Talitha Running Horse
trocken. Mehr konnte ich nicht für Stormy tun. Sie suchte meine Nähe, und ihr Speichel troff in meine Hand. Als sich die Stute niederlegte, um sich auszuruhen, setzte ich mich neben sie.
Ich blieb bei ihr und wartete auf den Tierarzt. Als es dunkel wurde und ich die Hoffnung schon beinahe aufgegeben hatte, kam ein Wagen den staubigen Weg zum Haus gefahren. Das Licht der Scheinwerfer blendete mich, und die Hunde begannen zu bellen. Ich scheuchte sie zurück in ihre Hütte.
Es war ein roter Jeep Cherokee und ein Mann mit Wuschelkopf stieg aus. Dr. Morgan. Mir fiel ein riesiger Stein vom Herzen.
Er holte seinen Koffer und eine groÃe Taschenlampe aus dem Wagen und spritzte Stormy sofort eine Dosis Antivenin. »Das Serum wird aus dem Blut gesunder Pferde gewonnen«, sagte er. »Es enthält Substanzen, die das Schlangengift neutralisieren, wenn es innerhalb von 24 Stunden nach dem Biss verabreicht wird.«
»Wird Stormy überleben?«, fragte ich beklommen.
»Die wenigsten Pferde sterben an einem Klapperschlangenbiss«, antwortete er. »Für die Schlange ist es ein ziemlich groÃer körperlicher Aufwand, das Gift zu produzieren, und sie entscheidet sehr genau, wie viel davon sie einsetzt, um sich zu verteidigen. Pferde sind groÃ, und meist soll der Biss nur abschreckende Wirkung haben. Also: wenig Gift vermutlich. Der Schock, den das Gift verursacht, ist meist das gröÃte Problem.«
Er untersuchte den Schlangenbiss an Stormys Maul und entdeckte dabei die beiden Metallröhren in ihren Nüstern. »Hast du das gemacht?«, fragte er, mit deutlichem Erstaunen in der Stimme.
Ich nickte. »Ja. Die Röhrchen sind von meinen Bleistiften.«
Verblüfft schüttelte Dr Morgan den Kopf. »Es scheint funktioniert zu haben. Vermutlich hast du der Stute damit das Leben gerettet. Schon ein zweites Mal.« Er lächelte. »Aber ich habe ja damals schon gesagt, dass sie ein ganz besonderes Pferd ist. Und du bist mit Sicherheit ein ganz besonderes Mädchen. Ihr beide passt gut zusammen.«
Stormy bekam noch Penizillin, dann holte der Tierarzt sie auf die Beine. »Sie darf nicht zu viel liegen«, bemerkte er, »das bekommt ihrem Kreislauf nicht. Vielleicht kannst du ja ab und zu mal nach ihr sehen, auch in der Nacht. Aber ich denke, sie wird es überstehen.«
»Ich habe den Biss mit Wasser und Seife gereinigt«, sagte ich.
»Das ist gut. Du hast alles richtig gemacht.«
»Wann wird die Schwellung ihrer Nüstern zurückgehen?«, fragte ich ihn.
»Das Gegengift wirkt recht schnell. Morgen kannst du die Metallhülsen herausziehen, dann dürfte sie wieder normal atmen können. Sie wird in den nächsten Tagen kaum fressen, weil ihr das Schwierigkeiten bereitet. Sieh zu, dass sie wenigstens ab und zu trinkt. Und wenn etwas ist, dann ruf mich an.«
»Danke, dass Sie noch den weiten Weg hierher gekommen sind«, sagte ich. »Allerdings weià ich nicht, wie ich Sie bezahlen soll.«
»Das Tier gehört doch Tom Thunderhawk, oder?«
»Ja. Aber die ganze Familie ist beim Sonnentanz, und ich bin verantwortlich für die Pferde.«
»Na ja. Dafür, dass die Stute von einer Klapperschlange gebissen wurde, kannst du ja nichts.«
»Ich bin mit ihr ausgeritten. Sie wollte mich vor der Schlange warnen, und ich habe es nicht begriffen.«
»Mach dir mal keine Gedanken. Tom wird die Rechnung schon bezahlen. Für die Fahrt berechne ich nichts, ich hatte sowieso in Manderson zu tun.« Dr. Morgan packte zusammen und brachte seinen Koffer in den Jeep. Als er sich verabschiedete, sagte er: »Das Gift konnte sich einige Zeit im Körper ausbreiten. Wo, das wirst du daran sehen, dass die Stute dort ihre Haut verliert. Sie löst sich nach einiger Zeit groÃflächig ab. Das sieht schlimmer aus, als es ist. Das Fell wird nachwachsen.« Damit schlug er die Tür zu und fuhr davon.
Ich blieb noch so lange bei Stormy, bis mir die Augen zufielen. Dann ging ich ins Haus, duschte und stellte mir den Wecker auf zwei Stunden später. Vollkommen erschöpft schlief ich auf der Stelle ein.
Als der Wecker piepte, wusste ich zuerst nicht, wo ich mich befand und was überhaupt los war. Aber dann fiel es mir wieder ein. Stormy. Ich wollte nach ihr sehen. Verschlafen schlüpfte ich in meine Sandalen und stieg die Kellerstufen nach oben. Vor dem offenen Kellerfenster hörte ich plötzlich eine Stimme
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