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Tal der Tausend Nebel

Tal der Tausend Nebel

Titel: Tal der Tausend Nebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noemi Jordan
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er etwas gesagt, noch bevor Majas Reise zu Elisa losging. Er hatte von der Haifischfrau Elisa geredet. Aber Maja wäre nie im Traum auf die Idee gekommen, dass sie unter Wasser etwas erleben würde, real wie das echte Leben, intensiver als ein Hollywoodmärchen und noch dazu mit einer Frau, die sie instinktiv mochte.
    Zudem hatte ihre Unterwasserreise etwas mit ihrer eigenen genetischen Verbindung zu Polynesien zu tun, über ihren Vater, das vermutete Maja inzwischen. Alles in dieser Welt war ihr auf merkwürdige Weise vertraut gewesen, ihr Treffen mit Kelii am Wasserfall, das Leben auf der Plantage, das Gespräch am Strand mit Johannes und zuletzt auch die Nebelwelt, in der sie Elisa spontan umarmt hatte. Konnte es sein, dass Maja an zwei Orten gleichzeitig existierte? Sie hatte bei der Umarmung das Gefühl gehabt, sich selbst in den Arm zu nehmen, nur in einer anderen Zeit. Maja umarmt Maja in der Gestalt von Elisa Vogel. Das war Wahnsinn. Kein Mensch konnte Raum und Zeit überbrücken! Es gab keine Traumwanderer zwischen den Welten.
    Was sie gerade erlebt hatte, musste ein Ballet ihrer verrückt gewordenen Synapsen sein, vielleicht ähnlich wie ein Déjà-vu. Weil sie sich ein wenig in Keanu verliebt hatte und deswegen durcheinander war, spielte ihr Verstand verrückt. Das wäre zumindest halbwegs normal und etwas anderes kam für sie nicht infrage.
    »Wie geht es dir?«
    Besorgt sahen seine Augen sie an, während sie im Wasser langsam nebeneinander herschwammen.
    »Prima, wirklich … alles okay«, log sie.
    Er näherte sich ihr im Wasser und lächelte aufmunternd, so als wollte er sie ermuntern, weiter über das Erlebte zu sprechen. Aber sie konnte nicht. Zaghaft fasste sie den Haifischzahn an, der wieder an dem Lederband um seinen Hals hing, doch sofort ließ sie ihn erschrocken wieder los. Immer noch pulsierte der Zahn heiß. Vielleicht war es doch kein Ballet ihrer Synapsen gewesen.
    »Kann ein Zahn eine Art Speicher für lebendige Erinnerungen sein?«
    »Wie meinst du das?«
    Belustigt sahen seine geheimnisvollen Augen sie an.
    »Könnten Erinnerungen deiner Ahnin Elisa in diesem Zahn stecken?«
    »Du meinst, als Bilder …? Oder als Worte …?«
    »Nein, eher wie ein Film, der dreidimensional ist und in dem man selber mitspielt, weil man die weibliche Hauptfigur ist … oder zumindest fast ist. Ich meine, ich bin nicht Elisa, sondern Maja …«
    Keanu sah sie erstaunt an.
    »Wäre in dem Zahn dann nicht eher meine Vergangenheit? Ich bin es, der ihn trägt. Elisa ist meine Ahnin.«
    Maja nickte. Er hatte recht. Es konnte nicht ihre Vergangenheit sein, die sie gerade erlebt hatte. Zwar floss über die Familie ihres Vaters polynesisches Blut in ihren Adern, aber sie wusste nur sehr wenig über ihre Vorfahren in der Südsee. Und rein rechnerisch machte ihr genetischer Anteil Hawaii lediglich ein Achtel aus, obwohl sie durchaus polynesisch aussah. Vielleicht hatte sie sich deswegen vom ersten Augenblick an wie magnetisch von Keanu angezogen gefühlt. Schon öfter war es ihr in der Vergangenheit so gegangen, wenn sie Menschen kennengelernt hatte, die ebenfalls polynesisches Blut hatten. Sie machten sie auf ganz besondere Weise neugierig.
    Während Maja mit klopfendem Herzen neben Keanu im Mondlicht auf dem Rücken in den Wellen des zahmen Mittelmeers trieb, ließ sie die Highlights ihrer Begegnungen vor ihrem inneren Auge Revue passieren. Im Nachhinein erschien ihr alles an ihrer Begegnung überhöht und fast wie eine Aufforderung des Schicksals. Sie erinnerte sich wörtlich an jeden Satz, jeden Augenblick:
    »Ich bin Maja, Maja Kemper aus München.«
    Seine Antwort servierte er mit einem gnadenlos charmanten Lächeln, als er Maja ihren Sonnenhut hinhielt. »Keanu Kairipai aus Hanalei Bay, Kauai. Sorry für meine nicht ganz perfekte deutsche Sprache … aber ich will mir Mühe geben.«
    Maja lächelte dankbar und setzte ihren Sonnenhut wieder auf. Das überlaute Klopfen ihres Herzen verbarg sie hinter einem verlegenen Wortschwall über ihren Hut. Das unpraktische Ding mit der übergroßen Krempe war ihr öfter in den letzten Tagen an Nizzas Strandpromenade vom penetrant warmen Mistralwind fortgeweht worden.
    »Ich danke dem Hut. Vielleicht reden wir jetzt mehr miteinander. Das würde mich freuen.«
    Maja starrte ihn an. Machte er sich lustig über sie? Aber sein aufrichtiges Lächeln zeigte, dass seine Worte ernst gemeint waren.
    »Ihre Augen … sie erinnern mich an zu Hause.«
    Wieder sagte Maja kein Wort,

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