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Tal ohne Sonne

Tal ohne Sonne

Titel: Tal ohne Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Mützen ab. An der Decke drehten sich mit leisem Rauschen zwei Flügelventilatoren. Die Luft war schon heiß trotz des die Sonne verhängenden Nebels.
    Ein Papua brachte das Tablett mit Tee, Tassen, Zucker und Gebäck, das in der Küche noch während der Nacht gebacken worden war. Der würzige Geruch des noch warmen Kuchens durchzog den Raum.
    Sir Anthony griff zu, nahm sich ein Stück und begann zu essen. »Mein erster Bissen seit gestern«, sagte er dabei. »Ich habe bei der Nachricht nichts mehr runtergekriegt. Sie haben mir Whisky versprochen, Lieutenant.«
    »Kommt sofort, Sir.«
    »Erzählen Sie mal genau, wie das gestern war.« Sir Anthony kaute mit vollen Backen. »Plötzlich brach der Funkverkehr ab.«
    »So war es.«
    »Ohne einen Alarmruf.«
    »Nichts deutete auf eine Katastrophe hin, Sir. Zynaker machte sogar noch einen Witz. ›Unter mir sieht's aus wie Grützsuppe‹, sagte er. ›Wir werden gleich in diesen Brei eintauchen.‹«
    »Aber da beginnt ja schon der Wahnsinn!« rief General Lambs. »Nur ein Irrer geht bei einer solchen Sicht in die Tiefe!«
    »Zynaker ist ein hervorragender Pilot, der beste im ganzen Land.«
    »Dann war er diesmal besoffen!«
    »Im Dienst trank Zynaker nie. Dazu liebte er viel zu sehr sein Leben, sein Flugzeug und seine Fluglizenz.«
    »Aber warum tauchte er dann in die Nebelsuppe hinein?«
    »Das weiß eben keiner.« Wepper hob hilflos die Schultern. »Vielleicht waren sie genau überm Ziel. Das wäre eine Erklärung. Vielleicht dachte er, wenn er durch die Hochnebelschicht durch ist, wird es unten klarer. Es gibt da noch viele Fragen, aber keine Antworten. Sie haben es doch vorhin beim Anflug gesehen, Sir: Über den Bergen und in den Schluchten und Tälern liegt ein weißgraues Tuch. Da kommt erst sehr spät die Sonne durch, wohl aber die Hitze. Deshalb ist es ja eine üppige, grandiose, unbezwingbare grüne Hölle!«
    »Klarer gesagt: Wenn wir gleich losfliegen, sehen wir auch nichts.«
    »Das befürchte ich, Sir.«
    »Und wann reißen diese ›Täler ohne Sonne‹ auf?« fragte Captain Donnoly.
    »Gegen sechzehn Uhr, Captain. Wenn wir Glück haben.«
    »Dann sollen wir hier bis zum Nachmittag herumsitzen und Tee trinken?« rief Sir Anthony empört.
    »Wir haben keinen Feuchtstaubsauger, um die Nebel aufzusaugen.«
    »Lassen Sie die saudummen Witze, Wepper!« Der General blickte sich wütend nach allen Seiten um. »Was können wir tun, Captain? Was schlagen Sie vor?«
    »Über dem Nebel hin und her zu fliegen hat auch keinen Sinn.«
    »Aber jede Stunde kann wichtig sein!« rief Sir Anthony. »Lebenswichtig! Wie und wo haben sie die vergangene Nacht verbracht? Hat Zynaker irgendwo landen können, oder ist er abgestürzt? Haben sie den Absturz überlebt? Das sind doch Fragen, die uns nicht stillsitzen lassen können!«
    »Wenn ich Sie richtig verstehe, Sir«, sagte Captain Donnoly steif, »verlangen Sie von mir, daß ich mit meiner Staffel auch in den Nebel tauchen soll.«
    »Auf jeden Fall sollten wir erst einmal losfliegen.«
    »Ohne Sicht nach unten. Was hat das für einen Sinn?«
    »Vielleicht gibt es Löcher im Nebel?«
    »Und genau in einem solchen Loch entdecken wir die Flugzeugtrümmer.«
    »Ich klammere mich an jede Hoffnung, Captain.«
    »Ich auch, Sir. Wenn tatsächlich gegen sechzehn Uhr die Nebel aufreißen –«
    »Es kann aber auch nicht sein«, warf Wepper ein.
    »– dann bleiben uns noch ein paar Stunden zur Suche. Ich sage Ihnen aber im voraus eins, Sir: Ein abgestürztes Flugzeug im Urwald zu finden ist wie ein Lotteriespiel, also eine Frage des Glücks. Die riesigen Baumkronen schlagen über den Trümmern zusammen, saugen sie auf, verschlingen sie. Und wenn es einen lichteren Fleck gibt, kann er hundert andere Ursachen haben. Sir, Sie kennen doch dieses Land besser als wir.«
    »Und wie ich es kenne! Ich möchte es von der Landkarte wegradieren.«
    »Dann müssen Sie zugeben, Sir, daß wir im Augenblick nur warten können.«
    Sir Anthony bekam endlich seinen Whisky, schlürfte ihn mit Genuß und starrte dann in das halb ausgetrunkene Glas. Jetzt, nachdem er seinem Ärger Luft gemacht hatte, wirkte er wie ein vergrämter alter Mann, dem das Leben nur noch wenig Gutes bescheren konnte. Er nahm sogar von Lieutenant Wepper einen Zigarillo an, obwohl er sonst nur Zigarren rauchte, blies den Qualm zu den Flügeln des Ventilators hinauf und beobachtete, wie der Rauch zerteilt und weggeweht wurde, »Erzählen Sie mir, Lieutenant, was Miss Patrik hier getan hat,

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