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Talitha Running Horse

Talitha Running Horse

Titel: Talitha Running Horse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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rührte sich schließlich nicht mehr von der Stelle. Ich lehnte mich nach vorn, tätschelte ihren Hals und versuchte sie zu beruhigen. Aber Stormy wieherte vor Aufregung und Angst.
    Schließlich half mir Neil. Er nahm Stormys Zügel und ließ sie neben Taté gehen. Unsicher machte sie Schritt für Schritt – aber sie lief. Wir mussten lachen. Ich beugte mich zu ihren Ohren vor und flüsterte: »Sei nicht böse Stormy, wir lachen dich nicht aus. Du machst das ganz wunderbar, und ich bin so stolz auf dich.«
    Am Nachmittag trafen wir wieder auf die Helfer, die heißen Tee und Sandwichs für uns bereithielten. Neils Vater begutachtete unsere Pferde. Sie bekamen Heu und Wasser, und er überprüfte ihre Hufe. Taté und Stormy waren in gutem Zustand und würden auch den Rest der heutigen Strecke problemlos bewältigen.
    Neil nahm mich auf einmal am Arm und zog mich ein Stück zur Seite. Mit dem Kopf nickte er in Lone Bullheads Richtung. »Kein Wunder, dass er von Versöhnung redet. Es war nämlich einer seiner Vorfahren, der Sitting Bull eine Kugel in den Kopf schoss«, sagte er angriffslustig.
    Â»Woher weißt du das?«, fragte ich und sah ihn verwundert an.
    Â»Letztes Jahr hat es mir einer aus dem Standing-Rock-Reservat erzählt. Einer der Indianerpolizisten hieß Bullhead.«
    Â»Na ja, dann war er vielleicht Lone Bullheads Urgroßvater. Aber dafür kann der Mann doch nichts. Sollen wir weiter Groll gegen ihn hegen, nur weil sein Urgroßvater einen unserer Häuptlinge getötet hat?«
    Â»Nicht irgendeinen«, brummte Neil gereizt. »Es war Sitting Bull, Tally. Sie sollten ihn bloß gefangen nehmen und nicht erschießen. Vielleicht wäre einiges anders gelaufen, wenn sie ihn nicht umgebracht hätten.«
    Â»Vielleicht«, sagte ich. »Wahrscheinlich aber nicht. Wenn du Lone Bullhead die Tat seines Urgroßvaters vorwirfst, dann bist du nicht besser als die, die dich und deine Familie als Treaty Signers und Blanket Indians beschimpfen. Eben jemand mit einer Menge Vorurteile.«
    Neil warf mir einen verärgerten Blick zu und ich hatte das Gefühl, als wollte er etwas erwidern. Aber dann zuckte er nur die Achseln und trollte sich.
    Später am Nachmittag, als der Weg uns eine Schotterstraße entlang führte, waren einige der kleineren Ponys so erschöpft, dass sie den Rest der Strecke im Pferdetrailer zurücklegen mussten. Auch Stormy war müde, obwohl ich sie die meiste Zeit in einem schaukelnden, Kraft sparenden Trab hatte laufen lassen.
    Wir hatten mehr als zwanzig Meilen hinter uns gebracht, als wir in der Abenddämmerung durch die Straßen von Timber Lake im Cheyenne-River-Reservat ritten, wo wir bereits erwartet wurden. Am Rande des Ortes gab es neben dem Gemeindehaus eine große Koppel, auf der wir die Pferde über Nacht unterbringen konnten. Wir gaben ihnen Wasser und fütterten sie mit frischem Heu, das ein indianischer Rancher gespendet hatte.
    Das hatte John Knife uns schon am Vorabend eingebläut :Zuerst kamen immer die Pferde, die uns während der langen Strecke durch drei Reservate tragen würden. Wenn sie gut aufgehoben und versorgt waren, dann durften wir uns um unsere eigenen Bedürfnisse kümmern.
    Ich befreite Stormy von ihrem Zaumzeug und rieb ihr Fell so gut es ging trocken. Neil war schon ins Gemeindehaus gegangen, wo die Helfer aus dem Ort uns mit einem köstlichen Abendessen empfingen. Nachdem wir unsere Mägen mit Fleisch, Nudeln und Gemüse gefüllt hatten, schienen bei vielen Reitern die Lebensgeister wieder zu erwachen. Ich selbst war so müde wie die meisten der kleineren Kinder, die den ganzen Tag tapfer auf dem Pferderücken durchgehalten hatten.
    Neil schien mir immer noch böse zu sein, weil ich ihn als jemanden mit Vorurteilen bezeichnet hatte. Ich sah, dass er die meiste Zeit missmutig vor sich hin starrte. Vielleicht dachte er darüber nach, was er gesagt hatte.
    Obwohl ich außer Tom und Neil niemanden weiter kannte, fühlte ich mich nicht allein. Wir waren eine große Familie, zu der auch die Pferde gehörten. Eine Familie, die ein gemeinsames Ziel hatte.
    Nachdem ich mich gewaschen und umgezogen hatte, suchte ich mir ein ruhiges Plätzchen und rollte mich in meinen Schlafsack. Probleme mit dem Einschlafen hatte ich diesmal nicht. Ein paar Leute saßen noch zusammen und erzählten leise. Das Gemurmel ihrer Stimmen wiegte mich in

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