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Talitha Running Horse

Talitha Running Horse

Titel: Talitha Running Horse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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retten.«
    Â»Und wenn es stirbt, Dad?« Wie kläglich meine Stimme klang.
    Mein Vater drückte mich an sich. »Solche Dinge passieren nun mal, Tally. Tiere sterben und Menschen sterben. Damit müssen wir zurechtkommen. Es ist der Kreislauf des Lebens.«
    Â»Aber Stormy ist ein ganz besonderes Pferd, Dad, das hast du selbst gesagt. Wir sind Freunde.«
    Â»Hey Braveheart«, er nahm mich an der Schulter und schob mich ein Stück von sich weg. »Auch Freunde sterben manchmal.«
    Ich wusste, dass er Recht hatte. Der Tod war kein Fremder im Reservat. Und er holte nicht nur Alte und Kranke. Erst vor kurzem war in Porcupine ein sechsjähriges Mädchen auf der Straße angefahren worden, als es im Dunkeln ohne Licht auf seinem kleinen Fahrrad umhergefahren war. Das Mädchen war gestorben. Ich hatte schlaflose Nächte gehabt, weil ich dauernd daran denken musste, was passieren würde, wenn mein Vater eines Tages nicht nach Hause käme. Fast jede Woche stand ein furchtbarer Unfall in der Zeitung, meist dadurch verursacht, dass ein Betrunkener mit einem verkehrsuntüchtigen Auto gefahren war. Auf diese Weise waren schon ganze Familien ausgelöscht worden.
    Ich hatte nur noch meinen Dad. In der Nacht nach dem Tod des Mädchens, als ich nicht schlafen konnte, war ich in sein Zimmer geschlichen und er hatte mich in den Arm genommen. »Hab keine Angst«, hatte er gesagt. »Ich werde immer zu dir zurückkommen. Das verspreche ich dir.«
    Doch nun, im Wartezimmer des Tierarztes, konnte ich an nichts anderes denken als an Stormy. Daran, dass sie nicht sterben durfte, weil ich mir das niemals verzeihen würde.
    Wie oft hatte ich mir ausgemalt, dass ich eines Tages auf Stormys Rücken sitzen würde. Ich wusste, aus ihr würde ein wunderbares Pferd werden, schnell, kraftvoll und klug dazu. Ich war versessen darauf, Stormy einzureiten und Tom später abzukaufen. Von diesem Plan hatte ich Dad noch nichts erzählt, aber ich hatte angefangen zu sparen. Pennys, Vierteldollars und Zehner verschwanden in der Holzkiste unter meinem Bett. Alles, was ich von meinem Taschengeld entbehren konnte. Hatte ich genug zusammen, tauschte ich sie in Dollarscheine.
    Es fiel mir nicht schwer, auf die meisten Dinge zu verzichten. Auf ein Eis am Stiel oder Lippgloss, der nach Erdbeeren duftete. Ich ließ die Haarbänder liegen, wenn wir im Lakota-Nation-Supermarkt in Pine Ridge Village einkauften, und brauchte nicht mal mehr Schokolade. Alles, was ich wollte, war Stormy.
    Wenn aus dem kleinen Stutfohlen erst ein großes und starkes Pferd geworden war, würde ich auf ihrem Rücken Neil folgen können, wenn er den Leopardenschecken ritt. Schnell wie der Wind. Vielleicht würde er mich dann endlich ernst nehmen.
    Doch all meine wunderbaren Träume waren zerplatzt an diesem schrecklichen Tag, der mir wie ein einziger Alptraum erschien. Was auch immer Dr. Morgan mit Stormy machte, es schien eine Ewigkeit zu dauern. Schon begannen die nassen Kleider auf meiner Haut zu trocknen, und ich schälte mich aus der Decke, weil mir warm wurde.
    Dad war zu müde zum Reden, und mir hatte die Angst um Stormy die Kehle zugeschnürt. Nach einer Weile war mein Vater im Sitzen eingeschlafen, so erschöpft war er. Ich lauschte, ob ich nicht vielleicht irgendwo hinter der Tür einen Laut wahrnehmen konnte, der von Stormy stammte. Irgendein Lebenszeichen von ihr. Aber es war so still im Haus; die unheimliche Stille schien aus allen Ritzen zu kriechen. Das Kribbeln in meinem Nacken war zu einem Stechen geworden, und ich hatte das Gefühl, jeden Moment zusammenzubrechen. Ich betete zu Wakan Tanka,dass er Stormy beschützen möge.
    Auf einmal öffnete sich die Tür zum Warteraum, und Dr. Morgan stand mit blutverschmierter Gummischürze vor uns. Ich sprang auf. Auch Dad war sofort hellwach und auf den Beinen.
    Â»Wie geht es Stormy?«, fragte ich, und meine Stimme drohte zu versagen.
    Â»Das Fohlen lebt«, sagte der Arzt.
    Mir fiel ein riesengroßer Stein vom Herzen, am liebsten wäre ich dem Tierarzt um den Hals gefallen.
    Â»Das ist gut«, sagte mein Vater, sichtlich erleichtert. »Wie viel bin ich Ihnen denn schuldig.«
    Oje. In meiner Sorge um Stormy hatte ich ganz vergessen, dass der Tierarzt bezahlt werden musste. Wir hatten Stormy angefahren, also mussten wir auch für die Rechnung des Arztes aufkommen.
    Â»Wie viel Geld haben Sie denn bei sich?«
    Dad

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