Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Talitha Running Horse

Talitha Running Horse

Titel: Talitha Running Horse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
Vom Netzwerk:
angreifen, weil du klein bist und er dich als Beute betrachtet. Das ist zu gefährlich.«
    Â»Aber wie sollen wir Stormy dann vor dem Berglöwen schützen?«, fragte ich. »Heißt das, sie hat den Zusammenstoß mit dem Pick-up überlebt, um jetzt von einem Berglöwen gefressen zu werden?«
    Â»Na ja«, sagte Dad, »dann müssen wir wohl oder übel beide hier draußen schlafen.«
    Mit einem Satz sprang ich an ihm hoch und umschlang seinen Hals mit meinen Armen. »Ich hab dich lieb, Dad«, sagte ich.
    Â»Ich dich auch, Tally. Und nun los, suchen wir uns eine passable Unterlage und dann wird geschlafen. Ich muss morgen früh raus.«
    Dad stieg in den Pick-up und ließ ihn bis an Stormys Korral heranrollen. Er zog die hintere Klappe herunter und räumte sein Werkzeug zur Seite. Aus alten Matratzen bauten wir uns ein Lager auf der Ladefläche. Dann holten wir unsere Schlafsäcke und krochen hinein. Neben Dad lag griffbereit sein altes Jagdgewehr.
    Es war eine windstille, sternenklare Nacht. Mein Vater drehte sich um und schlief auf der Stelle ein. Für ihn war eine Nacht unter freiem Himmel nichts Besonderes. Er hatte schon oft so geschlafen, ohne Dach über dem Kopf. Aber ich … Für mich war das neu und ich fühlte mich putzmunter vor Aufregung.
    Die Wicahpis, die Sterne, funkelten vom Himmel. Ferne pulsierende Lichtpunkte. Da war nichts zwischen uns und den Sternen, außer Wakan Tanka,dem Großen Geheimnis, und Tunkashila,dem Heiligen Großvater, der über uns wachte. Ich dachte an meinen Großvater Emmet, den ich geliebt hatte und den ich nie wieder sehen würde. Ich wusste, dass auch er über mich wachte.
    Mein Blick verlor sich in den Weiten des Universums. Ich sah den Morgenstern leuchten, und mir fiel die Geschichte von Fallen Star ein, die mein Großvater mir oft erzählt hatte.
    Einst hatte eine junge Frau die Sterne betrachtet, so wie ich. Sie sah den Morgenstern, so leuchtend und wunderschön, dass sie sich in ihn verliebte. »Ich wünschte, ich könnte seine Frau sein«, sagte sie. Wenig später stand ein junger Mann vor ihr und reichte ihr die Hand. Sie wusste sofort, wer er war, und konnte ihr Glück kaum fassen. Morgenstern nahm seine Braut mit in die Himmelswelt, wo alles noch schöner und größer war als auf der Erde. Die junge Frau wurde schwanger und lebte sehr glücklich dort oben beim Sternenvolk.
    Eines Tages, als sie mit ihrem Ehemann Waldfrüchte und Beeren sammelte, entdeckte sie eine große Wildrübe, eine Timpsila,und wollte sie ausgraben. Aber Morgenstern warnte sie davor. »Du darfst niemals eine solche Timpsila ausgraben, denn diese Rüben sind dem Sternenvolk heilig. Kummer und großes Leid werden über jeden kommen, der eine Timpsila ausgräbt.«
    Aber die junge Frau war neugierig und missachtete Morgensterns Warnung. Was soll schon heilig sein an einer Rübe?, dachte sie, grub sie aus, und durch das entstandene Loch konnte sie hinunter auf die Erde sehen. Da bekam sie Sehnsucht nach ihren Leuten. Sie grub immer mehr Rüben aus und flocht sie zu einem langen Zopf, an dem sie sich hinunter auf die Erde lassen wollte. Aber der Zopf war nicht lang genug, und die junge Frau stürzte auf die Erde. Bevor sie starb, gebar sie einen gesunden Jungen – Fallen Star. lhre Leute fanden ihn und zogen ihn auf. Er wuchs schnell, schneller als andere Kinder, und er brachte den Menschen das Licht und ein höheres Bewusstsein, dass sie von anderen Lebewesen unterschied.
    Ich dachte, dass mein Wunsch bescheidener war als der der jungen Frau. Ich wollte keinen Sternenmann, ich wollte Stormy, und ich wollte Neil. Und doch waren beide für mich genauso unerreichbar wie der Morgenstern, dessen Leuchten immer stärker wurde, während mir langsam die Augen zufielen.
    Die restliche Nacht blieb es ruhig im Korral. Ich hörte Stormy schnarchen, und manchmal schnaubte sie leise. Wenn es wirklich ein Puma gewesen war, der Stormy so erschreckt und ihr Angst gemacht hatte, dann zeigte er sich nicht mehr.
    Am nächsten Morgen, als Dad mit dem Pick-up losfahren wollte und den Motor startete, spielte Stormy wieder verrückt in ihrem Korral. Ich musste mir etwas einfallen lassen, damit sie ihre Angst vor Autos überwand. Einerseits war es gar nicht schlecht, dass sie nun vor fahrbaren Blechkisten Respekt hatte, aber ihre panische Angst konnte sie andererseits erneut in Gefahr

Weitere Kostenlose Bücher