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Talitha Running Horse

Talitha Running Horse

Titel: Talitha Running Horse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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warum muss er beim Sonnentanz mitmachen? Schließlich ist er ein Wasicun.«
    Neil nickte finster. »Ich finde es auch nicht gut. Aber ohne seine Spenden könnte der Sonnentanz vielleicht nicht mehr stattfinden … «
    Ich schwieg betroffen.
    Die Tänzer waren durch lange Seile, die mit Holzsplinten in ihrer Brusthaut befestigt waren, mit dem Sonnentanzbaum verbunden. Sie tanzten zum Baum, verharrten dort im Gebet und entfernten sich wieder, so weit, bis das Seil sich spannte. Sie tanzten so lange, bis ihre Haut riss und sie frei waren.
    Meine Gedanken waren bei Leo, der lange brauchte, um sich loszureißen. Ich dachte an seine Schwester Becky und die Trauer, die in seinem Blick gelegen hatte, als er von ihr sprach. Und ich wünschte ihm, dass seine Trauer aufgefangen wurde von der starken Kraft, die uns alle auf diesem Platz umgab.
    Â»Nächstes Jahr werde ich auch tanzen«, sagte Neil. Ich schrak aus meiner Versunkenheit hoch und sah ihn überrascht an. Aber er hatte seinen Blick auf die Tänzer gerichtet und sprach nicht weiter.
    Am letzten, dem vierten Tag der Zeremonie, erschien Adena am Morgen auf dem Platz und strahlte mich an. Ihre Moontime war vorbei und so konnten wir den letzten Tag gemeinsam verbringen. Wir sahen den Tänzern zu, liefen um die Mittagszeit ins Camp, um etwas zu essen, und suchten nach der Wildpferdherde. Die letzte Nacht verbrachten wir gemeinsam in Onkel Franks kleinem Zelt.
    Ich erzählte Adena von den beunruhigenden Gedanken, die der Anblick von Leos Körper in mir weckte. Und sie schilderte, was passierte, wenn Randee Shields sie küsste.
    Â»Ich kann gar nicht glauben, dass Leo keine Freundin hat«, sagte sie.
    Â»Vielleicht hat er ja eine.«
    Â»Dann hör auf an ihn zu denken.«
    Â»Aber träumen ist doch nicht verboten«, protestierte ich.
    Â»Von wem träumst du denn nun eigentlich, Tally? Von Leo Little Moon oder Neil Thunderhawk?«
    Das war eine durchaus berechtigte Frage. »Ich liebe Neil«, sagte ich. »Aber gegen Suzy Eagle Bear habe ich keine Chance. Leo flirtet mit mir und bringt mich zum Lachen. Ich kann beide nicht haben, Adena. Aber ich kann von beiden träumen.«
    Wir redeten bis in den Morgen.
    Am nächsten Tag wurde das Camp abgebrochen und aufgeräumt. Wie gerne wäre ich noch geblieben!
    In den folgenden Tagen wurde mein Vater immer wortkarger. Ich spürte, dass ihn etwas bedrückte. Ob es mit dem Sonnentanz zu tun hatte und der Erfahrung, die er während der Zeremonie gemacht hatte?
    Auch mich plagten Sorgen. Nun, da wir bei Tante Charlene wohnten, würde ich nach Manderson zur Schule gehen müssen. Und das bedeutete: neue Lehrer, neue Klassenkameraden. Außerdem würde ich jeden Morgen mit Marlin und Neil auf den Schulbus warten müssen.
    Am ersten Tag war ich überpünktlich und stand beinahe eine Viertelstunde allein an der Straße, bis ein verschlafener Neil erschien und »Guten Morgen« brummte.
    Â»Wo ist Marlin?«, fragte er.
    Ich hob die Schultern. »Als ich losgegangen bin, war Tante Charlene noch dabei, ihn zu wecken.«
    Â»Vielleicht kommt er ja gar nicht«, meinte Neil. »Er schwänzt dauernd. Wenn es in diesem Jahr weiter so läuft wie im vergangenen, wird er die Schule nicht schaffen.«
    Der Schulbus kam und wir stiegen ein. Von Marlin keine Spur. Suzy Eagle Bear war im Bus und Neil setzte sich zu ihr. Ich blieb stehen, wo ich war. Die beiden legten auf meine Gesellschaft mit Sicherheit keinen Wert.
    Im Schulgebäude machte ich meine neue Klasse ausfindig und stellte mich der Klassenlehrerin vor. Sie hieß Dana Mesteth und unterrichtete bei uns Englisch, Stammessprache und Mathematik. Ich hatte auch eine Banknachbarin: ein pummeliges Mädchen, das Lisa hieß und mich freundlich anlächelte.
    Nach der ersten Mathematikstunde wusste ich, dass meine Klassenlehrerin in Ordnung war. So lief – entgegen meinen Erwartungen – alles ganz gut am ersten Tag. Abgesehen davon, dass ich Adena in jeder Minute schrecklich vermisste und dass ich zusehen musste, wie Neil Suzy Eagle Bear auf dem Schulhof küsste.
    Am Abend, ich lag schon im Bett und hatte noch gelesen, setzte sich Dad zu mir.
    Â»Ich muss mit dir reden, Tally«, sagte er, »aber ich weiß nicht, wie ich anfangen soll.«
    Ich erschrak. Mein Vater würde mir wehtun, das wurde mir in diesem Augenblick klar. Und weil er sich davor fürchtete, lief er seit Tagen

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