Tal der Träume
gefiel ihm nicht.
Plötzlich und zum ersten Mal auf seinem unüberlegten Ritt fragte sich Myles, was er und Yorkey unternehmen sollten, wenn der versprochene Austausch der Geiseln ein Trick war. Hatte Mimimiadie je die Absicht gehabt, seinen Teil der Abmachung einzuhalten? Was, wenn sein Vater überhaupt nicht hier, sondern längst tot war?
Was sollten sie tun? Das Kind dennoch übergeben? Myles hatte keine Ahnung. Im Notfall musste er sich auf Yorkeys Schutz verlassen.
Das rotbraune Plateau ragte vor ihm auf wie eine ungeheure bedrohliche Masse, die dem Himmel zustrebte, ausgespien von dem uralten Land. Die Seitenhänge waren im Laufe der Jahre zu flachen Vorhügeln abgeschliffen worden, doch es würde eine weitere Million Jahre vergehen, bis der Zahn der Zeit am Plateau selbst nagte. Die Mitte des gespaltenen Felsens bildete die Schlucht, die Campbell’s Gorge genannt wurde.
Myles wurde nervös beim Anblick des Plateaus und dem Gedanken, dass wilde Schwarze gemütlich dort oben warteten und glaubten, sie hätten das Spiel gewonnen. Wenn nun auch unten einige von ihnen auf der Lauer lagen? Er studierte die Spuren von Yorkeys Pferd. Sie verrieten keinen Tempowechsel, auch schien er zu keiner Zeit angehalten zu haben. Dennoch musste er größte Vorsicht walten lassen. Er ließ sein Pferd langsam traben und lud das Gewehr durch.
Gopiny brannte vor Aufregung. Das hier konnte er allein schaffen, und diesmal würde er es besser machen. Der andere Weiße, den er mit dem Speer angegriffen hatte, war durchgekommen. Nun kannte er die richtige Reihenfolge. Zuerst das Pferd töten, damit er den Mann treffen konnte, der in diesem Moment bestimmt nicht nach der Waffe griff, sondern dem schweren Körper des stürzenden Tieres auszuweichen suchte. Er wünschte, er hätte eine Keule mitgebracht, die im Nahkampf mehr nützte als ein Speer, doch er besaß immerhin zwei Speere. Sein Arm war stark, seine Reaktion schnell. Mit den Zehen zog er den zweiten Speer näher zu sich heran.
Ein Geräusch lenkte seine Aufmerksamkeit auf das leuchtend blaue Gefieder eines heiligen Eisvogels, der ein Nest in einem hohen Termitenhügel baute. Mit dem Schnabel stieß er in die Mittelkammer vor. Gopiny grinste. Eisvögel waren schlaue Tiere, doch manchmal kämpften sie gegen Hügel an, die einfach zu hart waren, und brachen ihre Schnäbel ab. Dieser Bursche hier schaffte es, schob den Kopf in das Loch …
Dann erklang ein anderer Laut. Hufschlag, das Klirren von Zaumzeug. Rasch griff Gopiny nach einem Speer, der Reiter war da! Er roch die Ausdünstungen des Pferdes.
Er richtete sich auf, hob den Speer und schoss hervor. Doch irgendetwas ging schief! Ein Stoß traf seine Brust und schleuderte ihn rückwärts in die Deckung der Bäume, wo er lautlos ins weiche Gras sank.
Entsetzt starrte Myles auf ihn hinunter. Er stieg nicht ab, dazu war keine Zeit. Der Bursche war nicht alt; der Mann im Ausguck hatte gelogen, er war höchstens dreißig. Seine Augen stierten leer aus dem bärtigen, schwarzen Gesicht; Blut sickerte über seine glänzende Brust, wo ihn die Kugel getroffen hatte.
»Das war knapp! Zum Glück hatte ich mein Gewehr geladen. Es war ein Hinterhalt – ich wusste doch, dass wir ihnen nicht trauen können.«
Er wagte sich nicht weiter und zügelte sein Pferd. Wie viele hockten sonst noch mit Speeren bewaffnet im Gebüsch? Myles spürte ein Kribbeln im Nacken und schaute sich verstohlen um. Sein Pferd scheute, es wollte so schnell wie möglich den unheimlichen Ort verlassen, und der Reiter gab nach. Er ritt Yorkey rasch hinterher.
Er sah die zerfurchte Erde, wo Yorkey angehalten hatte, dann folgte er weiter der Spur. Sie bog nicht nach links ab, sondern führte in Richtung Schlucht. Myles war alles egal, solange er in Yorkeys Nähe bleiben konnte.
Alle hörten den Schuss, der in der Luft nachhallte und dann einer unheilvollen Stille wich.
Instinktiv lenkte Yorkey die Pferde in die Deckung der Bäume, umklammerte Boomi und bedeutete ihm zu schweigen. Wer hatte geschossen? Und warum? Mimimiadie hatte Williams und sein eigenes Gewehr, doch worauf sollten sie schießen? Er wusste nicht, aus welcher Richtung der Schuss gekommen war, und beschloss, eine Weile zu warten. Zweifellos nahm Gopiny bereits eine Abkürzung durch das felsige Terrain, um seinem Anführer die guten Nachrichten zu überbringen. Er war so aufgeregt gewesen und würde wie ein Känguru über die Felsblöcke hüpfen.
Mimimiadie hingegen wusste genau, woher
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