Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tal der Traeume

Titel: Tal der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shaw Patricia
Vom Netzwerk:
die ihm so kostbar geworden war, dass er darüber Freunde und Familie als Eindringlinge empfand. Schließlich lehnte Myles sich dagegen auf und warf seinem Vater vor, ein egoistischer Säufer zu sein, der im Selbstmitleid ertrank. »Du bist nicht der Einzige, der sie vermisst!«, schrie er. »Sie war meine Mutter. Das hast du wohl vergessen. Oder muss ich auch saufen, damit du verstehst, wie sehr ich darunter leide?« »Halt deinen verdammten Mund!«, donnerte William. »Lass mich in Frieden!« »Und ob ich das tue! Ich ziehe zu Pop Oatley, er kann Hilfe auf der Station gebrauchen.« »Mach doch, was du willst!« An diese Szene dachte er nicht gern zurück. Er hatte Myles wegreiten sehen und wusste, dass es schon ein gefährlicher Ritt für einen Mann war, von einem Fünfzehnjährigen ganz zu schweigen. Dennoch ließ er ihn ziehen.
    Trauer war eine seltsame Sache. Sie glich einer Krankheit, nur dass bei manchen Menschen der Drang, im Zustand der Trauer zu verharren, stärker war als der Wunsch nach Heilung, und dass sie lieber ihr Leid hinausschrien, als eine Linderung der Schmerzen anzunehmen. Im Rückblick überraschte es ihn, dass ein Mann wie er, der sich immer als starke Persönlichkeit empfunden hatte, derart zusammenbrechen konnte. Myles kehrte nicht zurück, und Williams Trinken wurde schlimmer. Seine Männer beklagten sich. Er beachtete sie nicht. Einige gingen. Das war ihm egal. Aus Angst vor seinem Zorn blieben die schwarzen Hausmädchen weg, ließen ihn in seinem selbst verschuldeten Elend sitzen. Dann hatte der alte Dubbo, sein schwarzer Helfer, der seit Jahren für ihn arbeitete, eines Tages die Stirn, ihn aus dem Schlaf der Trunkenheit zu wecken. »Zeit zum Aufstehen, Boss. Haben genug getrunken. Sollten aufhören mit Weinen, ist nicht gut. Haben lange genug geweint.«
    William setzte sich auf, balancierte schwankend auf der Sofakante, erfasste Dubbos Worte und schlug zu. Ein brutaler Hieb, der den alten Mann quer durchs Zimmer schleuderte, wo er gegen einen schweren Schrank prallte. Er blieb zusammengesunken liegen, rappelte sich irgendwann hoch und wankte hinaus. Erst als er Dubbo am nächsten Tag im Gemüsegarten bei der Arbeit sah, fiel ihm der Zwischenfall wieder ein. William hoffte, er habe es nur geträumt. Er ging zu dem alten Mann hin und drehte ihn um. Entsetzt sah er die Prellungen und blauen Flecken in dem runzligen Gesicht. »Oh, Dubbo, es tut mir so Leid. Was habe ich dir nur angetan? Komm herein, ich lege etwas darauf…« »Schon gut, Boss, die Mädchen sehen danach.« William betastete sein Gesicht. »Mal schauen. Nichts gebrochen?« Dubbo grinste unbehaglich. »Glaub nicht. Waren ja betrunken, was? Schlag kam nicht gerade, sonst wär Gesicht kaputt.« »O Gott, es tut mir ja so Leid. Hör auf mit der Arbeit, leg dich hin.« Dubbo schüttelte den Kopf. »Ich glaube, Sie haben genug gelegen für uns alle, Boss. Muss den Kohl einpflanzen, bevor Kängurus fressen.« Das war der Wendepunkt.
    William rief sich selbst zur Ordnung und übernahm wieder das Kommando. Seinen Männern waren die Entschuldigungen geradezu peinlich, doch sie freuten sich über sein neues Erscheinungsbild. Bald funktionierte die Station wieder reibungslos, und die Hausmädchen sangen bei der Arbeit. Einen Monat später ritt er nach Norden zur Warrawee-Station. »Falls du wegen Myles kommst, er ist hier«, grollte Pop. »Und er wird auch hier bleiben.« »Schon gut, aber ich kann nicht auf Millford bleiben.« Pop wirkte überrascht. »Wieso nicht?« »Es ist einfach zu schlimm dort. Die Erinnerungen. Ich setze einen Verwalter ein und ziehe in die Stadt.« »Nach Darwin?« »Ja.« »Was zum Teufel willst du da? Du bist Viehzüchter. Kannst nicht in der Stadt auf dem Hintern sitzen. Das ist nichts für dich.« »Doch. Mir ist nach einer Veränderung zu Mute, das ist alles. Ich werde vielleicht eine Firma gründen. Dieser Hafen erwacht gerade erst zum Leben. Möglicherweise eröffne ich eine Handelsagentur oder etwas Ähnliches.« »In einem Büro sitzen? Du musst verrückt sein!« William zuckte die Schultern. »Wir werden sehen. Zurück in den Busch kann ich immer noch.« Es war sein Ernst gewesen, da er im Grunde nur eine vorübergehende Veränderung suchte und sich ohnehin nicht als geborenen Geschäftsmann betrachtete, doch noch vor der Eröffnung standen die Kunden bereits Schlange. In seiner Unerfahrenheit suchte er Rat bei Freunden, Bankleuten, Minenbesitzern, gewieften chinesischen Händlern und sogar bei

Weitere Kostenlose Bücher