Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Talitha Running Horse

Talitha Running Horse

Titel: Talitha Running Horse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
Vom Netzwerk:
tut.«
    Â»Jetzt hast du dich ja entschuldigt.« Ich kämpfte mit mir. Wie gerne hätte ich ihn in den Arm genommen. Umarmungen heilen. Warum konnte ich es nicht?
    Â»Aber das ist nicht alles, Tally.« So verlegen hatte ich Neil Thunderhawk noch nie gesehen. Er schluckte und sagte: »Ich habe mich in dich verliebt, Braveheart.« Er versuchte ein Lächeln, aber seine Stimme bebte.
    Mir blieb die Luft weg. Mein gesundes Knie gab nach und ich musste mich an der Wand abstützen, weil ich sonst umgefallen wäre. Was hatte Neil da eben gesagt? Ich konnte es nicht glauben.
    Â»Und was ist mit Suzy Eagle Bear?«, fragte ich mit trockener Kehle.
    Â»Suzy?«, er lachte kopfschüttelnd, »Suzy bedeutet mir nichts, sie …«
    Â»Du hast sie geküsst«, stieß ich hervor, bevor er etwas sagen konnte, das lächerlich klang und alles kaputtmachte. Ich ahnte, dass er sie nicht nur geküsst hatte, und war plötzlich furchtbar eifersüchtig.
    Â»Das war im Sommer«, bemerkte Neil brummig. »Ist dir vielleicht aufgefallen, dass sie schon lange nicht mehr kommt?«
    Â»Schon, aber …«
    Â»Tally«, sagte er und machte einen Schritt auf mich zu. Ich hatte die Wand im Rücken und konnte ihm nicht ausweichen. »Ich wollte dich eifersüchtig machen. Mehr nicht.«
    Â»Du wolltest mich eifersüchtig machen?«, fragte ich entgeistert.
    Â»Warum?«
    Ich merkte, wie er mit sich rang. »Wegen Leo.«
    Â»Leo? Leo ist mein Freund. Ein guter Freund. Er hat mich ab und zu besucht, und er kümmert sich ein bisschen um mich.«
    Â»Ja, das sehe ich, Tally. Ich sehe, wie er sich um dich kümmert, und es drückt mir das Herz ab. Leo Little Moon liebt dich, Talitha Running Horse. Wie kannst du nur so blind sein?«
    Alles um mich herum begann sich im Kreis zu drehen, und das Atmen fiel mir schwer.
    Â»Liebst du ihn auch?«, fragte Neil, der sich jetzt mit einer Hand neben meinem Kopf abstützte.
    War das Liebe, was ich für Leo empfand? Spielte mein Herz in seiner Nähe genauso verrückt, wie es das tat, wenn ich mit Neil zusammen war? Geisterte Leo durch meine Träume? Wünschte ich mir, von ihm geküsst und berührt zu werden? Wünschte ich mir, ihn zu küssen und zu berühren? Wollte ich Kinder mit ihm haben, ein Leben teilen?
    Ich schüttelte den Kopf.
    Neil atmete erleichtert auf und beugte sich ein Stück zu mir herab. Dann spürte ich seine warmen Lippen auf meinem Mund. Es war ein Gefühl wie in meinen Träumen, ein warmes Glühen, das durch meinen Körper zog. Ich schloss die Augen, um mich diesem Gefühl ganz hinzugeben, und als ich sie nach einer Weile wieder aufschlug, beugte sich Leo Little Moon über mich und sagte: »Wir müssen los, Tally, die Ersten sind schon auf ihren Pferden.«
    Auf dem Weg nach Interior schmerzte nicht nur mein Bein. Ich war verwirrt, um nicht zu sagen: vollkommen durcheinander. Neil war zu mir gekommen, um mir zu sagen, dass er mich liebte. Er liebte mich. Neil Thunderhawk liebte Talitha Running Horse, das Halbblut.
    Trotz körperlicher Schmerzen schwebte ich auf einer Wolke aus Glück. Als es mir bewusst wurde, schämte ich mich. Mein Vater saß in Kalifornien im Gefängnis. Mein Cousin Marlin lag bewusstlos in einem Krankenhaus, und ich fühlte ein großes, allumfassendes Glück. Durfte ich das? Würde ich damit wieder irgendjemanden erzürnen und neues Unglück auf mich ziehen?
    Natürlich war meine Freude nicht ungetrübt. Der Gedanke an meinen Vater war ein dauerhafter Schmerz, den ich nicht abstellen konnte. Auch dann nicht, wenn ich lachte oder endlich meinen Gefühlen für Neil freien Lauf ließ. Und schließlich war da noch Leo, dem ich irgendwann die Wahrheit sagen musste. Leo, der immer für mich da war, der mein Freund war. Leo, den ich nicht liebte.
    Im Dunkeln erreichten wir Interior, wo wir im Schulgebäude untergebracht waren. Da gab es genügend Platz für alle, sodass keine Tipis und auch das Armeezelt nicht aufgebaut werden mussten.
    Als ich vom Pferd stieg und mein linkes Bein auf den gefrorenen Boden setzte, stach es so heftig in meinem Knie, dass ich leise aufschrie. Diesmal war es Neil, der sofort bei mir war und mich stützte.
    Â»Ist alles in Ordnung?«, fragte er.
    Â»Ja«, sagte ich. »Es ist nur das Knie.«
    Â»Du musst nicht immer so verdammt tapfer sein, Braveheart«, sagte Neil

Weitere Kostenlose Bücher