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Talitha Running Horse

Talitha Running Horse

Titel: Talitha Running Horse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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um ihn herum wie Miss Lilly, wenn sie um Milch bettelt.
    Â»Bitte Dad, lass uns noch zu den Pferden fahren. Ich habe solche Sehnsucht nach Stormy.« Ich hatte auch Sehnsucht nach Neil, aber das konnte ich meinem Vater nicht erzählen.
    Â»Ich kann nicht mehr, Tally«, sagte er. »Ich bin total erledigt, und außerdem wird das Gewitter bald zu uns herüberziehen.«
    Von einem Gewitter hatte ich hier in Porcupine noch nichts bemerkt. Es war drückend heiß, wie in den vergangenen Tagen auch. Alles war dürr und vertrocknet. Die Erde glühte, das Gras war gelb und saftlos. Auf allem lag feiner gelber Staub aus den Badlands. Am Horizont zeigten sich zwar ein paar Wolken, aber die waren gestern auch schon da gewesen.
    Â»Bitte, Dad.«
    Â»Morgen, Talitha. Morgen muss ich wieder zu Mike Red Bear und kann dich am Vormittag bei den Pferden absetzen.«
    Â»Ach bitte, Dad. Ich habe heute Nacht von Stormy geträumt. Sie war ganz allein und rief nach mir.« Dass in meinem Traum auch Blitze vorgekommen waren, verschwieg ich ihm. »Ich mache mir große Sorgen. Bitte, bitte bring mich hin! Du musst ja nicht zu Tante Charlene. Tom und Della freuen sich immer dich zu sehen.«
    Â»Hast du mal bei Tom angerufen?«, fragte er, und da wusste ich, dass ich ihn so weit hatte. Mein Vater nahm Träume sehr ernst.
    Â»Ja, ich habe es versucht. Es hört keiner.«
    Vielleicht ist es gar nicht gut, wenn ein Vater seine Tochter so sehr liebt, dass er ihr nichts abschlagen kann. Jedenfalls wünschte ich mir später, er wäre hart geblieben und hätte meinem Drängen nicht nachgegeben. Doch er tat es. Dad zog ein frisches T-Shirt an, und wir fuhren los.
    Es zeigte sich schnell, dass Dad Recht gehabt hatte. Die Wolken am Horizont wurden dichter und dunkler. Sie türmten sich auf wie schwarze Ungeheuer, und Blitze zuckten am Himmel, so stark wie Männerarme. Ohrenbetäubender Donner krachte, und ich hatte so ein schlechtes Gewissen, dass ich meinen Vater nicht anzusehen wagte.
    Stumm saß ich neben ihm auf dem Beifahrersitz des Pick-up-Trucks. Dad fing an zu fluchen, als die ersten Tropfen auf die staubigen Scheiben fielen. Zum Umkehren war es zu spät, wir waren schon auf der Straße zwischen Wounded Knee und Manderson. Ich hielt Ausschau nach dem weißen Schild mit der schwarzen Schrift, das die Einfahrt zu Toms Appaloosazucht ankündigte.
    Die Frontscheibe war jetzt so schmierig, dass mein Vater kaum noch etwas sah, aber dann wurde der Regen dichter und wusch die Scheiben sauber. Ich hoffte, das Gewitter würde schnell vorüberziehen. Vielleicht konnten wir bei Della Thunderhawk in der gemütlichen Küche sitzen, Dad einen Kaffee bekommen und ich einen Eistee. Darüber würde mein Vater seine schlechte Laune vergessen, und ich konnte zu Stormy, sobald der Regen aufgehört hatte. Solche Gewitter waren meist sehr heftig, aber sie verzogen sich auch rasch wieder.
    Das weiße Schild kam, und Dad bog ab auf den schlammigen Weg voller großer Wasserlöcher. Die Räder des Pick-ups ratterten über das Metallgitter. Es goss jetzt wie aus Kannen, und der Scheibenwischer schaffte es nicht mehr, die Frontscheibe auch nur für Sekunden freizuhalten. Wir konnten überhaupt nichts mehr sehen. Plötzlich hörte ich ein helles Wiehern und gleich darauf einen dumpfen Schlag. Mein Vater trat so hart auf die Bremse, dass die Hinterräder des Pick-ups ausscherten und wir quer standen.
    Wenn ich an diesen Moment zurückdenke, dann spüre ich heute noch die furchtbare Angst und den ungeheuren Schrecken, der mir in den Gliedern saß. Dad war sofort draußen, und ich folgte ihm in den strömenden Regen.
    Im Schlamm lag Stormy, mein geliebtes Fohlen. Es hob verängstigt den Kopf und schlug mit den Beinen. Überall war Blut, so viel Blut. Ich begann zu schreien. So laut, dass ich Donner und Gewittersturm übertönte. Bis mein Vater mich an den Schultern packte und kräftig schüttelte.
    Â»Hör auf zu schreien, Talitha«, sagte er. »Das Fohlen hat Schmerzen und furchtbare Angst. Mit deinem Geschrei verängstigst du es noch mehr. Versuch Stormy zu beruhigen. Ich laufe zum Haus und hole Tom.«
    Noch ehe ich etwas sagen konnte, war mein Vater im Regen verschwunden. Ich kniete mich zu Stormy in den Schlamm, nahm ihren Kopf in den Schoß und streichelte sie. Das Fohlen versuchte immer wieder aufzustehen, aber es war zu schwer

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