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Tal ohne Sonne

Tal ohne Sonne

Titel: Tal ohne Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Federn geschmückter Krieger heraus und stellte sich vor die Tür.
    »Ein Sohn des Häuptlings«, sagte Samuel leise. »Er hat vier Söhne und eine Tochter.« Dann rief er etwas in der Uma-Sprache und bekam eine brummende Antwort. »Dai Puino kommt gleich«, übersetzte Samuel. »Er ist bei seiner Frau Sapa. Sie ist sehr krank.«
    Leonora und Schmitz sahen einander kurz an, und jedes wußte, was der andere dachte. Auch Zynaker hatte sofort den gleichen Gedanken und sprach ihn aus. »Dort die neun Verwundeten, hier die Häuptlingsfrau – eine bessere Einführung bei den Uma können wir gar nicht haben.«
    »Erst muß ich sehen, was ihre Krankheit ist. – Samuel, sag dem Krieger, die weiße Frau möchte Sapa sehen und ihr helfen.«
    Samuel übersetzte. Der junge Uma starrte Leonora stumm an und schüttelte dann den Kopf.
    Schmitz mischte sich ein und stellte sich neben Leonora. »Sag ihm, ich habe in dieser Nacht die neun Verwundeten gerettet. Wir können vielleicht auch seine Mutter retten.«
    Samuel gab es weiter. Es entspann sich ein erregter Dialog, der lauter und lauter wurde, bis Samuel die Hand hob. »Er sagt, sie wissen von den neun Kriegern. Es sind Hano Sepikulas Männer. Der Häuptling ist böse, weil ihr sie nicht sterben laßt.«
    »Da haben wir's!« sagte Zynaker. »Ich habe es doch geahnt.«
    »Und außerdem, bei einer Frau ist das anders.«
    »Sie ist auch ein Mensch!«
    Der junge Krieger trat zur Seite. Dai Puino kam heraus, nicht so geschmückt wie gestern, aber doch mit gelben, roten und weißen Strichen bemalt. Sein Blick, mit dem er die Weißen musterte, war böse und gefährlich. Zynaker gab sich keinem Zweifel hin, die Situation hatte sich verdammt verschärft. Wer Hano Sepikula half, war ein Feind Dai Puinos. So selbstverständlich, so einfach war das.
    Samuel zog den Kopf zwischen die Schultern. Mit unsicherer Stimme dolmetschte er das schnelle Gespräch.
    »Hat Sapa Schmerzen?« fragte Leonora.
    »Ja«, sagte Dai Puino kurz und hart.
    »Wo?«
    »Überall.«
    »Hat sie Fieber?«
    »Was ist Fieber?«
    »Ist ihr Kopf heiß?«
    »Ja.«
    »Ihr Körper auch?«
    »Ja.«
    »Kann sie noch sprechen?«
    »Ja.«
    »Leise oder laut?«
    »Leise.«
    »Kann sie aufstehen?«
    »Nein.«
    »Kann sie sich bewegen?«
    »Kaum. Nur wenig.«
    »Wie lange ist sie krank?«
    »Seit zehn Tagen.«
    Schmitz schielte zu Leonora hinüber. »Mit dieser Anamnese kommen wir nicht weiter, Chefin.«
    »Wir wissen aber jetzt, daß es keine chronische Erkrankung ist. Seit zehn Tagen hat sie Schmerzen, mit Fieber, Apathie und Bewegungseinengung.«
    »Das kann alles sein! Völlig ungeeignet für eine Ferndiagnose. Aber es scheint ernst zu sein.«
    »Ich möchte Sapa sehen«, sagte Leonora zu Dai Puino.
    »Duka Hamana hat sie schon gesehen«, war die Antwort.
    »Ich kann mehr als Duka Hamana!«
    Dai Puino musterte Leonora wieder mit finsterem Blick, schien angestrengt nachzudenken und sprach ein paar Worte mit seinem Sohn. Von den Hütten und dem Dorfplatz beobachteten sie Hunderte von Augen. Samuels Gesicht hellte sich auf, als Dai einen Satz zu ihm sprach.
    »Ihr dürft hereinkommen, aber nur, wenn ihr mehr könnt als Duka Hamana.«
    »Das ist jetzt eine Verpflichtung, Chefin.« Schmitz atmete tief auf. »Verdammt, Sie haben Mut!«
    »Und was hatten Sie in der vergangenen Nacht?«
    Dai Puino war wieder in seinem Haus verschwunden, der Sohn stand neben der Tür wie ein Denkmal und stellte sich sofort wie eine unüberwindbare Sperre vor den Eingang, nachdem Leonora, Schmitz und Samuel in die Hütte geschlüpft waren. Zynaker blieb draußen. Er betrachtete nachdenklich den Türschmuck, der an Binsen- und Lianenfäden am Dachgiebel angebracht worden war. Zwölf Schrumpfköpfe und eine Aufreihung von menschlichen Beckenknochen.
    Das Innere der Häuptlingshütte glich dem Männerhaus, nur war es wohnlicher eingerichtet. Bunte Matten bedeckten den Lattenboden, an den Wänden hingen aus Binsen geflochtene Matten mit bemalten Applikationen aus Fellen, Federn, Flechtstoffen und kleinen Knochen. Eine große Feuerstelle bildete den Mittelpunkt des Hauses, und rundherum an den Wänden lagen die Schlafplätze der Familie, auch hier gebleichte, blank polierte Totenschädel als Kopfstützen und zum großen Erstaunen Leonoras – ein Gebilde, das wie ein Tisch aussah, aus Knüppelholz, mit Fasern zusammengebunden. Auf ihm standen Bambusbecher, Krüge aus ausgehöhlten Kürbissen und schalenförmige Töpfe, aus Holz geschnitzt. Die Waffen –

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