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Talitha Running Horse

Talitha Running Horse

Titel: Talitha Running Horse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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Möglichkeit verschaffte zu atmen. Auf langen Ritten ins Hinterland hatten Rancher meist zwei Stücke eines dünnen Gartenschlauches bei sich, die sie dem Pferd – wenn es gebissen worden war – dann in die Nüstern schoben, bevor sie zuschwellen konnten.
    Ich hatte natürlich keinen Gartenschlauch. Aber was konnte ich stattdessen nehmen? Den hohlen Stängel einer Pflanze vielleicht. Aber nach dergleichen zu suchen würde viel zu lange dauern. Dann fielen mir die beiden dicken Druckbleistifte ein, die ich bei diesem Zeichenwettbewerb gewonnen hatte und die ich mit den anderen Zeichensachen bei mir trug.
    Ich kramte in meiner Federmappe, zerlegte die Bleistifte in ihre Einzelteile und förderte tatsächlich zwei einfache Metallröhren zu Tage. Ich hoffte, dass sie lang genug waren und Stormy durch sie genügend Luft bekommen würde. Nun musste ich nur noch zusehen, wie ich die Stute ruhig halten und ihr die Röhren in die Nüstern schieben konnte, ohne sie zu verletzen.
    Als ich Stormy am Halfter nach unten zog, knickten ihre Beine wie von selbst ein, und sie legte sich. Speichel floss aus ihrem Maul, und sie rollte mit den Augen. Ich setzte mich ins Gras, legte ihren Kopf in meinen Schoß und nahm ihr das Zaumzeug ab, bevor es nicht mehr möglich war. Dann schob ich ihr vorsichtig die beiden Röhrchen in die Nüstern.
    Ihre Versuche, sich dagegen zu wehren, waren kläglich. Die Bisswunden waren offensichtlich sehr schmerzhaft – und nun quälte ich sie noch zusätzlich. Aber vielleicht ahnte sie auch, dass ich es gut mit ihr meinte.
    Dann saß ich da, streichelte Stormys Kopf und sprach beruhigend auf sie ein. Das Atmen fiel ihr immer schwerer, aber sie atmete. Nach einer Weile versuchte ich die Metallhülsen zu bewegen, aber sie steckten fest – so sehr waren Stormys Atemwege zugeschwollen. Ihre Beine und ihre Körper zuckten unkontrolliert und ab und zu kam ein mattes Grollen aus ihrer Kehle. Doch durch die Röhren bekam sie genügend Luft.
    Â»Du darfst nicht sterben«, flüsterte ich. »Du darfst mich nicht allein lassen, Stormy. Du musst mich doch zu diesem Ort führen, von dem ich geträumt habe. Stormy …«
    Sie war gebissen worden, weil sie mich vor der Gefahr hatte warnen wollen. Stormy hatte mir vermutlich das Leben gerettet, und nun kämpfte sie um ihr eigenes.
    Die Truthahngeier kreisten jetzt über uns. Ich dachte an Psitós Skelett, ihre Knochen, die neben dem Stamm der Holzbirne in der Sonne bleichten.
    Â»Du darfst hier nicht liegen bleiben, Stormy«, sagte ich. »Nur ein bisschen ausruhen, aber nicht einschlafen.«
    Ich stand auf und packte meine Sachen zusammen. Dann versuchte ich Stormy wieder auf die Beine zu bringen. Erst sah es so aus, als wäre sie zu schwach. Aber sie war jung und hatte gesundes Blut, und schließlich stand sie. Ich warf noch einen Blick auf die zertretenen Reste der Klapperschlange, dann lief ich los, und Stormy trottete auf wackligen Beinen neben mir her.
    Es war schon spät, als ich mit der schweißüberströmten Stute bei Tante Charlenes Haus anlangte. Die Hunde winselten, als sie mich und Stormy kommen sahen, und ich scheuchte sie zurück, damit Stormy sich nicht vor ihrem Bellen erschreckte.
    Tante Charlene saß vor dem Fernseher und ich fragte sie, ob ich das Telefon benutzen dürfe. »Stormy ist von einer Klapperschlange gebissen worden«, sagte ich. »Ich muss den Tierarzt anrufen.«
    Â»Tu das«, sagte sie. »Aber sag ihm gleich, dass du ihn nicht bezahlen kannst.«
    Ihre Gleichgültigkeit war unglaublich.
    Ich wählte Dr. Morgans Nummer, aber nur der Anrufbeantworter meldete sich. Mit knappen Sätzen schilderte ich, was vorgefallen war, und nannte Tante Charlenes Telefonnummer. Große Hoffnungen, dass Dr. Morgan noch am Abend vorbeikommen könnte, machte ich mir nicht. Von seiner Praxis in Allen bis zum Haus meiner Tante waren es knapp 80 Meilen.
    Ich musste es mehrmals versuchen, ehe ich Della endlich auf dem Handy erreichte. Sie sagte mir, dass ich alles richtig gemacht hätte und dass ich den Schlangenbiss mit Wasser und Seife säubern sollte.
    Also wusch ich Stormys Wunde mit Wasser und Seife und brachte ihr eine Karotte aus Charlenes Speisekammer, die sie jedoch verschmähte. Sie trank auch nicht, obwohl der lange Weg sie durstig gemacht haben musste. Ihr Fell war schweißnass, und ich rieb sie sorgfältig

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