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Tal der Tausend Nebel

Tal der Tausend Nebel

Titel: Tal der Tausend Nebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noemi Jordan
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bersten. Diesmal wartete sie nicht auf Keanu. Sie riss sich von ihm los und schwamm panisch zurück zur Wasseroberfläche.
    Tief holte sie Luft, einmal, zweimal und schließlich ein drittes Mal. Sie wollte vertreiben, was sie gerade unter Wasser wahrgenommen hatte.
    Auch Keanu tauchte auf. Er lächelte, als Maja im Wasser seine Nähe suchte. Fast schon ängstlich klammerte sie sich an ihn.
    »Da unten ist etwas«, flüsterte sie ihm zwischen zwei Wellen zu.
    »Keine Angst. Großvater Hai kommt nicht her. In eurem Meer leben nur kleinere Brüder und Schwestern, die Angst vor den Menschen haben.«
    Aber alles am nächtlichen Meer schien Maja mit einem Mal unheimlich. Sogar die Wellen schienen jetzt mit jedem ihrer Atemzüge immer höher zu werden.
    »Es ist die Flut, nicht wahr?«
    Er schüttelte den Kopf. Dann lächelte er sie mit seinen mandelförmigen Augen zufrieden an.
    »Du hast mit deiner Lust die Geister der Haifischfrauen geweckt, die vor dir gelebt haben. Vielleicht ist es Elisa, die nach dir ruft.«
    Aber Maja weigerte sich noch ein weiteres Mal unter Wasser zu tauchen. Für heute hatte sie genug.
    Der Mond hatte einen nebligen Hof, als Maja an Keanus Seite zügig zurück in Richtung Strand schwamm. Dringend brauchte sie wieder festen Boden unter den Füßen und schwamm schnell, während er lässig und fast lautlos neben ihr herkraulte.
    Mit wenigen Worten versicherte er ihr, dass sie nichts zu befürchten hätte. Richtiger Sex mit ihr wäre ein Risiko gewesen, aber das hätten sie nicht getan. Die Geister der Haifischfrau konnten Maja deshalb nicht zürnen, auch nicht Elisa. Richtiger Sex mit Maja wäre allerdings tabu. »Don’t mix the blood!« In der Vergangenheit hätte es beide Male Unglück und Tod gegeben, als fremdes Blut in ihren Klan getragen wurde. Maja wollte darauf etwas erwidern. Sie wollte über Rassismus mit ihm sprechen. Sie wollte ihn nach Leilani und Johannes’ gemeinsamem Kind fragen, auch nach Elisa und Keliis Schicksal, aber ihre innere Stimme hielt sie davon ab.
    In ihrem Kopf hörte sie plötzlich Elisas Stimme, die ihr sagte, dass sie ihr Wissen für sich behalten sollte. Es mit Keanu zu teilen, wäre tabu.
    Stumm schwamm Maja weiter in Richtung Ufer.
    Neugierig sah er zu ihr hinüber. Auch er hatte aufgehört zu sprechen. Sie näherten sich dem Ufer, wo sie von Nachtschwärmern gesehen werden konnten. Ein letztes Mal berührte er sie zärtlich unter Wasser.
    »Du bist eine sehr schöne Wahine. Danke für diese schöne Zeit.«
    Das war alles, was er sagte. Wahine hieß Frau. So viel wusste Maja zu diesem Zeitpunkt durch ihre Zeit mit Elisa am Wasserfall. Aber Zeit? Wie konnte er es überhaupt Zeit nennen, wenn es vor allem eine Reise zwischen den Welten gewesen war?
    »Du willst Elisa wiedersehen, nicht wahr?«
    Maja nickte und fasste ein letztes Mal an seinen Haifischzahn. Kurz schloss sie die Augen und stellte sich Elisas Gesicht vor, ihre stahlgrauen Augen, den lieblichen Mund und die hohe Stirn. Aber nichts passierte, rein gar nichts. Der Zahn pulsierte noch nicht einmal mehr.
    Keanu schüttelte den Kopf.
    »Sie wird wieder zu dir kommen. Ich spüre es, aber vielleicht wird es nicht zusammen mit mir sein. Ich habe dir nur die Tür zum Nebel geöffnet. Aber du bist es, die Elisa gerufen hat. Nicht ich habe sie aus ihrem Schlaf bei den Haien aufgeweckt. Und vielleicht darfst du mit mir nicht wirklich darüber sprechen, weil sie dir Dinge anvertraut, die die Männer aus unserem Klan nicht wissen dürfen. Vieles ist tabu. Elisa, die Haifischfrau ist für uns eine Heldin, aber wir Männer wissen nicht alles …«
    Maja sagte dazu nichts, aber die innere Stimme hatte sich deutlich geäußert. Sie schwieg. Ein letztes Mal lächelte er sie verschwörerisch an.
    »Du gehörst zu uns … irgendwie.«
    Gleichzeitig zogen sie kurz darauf in den seichten Uferwellen ihre Unterwäsche wieder an. Der Zauber war zu Ende.
    Als sie über die runden Kiesel zurück zu ihren Kleidern gingen, fühlte sich Majas Körper auf den Steinen merkwürdig schwerfällig und plump an. Was für ein Unterschied zu ihrer Leichtigkeit im Wasser. Wie schön hatte sie sich gefühlt, als dieser Mann sie berührte. Immer noch fühlte sie das heiße Pulsieren zwischen ihren Beinen, und einen Moment lang war sie versucht, ihn zu verführen. Ein Teil von ihr wollte ihn berühren und so lange erregen, bis er sämtliche Tabus seines Volkes über Bord werfen würde. Sie wollte ihn ganz in sich spüren.
    Wieder an Land war

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