Tal der Tausend Nebel
Vater und ich?«
Maja wusste, dass sie damit ein Risiko einging, doch einen Versuch schien es ihr wert. Niemand hatte etwas davon, wenn sie zu Schaden kam. Aber der Haifischmann sah sie misstrauisch an.
»Du sagst nicht die Wahrheit, denn dein Vater war sehr wohl auf Kauai. Er hat sich im Amt nach seinem Vater erkundigt und dort seine Personalien eingetragen. Daher das Erbe …«
»Das ist ewig her!«
»Aber es stimmt! Ihr drei macht gemeinsame Sache. Dein Vater hat es eingefädelt …«
»Nein!«
»Du lügst, um deine Haut zu retten!«
Er zischte ihr in ihr Gesicht. Sein säuerlicher Speichel sprühte feine Tropfen. Das Messer in seiner Hand zitterte.
»Tut mir leid um dich, aber Landbesitz auf Kauai ist verdammt viel wert, verstehst du? Meinen Auftraggebern ist es viel wert.«
Sein Blick wanderte in Richtung der Männer, die nur auf sein Zeichen warteten.
»Du weißt, was die mit dir machen werden.«
»Nichts, wenn Sie es nicht wollen. Sie sind der Boss. Und ich werde Ihnen helfen.«
Maja fixierte ihr Gegenüber mit ihrer gesamten inneren Kraft. Wenn es ihr gelänge, ihn jetzt zu überzeugen, hätte sie ihre Chance. Er lächelte traurig.
»Meine Anweisungen waren klar. Entweder ich bekomme Keanu allein zu fassen, oder aber ich verpasse euch beiden einen Denkzettel, den ihr nie vergessen werdet. Jetzt habe ich nur dich. Also musst du es allein ausbaden. Das ist einzig und allein deine Entscheidung.«
Schnell wandte er sich von ihr ab. Er konnte den verzweifelten Blick nicht ertragen, mit dem Maja zu seinem Herzen vorzudringen hoffte. Seine Worte waren kaum hörbar.
»Du weißt wirklich nicht, wo Keanu ist?«
»Ich habe am Meer auf ihn gewartet, aber er ist nicht gekommen. Vielleicht hat er Nizza schon verlassen … Aber wenn er noch hier ist, dann könnte ich es vielleicht herausbekommen.«
Er schüttelte den Kopf.
»Du kennst Keanu nicht besonders gut. Wir nennen ihn auch Mister Unsichtbar, weil er die seltene Gabe besitzt, vom Erdboden zu verschwinden. Du findest ihn genauso wenig wie ich, wenn er nicht gefunden werden möchte.«
Der Blick des Mannes war abwesend. Wer auch immer diese Auftraggeber waren, sie hatten explizite Anweisungen gegeben. In Majas Hals steckte ein Kloß, der ihre Stimme dünn und armselig klingen ließ.
»Bitte, ich habe doch nur so getan, als ob ich überhaupt wusste, worum es geht. Ich habe aber keine Ahnung! Sie haben die Falsche! Keanu und ich haben lediglich einen Abend am Meer miteinander geflirtet. Vor dem Seminar habe ich noch nie von ihm gehört. Er hat mir noch nicht einmal seine Adresse auf Kauai gegeben. Er wollte mich auch nicht wiedersehen. Es muss also ein Irrtum sein!«
»So, so. Nur ein Irrtum. Dann bist du also nicht Maja Kemper, Tochter von Max Kemper?«
»Doch, ich bin Maja Kemper. Aber es gibt nichts, was Keanu mit mir geplant oder besprochen hätte. Sie müssen mir das glauben. Es war … es war völlig unbedeutend. Bitte …«
Aber ihr Flehen stieß bei ihm jetzt auf taube Ohren. Er musterte ihre Aufmachung. Seine Augen wanderten in ihren Ausschnitt, in dem ihr Push-up für einen verführerischen Spalt sorgte.
»Ihr Frauen lügt doch alle …«
Er hob mit seiner Schuhspitze den Saum ihres Kleides höher, bis Majas Unterhose sichtbar wurde. Türkise Spitze trug sie unter dem Kleid, dunkles Türkis wie das Meer oder das Wasser in der Grotte auf Kauai. In Majas Kopf begann sich alles zu drehen. Elisas Vergewaltigung, Keanus Erzählungen über seine Ahnin, die Haifischfrau. Der Mann mit den stahlgrauen Augen, der die Kanaka hasste.
Ihr Frauen lügt doch alle …
War in dieser schrecklichen Nacht in der Grotte zwischen Elisa und Gerit Janson ein Kind der Gewalt entstanden, das nichts als Hass in die Welt trug? War der Mann, der in der Parkgarage vor ihr stand, ein später Nachfahre dieser Gewalttat?
Maja zog energisch den Saum ihres Kleides herunter. Einen letzten Versuch würde sie noch wagen.
»Mein Freund Stefan kommt morgen nach Nizza, um das Wochenende mit mir zu verbringen. Mit Keanu hatte ich nichts. Es war lediglich ein harmloser Flirt. Wirklich! Und jetzt lassen Sie mich zu meinem Wagen!«
Mit äußerster Anstrengung gelang es ihr aufzustehen. Sie humpelte einen Schritt in Richtung Auto, bevor er sie hart an den Haaren zurückriss.
»Verlogenes Flittchen. Versuch, deine Story deinen neuen Freunden zu erzählen. Sie freuen sich auf dich.«
Geifernd sah der Blonde zu ihnen rüber. Seine Blicke waren voller alkoholkalter Gier. Auf
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