir führt .«
Judith war bemüht, ihren Patzer wieder auszubügeln. Sie war jetzt besonders freundlich und gab Michaela eine kurze Zusammenfassung der letzten Tage, bis zu dem Gespräch mit Frank Ossowski in Boston.
»Frank hat uns angeboten, den Kontakt zu Ihnen herzustellen, und deshalb sind wir hier .«
Michaela sah eine ganze Weile intensiv ihre Teetasse an, bevor sie zu sprechen begann. »Zuerst müsst ihr wissen, dass ihr tatsächlich in ernster Gefahr seid. Ich bin schon seit einigen Jahren an dem Thema dran. Am Anfang habe ich es auch nicht richtig ernst genommen, aber nachdem das mit Jeff passiert ist, denke ich anders darüber. Seitdem habe ich mich aus der ganzen Sache herausgehalten, genauso wie Frank. Und, um ehrlich zu sein, ich bin mir nicht sicher, ob es eine gute Idee war, sich mit euch zu treffen .«
»Wir brauchen Ihre Unterstützung, Michaela. Wir haben keinen anderen Anhaltspunkt, um weiter zu machen. Ich verspreche Ihnen, wir werden Sie nicht in all das mit hineinziehen. Wir brauchen nur einige Informationen, dann sind wir für immer weg«, beeilte sich Ferry festzustellen.
»Michaela, wissen Sie, wer das Syndikat ist, und um was es hier eigentlich geht ?«
»Also gut, aber es ist eine lange Geschichte. Das Syndikat, wie wir es genannt haben, ist eine Form des organisierten Verbrechens. Eigentlich war es zu erwarten, dass auch das Verbrechen online gehen würde. Wo immer viel Geld zu verdienen ist, finden wir zwangsläufig auch Kriminelle. Ich weiß, keine sehr originelle Feststellung. Aber genau das ist es, was das Syndikat im Internet gesucht und gefunden hat. Die Möglichkeit, viel Geld zu machen, und das fast ohne Risiko. In den Zeiten des Internets sind es nicht mehr nur Drogen, Waffen oder Prostitution, mit denen man schnell reich werden kann. Es sind Informationen, die sich vergolden lassen. Und ich, als Journalistin, kann das gut verstehen. Auch mein Job ist es, Informationen zu beschaffen, Hintergründe aufzuklären und die Öffentlichkeit zu informieren, und auch ich verdiene damit mein Geld.
Das Syndikat bedient
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