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Talitha Running Horse

Talitha Running Horse

Titel: Talitha Running Horse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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traten. Es war ein merkwürdiger Anblick: Neil Thunderhawks ernstes Gesicht, von den Lichtern eines Weihnachtsbaumes beleuchtet. Leo erzählte mir, dass ein Weißer aus dem Ort, der viel Geld für Futter gegeben hatte, auch den Weihnachtsbaum gespendet hatte. Und weil niemand ihn kränken wollte, hatte man den Baum aufgestellt, obwohl auf diesem Ritt sicher niemand Wert darauf gelegt hätte.
    Ich war immer noch sauer auf Neil und sah schnell weg, als er mir sein Gesicht zuwandte.
    Leo organisierte mir einen Stuhl und einen weiteren, auf den ich mein linkes Bein legen konnte. Dr. Blue Birds Salbe wärmte das Knie. Ich spürte, wie der Schmerz langsam nachließ und in ein erträgliches Pochen überging.
    Â»Lauf nicht weg«, sagte Leo grinsend. »Ich werde uns mal was zu essen besorgen.«
    Ich lauschte Bob White Bulls Bericht über den Abstieg am Big-Foot-Pass vor 114 Jahren und wollte gerade auf meinem Stuhl einschlafen, als Leo mit einer Schüssel voll Fleisch, Gemüse und Kartoffeln kam. Inzwischen hatte ich meinen Hunger übergangen, aber da ich Leo nicht enttäuschen wollte, aß ich fast alles, was er mich gebracht hatte.
    Die meisten saßen noch lange um den Weihnachtsbaum zusammen, machten Späße und erzählten Geschichten. Aber ich ließ mich von Leo zu den Waschräumen bringen und suchte mir dann einen Schlafplatz in einer ruhigen Ecke. Kaum hatte ich mich in die Wärme meines Schlafsackes verkrochen, war ich auch schon eingeschlafen.

29. Kapitel
    Der pochende Schmerz in meinem Knie weckte mich am frühen Morgen. Alles war noch still, nur die Schlafgeräusche der anderen waren zu hören. Leo Little Moon lag neben mir und schlief noch. Er lag mir zugewandt, und ich betrachtete sein Gesicht. Ich mochte Leo. Ich mochte ihn, wenn er lustig war und Geschichten erzählte. Es tat mir gut, wie er sich um mich kümmerte. Aber ich wünschte, es wäre Neil, der hier neben mir liegen und schlafen würde. Dann hätte ich jetzt meinen Arm ausstrecken und ihn berühren können.
    Ich drehte mich zur anderen Seite und versuchte noch ein bisschen zu schlafen.
    Irgendwann, diesmal später als sonst, krochen die Leute aus ihren Schlafsäcken und begannen, sich zu unterhalten. Der Duft von frischem Kaffee zog vom Gang her durch den Raum. Als ich mich umwandte, kam Leo gerade vom Waschen zurück. Er sah beneidenswert frisch und munter aus.
    Â»Guten Morgen, Tally«, sagte er. »Was macht das Knie?«
    Â»Es sticht und pocht«, sagte ich. »Aber es ist auszuhalten.«
    Leo half mir zu den Waschräumen, wartete geduldig, bis ich wieder erschien, und brachte mich nach draußen, wo es Frühstück gab. Heute würde uns der Weg bis nach Interior führen, einer Ortschaft am Rande des Pine-Ridge-Reservates. Dort sollten wir in einer Schule unterkommen und würden auch am nächsten Tag dort bleiben, um Reitern und Pferden eine Pause zu gönnen.
    Leo war schon zur Koppel gegangen, um seinen braunen Wallach zu satteln und Stormy zu holen, da stand auf einmal Neil neben mir.
    Er sagte: »Ich muss mit dir reden, Tally. Bitte.«
    Ich war immer noch gekränkt und verletzt und nahe dran, ihm aus Trotz die Bitte abzuschlagen. Aber er sah mich so flehend an, dass ich es nicht übers Herz brachte.
    Â»Na gut«, sagte ich. »Was willst du?«
    Neil blickte sich um. Er sah unglücklich aus, keine Spur mehr von seiner Selbstsicherheit. Als ob ihn etwas quälte. Ihm blieb nicht viel Zeit, die anderen rüsteten bereits zum Aufbruch. Leo würde gleich wiederkommen, um mich zu Stormy zu bringen und mir aufzuhelfen.
    Â»Tally«, stieß Neil hervor, »ich weiß nicht mehr weiter. Es geht mir schlecht.«
    Ãœberrascht sah ich ihn an. »Was ist denn los, Neil?«
    Er senkte den Kopf, aber dann gab er sich einen Ruck und sah mir in die Augen. »Es tut mir Leid, dass ich dich gestern auf dem Pass so angeschrien habe. Das war nicht fair. Du bist eine gute Reiterin, eine sehr gute sogar. Ich war nur so furchtbar erschrocken, als ich dich eingeklemmt unter Stormy liegen sah. Ihr hättet euch beide die Knochen brechen können. Für Stormy hätte das bedeutet, dass …«
    Â»Schon gut, Neil«, unterbrach ich ihn. »Ich weiß, was es für Stormy bedeutet hätte. Und glaub mir, niemand hatte mehr Angst um sie als ich.«
    Â»Okay.« Er nickte. »Ich wollte dir nur sagen, dass es mir Leid

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