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Talitha Running Horse

Talitha Running Horse

Titel: Talitha Running Horse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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würde zu mir gehören. Ich wünschte, etwas Besonderes für ihn zu sein. Mein Kopf war voll von Wünschen und Träumen.
    * Blanket:Decke
    ** Blanket Indians, Hang around the Forts: jemand, der sich um die Forts der Weißen herumtreibt und auf Almosen wartet
    * Verwaltungshauptsitz des Reservats

7. Kapitel
    Es war jetzt Anfang August und die Sonne brannte tagsüber ununterbrochen vom Himmel. Das Gras auf unserem Hügel war zu einem filzigen gelbbraunen Teppich geworden, und Dad erzählte, dass es im ganzen Reservat nicht anders aussah. Menschen und Tiere stöhnten unter der Hitze, und mit jedem Tag wurde sie drückender. Die Luft flimmerte, und das Atmen fiel schwer. Der Wind schien eingeschlafen zu sein.
    Es gab keine Freibäder im Reservat und die wenigen Badeseen waren nur noch schlammige Tümpel. Unser Trailer hatte keine Klimaanlage, aber der große Ventilator, den Dad gekauft hatte, brummte unablässig in der Wohnküche, wenn jemand zu Hause war.
    In meinem Zimmer war es stickig, auch das offene Fenster brachte kaum Erleichterung. Miss Lilly lag tagsüber träge im Schatten unter dem Trailer und jagte nur noch in den Nachtstunden.
    In einer dieser schwülen Nächte wälzte ich mich unruhig auf dem zerwühlten Laken in meinem Bett, die Haut klebrig von Schweiß. Ich konnte nicht schlafen, war aber auch nicht richtig wach. In einem Halbtraum sah ich Stormy ganz allein auf einer Wiese stehen, mit hängendem Kopf und ohne ihre Herde. Die Punkte auf ihrer Hinterhand waren nicht dunkelgrau, sondern rot. Sie begannen zu bluten, als wären es offene Wunden. Blitze zuckten über den Himmel, dick wie die Zweige eines alten Baumes, aber es donnerte nicht. Stormy rollte verängstigt mit den Augen und ich hörte ihr schrilles Wiehern.
    Rief das Fohlen mich? Hatte mein merkwürdiger Traum etwas zu bedeuten?
    Großvater Emmet hatte mir nahe gelegt, immer auf meine Träume zu achten und sie nicht zu ignorieren, auch wenn sie unangenehm waren. Träume sind der Raum jenseits der Wirklichkeit, wo die Geister mit den Menschen kommunizieren. Träume können Warnungen sein, Erklärungen geben, den Weg weisen. Wir Lakota glauben an die Macht der Träume.
    Am nächsten Morgen wurde ich die schreckliche Angst im Bauch auch nach dem Aufstehen nicht los. Der Traum ließ sich nicht verscheuchen. Immer wieder musste ich an Stormy denken, hörte ihr angstvolles Wiehern.
    Ich versuchte Tom anzurufen, aber im Haus der Thunderhawks hörte niemand. Seit ich die Stute das letzte Mal gesehen hatte, waren zwei Wochen vergangen. Mein Vater hatte derzeit einen Job am anderen Ende des Reservats, in den Slim Buttes. Er half Mike Red Bear, einem jungen Büffelzüchter, seinen Zaun zu bauen. Anfang der Woche erwartete Red Bear 15 junge Büffel, und bis dahin musste der mannshohe Zaun aus fünf Reihen Stacheldraht fertig sein. Dad kam jeden Tag erst am Abend nach Hause, zu erschöpft, um noch einmal loszufahren. Zu müde, um Tante Charlene und ihre ewigen Klagen oder ihr Gezeter zu ertragen, wenn es nicht unbedingt sein musste.
    Doch nach meinem beunruhigenden Traum hatte ich das Gefühl, es nicht länger aushalten zu können. Ich musste die Stute sehen. Sie brauchte mich vielleicht. Irgendetwas stimmte nicht mit Stormy.
    An jenem Tag hörte ich den Pick-up-Truck meines Vaters schon am Nachmittag den Hügel zum Trailer heraufkommen und hatte nichts anderes im Sinn, als meine Chance zu nutzen. Dad war verschwitzt und schmutzig und vollkommen fertig. Er blutete an der rechten Hand, hatte sich am Stacheldraht verletzt.
    Dad wusch sich am Wasserbehälter hinter dem Haus und ich versorgte seine Verletzung. »Ist der Zaun fertig?«, fragte ich ihn.
    Â»Nein. Aber es sah dort nach einem fürchterlichen Gewitter aus, und deshalb hat Mike mich nach Hause geschickt. Wenn es in den Slim Buttes regnet, wird das Autofahren dort lebensgefährlich. Er war der Meinung, das nicht verantworten zu können.«
    Ich nickte, denn ich wusste, wovon mein Vater sprach. »Gumbo« nannten wir den Schlamm, der sich nach der Schneeschmelze oder nach starkem Regen auf den unbefestigten Straßen des Reservats bildete. Er war so schmierig und tückisch, dass sogar Wagen mit Vierradantrieb ihre Schwierigkeiten hatten. Und die wenigsten Autos im Reservat hatten Vierradantrieb.
    Aus welchen Gründen auch immer, ich war froh, dass mein Vater da war. Ich schlich

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