Tal der Traeume
Eimer kippst du im Gebüsch hinter der Zelle aus«, wies er ihn an. »Geh los.« »Gehen ist gut«, knurrte Moon, als er im Schneckentempo vorwärts schlurfte, den Eimer in Händen, während Wally ihm mit schussbereiter Waffe folgte.
Numingas Retter hatten die beiden Polizisten wegreiten sehen, doch einer war noch auf dem Posten und zweifellos gut bewaffnet, so dass sie bis zum Einbruch der Nacht warten wollten. Als alles ruhig war, schlichen sie zum Gefängnis und stellten missmutig fest, dass es mit Schloss und Riegel versperrt war. Wortlos liefen sie davon. Numinga war zwar dort, aber nicht allein, sie würden ihn besser nicht zu früh alarmieren. Sie überlegten. Sollten sie den einsamen Polizisten angreifen, seine Schlüssel holen und Numinga befreien? Nein, zu gefährlich. Dann drohte ihnen Vergeltung für das Verwunden oder Töten eines Polizisten. Sie beschlossen zu warten, bis die Polizisten mit ihren Gefangenen unterwegs waren. Dieses Gefängnis war nur eine Zwischenstation. Diesmal würde ihnen die Polizei nicht vorauseilen, sie konnten Schritt halten und Numinga beim Nachtlager befreien. Sie spielten zahlreiche Pläne durch, darunter auch die Möglichkeit, die Waffen der Polizisten zu stehlen und sie damit wehrlos zu machen. Dann könnten sie sie fesseln und die Gefangenen befreien. Beide. Das wäre ein Spaß. Die Beobachter waren längst auf ihrem Posten, als der Rauch aus dem Schornstein aufstieg. Zu spät begriffen sie, dass sie eine Gelegenheit zum Waffendiebstahl verpasst hatten. Der Polizist war schnellen Schrittes hinausgegangen, um den Pferden Heu über den Zaun zu werfen und die Tränke zu füllen. Er konnte jeden Moment zurückkommen, doch nichts geschah. Er ließ sich Zeit, sprach mit den Tieren, streichelte sie… Die beiden Männer sahen einander grinsend an. Am Abend oder spätestens am nächsten Morgen würden die Pferde erneut gefüttert, dann wollten sie bereit sein. Hoffentlich kamen die anderen Polizisten nicht vorher zurück. Sollte sich die Sache anders entwickeln, würden sie so nah wie möglich an die Zelle heranschleichen und sich auf die Lauer legen, die Essensausgabe beobachten und sich dann dem schweren Schloss zuwenden. Letzte Nacht hatte es ihnen den Eintritt verwehrt. Sie sahen auch den Revolver, die Fesseln, die hineingeworfen wurden… Und sie schauten interessiert zu, als der Polizist den gefesselten Mann mit dem Scheißeimer wegschickte. Beide erkannten die Chance, und ein Mann rannte über die Lichtung, während der andere durch die Büsche zu den Pferden glitt. Es dauerte nur eine Sekunde. Das Schloss war nicht an Ort und Stelle. Er schob den Riegel zurück, öffnete die Tür und zischte: »Numinga, schnell, raus hier!« Numinga schloss die Tür hinter sich und schob den Riegel vor, dann war er verschwunden. Nach getaner Arbeit ergriff Moon die Gelegenheit zum Pinkeln. »Mein Rücken muss gereinigt werden«, sagte er. »Er brennt höllisch.« »Das kann dein Kumpel übernehmen. Ich hole Salzwasser.« »Wir brauchen frisches Wasser.« »Ich weiß, das hole ich auch.« »Und wie steht es mit einem sauberen Hemd für mich? Die Fliegen sind furchtbar, ich habe schon Maden.« »Ich dachte, bei euch wäre das ein Heilmittel für offene Wunden.« »Bei mir nicht. Ich will ein Hemd.« »Gut, bleib hier.« Wally ließ ihn im Schatten der Gefängniswand stehen und ging zum Wassertank. Dann sah er es! Das Tor der Koppel stand offen, die Pferde galoppierten davon. Wally wusste, es konnte kein Versehen sein, man hatte das Tor absichtlich geöffnet und sie hinausgejagt. Jemand wollte die Tiere stehlen. Er rannte schreiend los und feuerte seinen Revolver ab, während die kostbaren Pferde in den Busch stoben. »Himmel noch mal!«, rief er. »Oh, nein!« Nicht ein Pferd war auf der Koppel geblieben. Er rannte zu Moon zurück und stammelte hervor, was geschehen war. »Was soll ich tun? Die Pferde sind weg.« »Alle?«, erkundigte sich Moon, der ebenso verblüfft war wie Wally. »Ja, alle. Jemand hat das Tor aufgemacht.« »Dann können Sie nicht viel tun«, sagte Moon achselzuckend. »Sie müssen warten, bis der Sergeant zurückkehrt. Na, damit machen Sie sich aber nicht gerade beliebt.« »Was zum Teufel hätte ich tun sollen?« »Keine Ahnung, Kumpel. So läuft es eben.« »Du gehst besser in deine Zelle zurück«, sagte Wally und fuchtelte mit seinem Revolver herum. »Machen Sie mir zuerst die Fesseln ab, und legen Sie die verdammte Waffe weg, bevor einer von uns draufgeht.
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