Tal der Traeume
Tennisklub von Darwin ist nicht gerade die königliche Loge.« »Die anderen halten ihn aber dafür. Ehrlich gesagt, spreche ich jetzt zum ersten Mal über diese Zeit, ohne vor Scham zu sterben. Ich wollte mich sogar ertränken. Ins Meer stürzen, so dass nur mein Hut auf den Wellen zurückbliebe.« Sie musste lachen. »Ich hatte aber Angst, dass mich die Haie oder Krokodile fressen könnten, bevor ich ertrank. Und es wurde noch schlimmer. Ich gab eine Dinnerparty, zu der niemand kam… ein chinesisches Bankett. Es war furchtbar«, kicherte sie. »Ich war so einsam. Nur Christy Cornford ist erschienen, und dabei hatten wir so viel zu essen, weil ich die Leute beeindrucken wollte. Also mussten wir allein essen, um Tom und Billy nicht vor den Kopf zu stoßen…«
Tom Ling war im Garten, als Lucy eintraf. Er kümmerte sich gerade um das halbe Dutzend Geweihfarne, die er an das Spalier neben der Vordertreppe gehängt hatte. Er düngte sie mit Bananenschalen, die sie angeblich bevorzugten. Er schenkte Mr. Myles’ Verlobter ein strahlendes Lächeln und ließ sie allein ins Haus gehen, da sie sich gut auskannte. Lucy hörte die beiden lachen. Sie schienen allein zu sein. Das entzog den Gerüchten und Myles’ eigenen bissigen Bemerkungen, denen zufolge sich Williams junge Frau und sein Sohn nicht verstanden, den Boden. Sie hielt inne und blieb auf der Veranda neben der Vordertür stehen. Sie konnte kein Wort verstehen, doch der Tonfall war viel sagend. William war nicht zu Hause, und die beiden machten sich einen schönen Tag. Sie betrat das Wohnzimmer. »Ist das ein Scherz nur zwischen euch beiden, oder darf ich mitlachen?«
Myles schrieb alle paar Tage an Pop, um ihm von den Weihnachtsvorbereitungen in der Stadt zu berichten und ihn wissen zu lassen, dass sein Enkel ihn nicht vergessen hatte. Vermutlich erhielt Pop immer mehrere Briefe auf einmal, aber das machte nichts. Im Januar und Februar, wenn die Flüsse über die Ufer traten, würde er wahrscheinlich gar keine Post bekommen. Bisher hatte es beständig geregnet, die Monsunwolken ballten sich zusammen, doch es gab keine spektakulären Wetterereignisse, und die Meinungen über die Regenzeit waren geteilt. Manche behaupteten, der Regen in diesem Jahr würde wenig nützen und könne den verzweifelten Durst des Outbacks nicht stillen, andere wiederum warnten vor Unwettern, die wie ein Dammbruch den Norden überfluten würden. Alle hofften auf die richtige Regenmenge. In seinen Briefen an Pop wich er verzweifelt der Frage aus, weshalb er seine Verlobung noch nicht bekannt gegeben habe. Der alte Mann wies darauf hin, dass Myles seine Entscheidung, ob er nach der Regenzeit auf Warrawee oder Millford leben wolle, mit Lucy gemeinsam treffen müsse. Natürlich hatte er Recht; immerhin ging es um ihre Zukunft, wenn sie heirateten. Wenn! Die Möglichkeit schien in immer größere Ferne zu rücken. Die Grobheit, mit der sie Harriet an diesem Tag begegnet war, wirkte unangebracht, und Myles hatte ihr verärgert erklären müssen, dass es sich um ein harmloses und ausnahmsweise freundschaftliches Gespräch gehandelt hatte. Danach musste er sich bei Harriet entschuldigen… eine lächerliche und peinliche Angelegenheit. Er zündete sich eine Zigarre an. Lucy war doch tatsächlich eifersüchtig auf Harriet, und das vollkommen grundlos. Oder gab es einen Grund?, fragte er sich. Bevor er London verlassen hatte, war er der Ansicht gewesen, Lucy sei bei weitem die hübschere von den beiden, aber das sah er inzwischen anders. Harriet stach Lucy ganz klar aus. Sie war eigentlich ganz reizend, so elegant und – ja, er musste es zugeben – anziehend. Allem Anschein nach hatte die Ehe aus dem langweiligen Vorstadtmädchen eine sehr attraktive Frau gemacht. Er fühlte sich unbehaglich bei dem Gedanken, dass sein Vater, ein älterer Mann, diesen Wandel herbeigeführt haben sollte. Lieber wollte er annehmen, dass die Einkaufstouren in Singapur das ihre bewirkt hatten; William hatte ihm oft von ihren angenehmen Aufenthalten dort geschrieben. Er mochte gar nicht daran denken, was wohl die Leute dort über seinen Vater dachten, der mit einem Mädchen verheiratet war, das seine Tochter hätte sein können. Seine Gedanken schweiften zurück zu Harriet. Sie war wirklich erotisch anziehend, hoch gewachsen und vollbusig, mit schmalen Hüften und einer wunderbaren Taille. Wie gern dachte er in diesem Zusammenhang an Belle Symington, seine Londoner Liebschaft, zurück. In der Nacht hatte er
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