Talitha Running Horse
hingeraten war und warum ihre Mutter nicht bei ihr war.
Ich lieà sie trinken und bot ihr eine Hand voll Pellets an, die sie auch fraÃ. Dann rieb ich mit einem weichen Baumwolltuch vorsichtig ihr Fell trocken und redete dabei mit ihr. Aber sie war so schwach, dass ihr die Beine einknickten und sie sich wieder legte. Als ich sah, dass Stormy schlief, kümmerte ich mich schnell um all die anderen Dinge, die erledigt werden mussten.
Ich säuberte Miss Lillys Futternapf und stellte ihr ein Schüsselchen Milch auf die Stufen vor der Tür. Als wir am gestrigen Abend Stormy im Bad einquartiert hatten, war die Katze beleidigt davongezogen und hatte sich seitdem nicht mehr blicken lassen. Aber sie würde schon kommen, wenn sie Durst hatte und Gesellschaft suchte, das wusste ich.
Danach spülte ich das Geschirr, saugte die Zimmer durch und räumte auf. Das war schnell getan, sodass ich mich wieder zu Stormy setzen konnte. Ich streichelte das Fohlen und erzählte ihm ein paar Geschichten, die es beruhigen sollten. Dabei musste ich eingenickt sein, denn ich hörte Tom und Neil Thunderhawk nicht kommen. Plötzlich standen sie in der Tür zu unserem umfunktionierten Badezimmer. Ich schrak auf, als ich die beiden sah.
»Hallo Talitha«, sagte Tom. »Na, wie geht es denn unserer kleinen AusreiÃerin?«
»Nicht gut«, sagte ich. »Seht sie euch doch an.«
Tom kniete neben Stormy und streichelte ihren Hals. »Sie hat Fieber«, sagte er. »Aber Stormy ist stark, sie wird es schaffen. Sie hat ja dich.«
»Du bist mir nicht böse?«, fragte ich ungläubig.
»Warum sollte ich dir böse sein?«, sagte Tom. »Ich müsste böse auf Neil sein, weil er den Zaun offen gelassen hat. Aber ich weiÃ, dass er nicht verantwortungslos ist und niemals einem Tier absichtlich ein Leid zufügen würde. Jeder Mensch macht Fehler. Wichtig ist, dass wir aus unseren Fehlern lernen.«
Tom lächelte und meinte schlieÃlich: »Wir sind gekommen, um dir beim Wechseln des Verbandes zu helfen. Dann müssen wir weiter. Wir wollen Futter für die Pferde holen.«
Zusammen brachten wir Stormy wieder auf die Beine. Neil und ich, wir hielten das Fohlen fest und Tom wechselte den Verband. Als er die groÃe, u-förmige Naht sah, weiteten sich seine Augen. »Dich hat es aber ganz schön erwischt, kleine Lady«, sagte er.
Das Stutfohlen wieherte kläglich und versuchte unseren Händen zu entkommen. Aber ich redete ihm gut zu, und meine Stimme schien es zu beruhigen. Tom hatte den neuen Verband schnell angelegt und strich Stormy liebevoll über die schweiÃigen Nüstern.
»Bis später«, sagte er zu mir. »Wir kommen nachher noch einmal und bringen dir Heu und einen Eimer Kleie vorbei.«
Tom und Neil fuhren wieder. Ich setzte mich neben Stormy auf den Boden, versenkte meinen Kopf zwischen den Knien und weinte. Das war alles zu viel auf einmal. Das verletzte Fohlen im Badezimmer unseres Trailers und dass niemand böse war auf mich, nicht einmal Tom. Ich glaube, damals wollte ich, dass mir jemand böse war. Ich wollte bestraft werden für meinen Eigensinn, meinen Egoismus.
So fand mich Adena. Sie hatte Neil und Tom in den Pick-up steigen sehen und war von Neugier getrieben gleich in unseren Trailer gekommen.
»Was ist denn hier los?«, fragte sie. Ich hob den Kopf und hatte Adena noch nie so überrascht gesehen. Neugierig blickte sie mich an. »Dad hat Stormy angefahren«, flüsterte ich und erzählte ihr die ganze Geschichte. Es war eine ungeheure Erleichterung, mir alles von der Seele reden zu können. Wie ein Wasserfall sprudelten die Ereignisse des vergangenen Tages aus mir heraus, und nichts hätte mich aufhalten können.
Ausnahmsweise war Adena mal nicht altklug, und sie unkte auch nicht. Stattdessen legte sie ihre Arme um meine Schultern und sagte: »Stormy wird wieder gesund werden, Tally. Ganz bestimmt.« »Das Fohlen hat furchtbare Schmerzen, und mir tut überhaupt nichts weh«, erwiderte ich mit kläglicher Stimme. »Das ist nicht fair. Ich bin schuld daran, dass es so leidet.«
»Das ist doch Unsinn«, schimpfte Adena, und der vertraute erwachsene Ton war wieder in ihrer Stimme. »Du kannst überhaupt nichts dafür. Es war alles bloà ein dummer Zufall.«
Ich war nun doch froh, dass Adena da war, dass es sie gab. Der Spruch »Geteiltes Leid ist halbes Leid«
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