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Tal der Traeume

Titel: Tal der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shaw Patricia
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einem Schluck hinunter. Tom Ling kam mit verdrießlichem Gesicht zurück, um Tasse und Untertasse zu holen, sagte aber nichts. Es gab Dinge, die besser unerwähnt blieben. Den beiden argusäugigen Chinesen entging nichts, und ihr Wissen erklärte auch das Geflüster der letzten Tage.
     
    William und Myles spielten Schach auf der Veranda. Keiner von ihnen schaute hoch, als Harriet ins Wohnzimmer ging. Sie fühlte sich ruhelos und wusste nichts mit sich anzufangen. Die Nacht war so feuchtwarm, sogar die Wände schwitzten, braune Rinnsale liefen am Putz hinunter. Sie ließ sich in einen Sessel fallen und griff nach einem Fächer. Dieses Zimmer war zu schlecht belüftet, ein Konstruktionsfehler, wie Myles behauptete. Die meisten Zimmer hatten Flügeltüren, andere normale Fenster, aber das Wohnzimmer lag mitten im Haus, so dass nur durch die beiden Türen Luft hereindrang. Innen liegende Zimmer waren in diesem Klima einfach nicht zu empfehlen. Harriet hing untätig im Sessel, seufzte, schwenkte den Fächer träge hin und her, ergriff das schön illustrierte Buch, das Myles seinem Vater aus London mitgebracht hatte. Sie betrachtete ein Bild des Tower, der in seiner düsteren Kälte irgendwie wohltuend wirkte. Sie dachte an Schnee. Im Gegensatz zu Myles hatte sie noch nie welchen gesehen. Während seines Aufenthalts in London hatte es geschneit, und er hatte von der wunderbaren weichen, weißen Stille geschwärmt, in der die Welt versank. »Und die Kälte«, murmelte Harriet sehnsüchtig. Sie hörte Rufen. Dann Gelächter. Einer hatte den anderen ausmanövriert. William spielte besser, doch Myles lernte ständig dazu, folglich hatte er das Spiel am letzten Sonntag gewonnen und seither damit geprahlt. Harriet ließ den Fächer fallen und hob ihn zitternd auf. Wie hatte es nur geschehen können? Keiner von ihnen hatte es gewollt, zu Beginn hatte sie nicht einmal geglaubt, dass sie Freunde werden könnten, und nun… O Gott! Eigentlich konnten sie nichts dafür, dachte Harriet. Sie verbrachten gezwungenermaßen so viel Zeit miteinander, dass eine gegenseitige Zuneigung nicht ausgeschlossen blieb. Sie waren erleichtert gewesen, eine gemeinsame Basis zu finden und William damit eine Freude zu machen. Es hatte mit Gelächter begonnen, mit unschuldigem Gelächter, das ihre Entspannung widerspiegelte, die sie in der Gegenwart des anderen empfanden, und bald schon suchten sie das Zusammensein, wenn William im Büro war. Harriet fragte sich mittlerweile, wie sie die stürmischen Regentage überstanden hatte, bevor Myles in ihr Leben trat. Und dann kam der Abend, an dem sie dicht an ihm vorbei durch eine schmale Tür ging. Urplötzlich hatte sie es gespürt, wie einen elektrischen Schlag. Noch nie hatte sie etwas Derartiges empfunden. Auch Myles war es nicht entgangen, und sie hatten einander einen Moment lang angeschaut, angestarrt, besser gesagt, und dann war Harriet mit flammendem Gesicht davongelaufen. Danach mieden sie einander. Waren beschämt. Spürten sogar einen neuen Anflug von Feindseligkeit bis zu dem Ball der Telegrafengesellschaft, bei dem Myles endlich mit ihr getanzt hatte. Das aber auch nur, weil sie als Einzige am Tisch übrig geblieben waren. Sie hatten gegen die Neigung angekämpft, einen Flirt vermieden. Doch nun lag sie beim Walzer in seinen Armen, und er sagte: »Du weichst mir schon wieder aus.« Sie stritt es ab, und er sagte ihr, sie sei schön, und sie antwortete: »Sag so etwas nicht«, und dann wollte er mit ihr reden, und sie fragte: »Worüber?« Am Ende hatte sie zugestimmt, weil sie einander nicht länger ausweichen konnten. Sie trafen sich im Park unter dem dicken Affenbrotbaum. Harriet kam als Erste und schlenderte zwischen einer Reihe blühender Hibiskusbüsche hindurch, schaute zum ruhelosen grauen Himmel empor und betete um eine Sintflut, die sie aus dieser Lage befreite. Worüber mussten sie sprechen? Was tat sie eigentlich hier? Hoffentlich vergaß Myles die Verabredung, immerhin hatte er reichlich getrunken. Doch er kam. Und sie freute sich. Und sie umarmten einander, bevor auch nur ein Wort gesprochen wurde. So war es geschehen, dachte sie schuldbewusst. So war die Romantik in ihr Leben getreten. Eine bittersüße Romanze, dachte sie zärtlich, denn sie liebte William, und Myles liebte seinen Vater, doch die Gefühle, die von ihr Besitz ergriffen, waren stärker als alles andere. Dann begannen die verstohlenen Berührungen, Küsse in dunklen Ecken, geprägt von Schuldgefühlen. Die Schuld

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