Talivan (German Edition)
z lich, dass sie diesem Gerücht zumindest einen Teil ihrer Aufmerksamkeit schenken musste, wollte sie nicht unvo r bereitet in eine Situation kommen, die in ihrem moment a nen Zustand – das Kind würde in weniger als vier Wochen endlich geboren sein – gefäh r lich werden mochte. Wieder fühlte sie diese Wut, die sie am liebsten mit beiden Händen auf ihren Bauch hätte ei n schlagen lassen, wenn sie auch bisher stets von dem Wissen, dass sie damit noch Schlimmeres anrichten würde, davon a b gehalten worden war.
Jetzt, wo sie zumindest ein kleines Ziel vor Augen hatte, gelang es ihr, ihre Arbeit rasch zu beenden, ohne dabei durch übertriebene Eile Inwar einen Grund zu bieten, sich die entlegeneren Stellen hinter Schränken und Herd genauer zu betrachten. Die Köchin hatte ihr schon zu viel nac h sehen müssen, wie Belsa ahnte, wenn sie auch nicht genau wusste, wie viele Tropfen dem Fass noch zum en d gültigen Überlaufen fehlen mochten. Sie stieß ein kurzes, bitteres Lachen aus – eine e r fahrene Schwertkämpferin, die sich in einem Schloss versteckte, obwohl sich dieses vielleicht in Gefahr befand, war eben nichts weiter als ein schlechter Witz. Nur – wohin sonst hätte sie gehen sollen? Söldneri n nen hatten keine Heimat.
Immerhin waren offensichtlich auch jetzt noch die Instinkte der Kriegerin in ihr vorhanden, zumindest spürte Belsa, dass sie mit Vinim sprechen musste, die noch nicht so l e thargisch war wie die meisten der älteren Bediensteten. Tatsächlich war die junge Frau froh, mit einer anderen über die umgehenden G e rüchte sprechen zu können.
„Es heißt“, begann die Magd ohne weitere Au f forderung, „König Theozek habe Cerohn eingenommen und sei nun auf dem Weg hierher, und weiterhin erzählen sie, sein Heer zähle mehr Kämpfer als Rubindal Einwohner.“ Sie zöge r te, bevor sie Belsa ein wenig ängstlich ansah: „Was sollen wir nur tun, wenn es stimmt? Sie werden jeden Einzelnen von uns töten, den sie hier im Schloss finden können, wenn sie unsere Männer besiegen, und das werden sie!“
Belsa bemerkte mit leichter Belustigung Vinims wachsende Verwirrung, bevor sie sich wieder z u sammenriss.
„Mach dir keine Sorgen“, entgegnete sie fast zu barsch. „Theozeks Männer sind vor allem Söldner. Gewiss, wenn sie Rubindal oder gar das Schloss einnehmen, werden sie plündern, aber nichts Schlimmeres tun. Sie haben keinen Grund, Unbewaffnete zu töten.“ Zumindest hoffte Belsa, daran habe sich nichts geändert.
„Aber“, die junge Frau errötete und verstummte für einen Moment, „werden sie sich nicht die Frauen nehmen, die sie wollen?“
„Ach was“, fuhr die Schwertkämpferin sie an, für einen Moment ihre neue Rolle vergessend, „die meisten von i h nen haben eine Gefährtin unter den Söldnerinnen, und auch die anderen würden es nicht wagen. Auch diese Leute h a ben einen Ehrenkodex!“
Vinim war erbleicht, als sie das wütende Funkeln in Belsas Augen sah. Dann siegte ihre Neugier, und sie fragte: „W o her weißt du das? Dass bei den Leuten aus dem Norden viele Frauen Waffen tragen, habe auch ich schon verno m men, aber denkst du wirklich so gut von ihnen?“ Fast schien ihr Blick Respekt ausz u drücken, als sehe sie in der anderen mit einem Mal mehr als nur die hoc h schwangere Magd, die mühsam von einer Arbeit zur nächsten schlurfte.
Belsa verfluchte sich selbst für ihren verdammten Stolz. Warum musste sie auch ein Heer ve r teidigen, das nun nicht mehr das ihre war, das im Gegenteil vielleicht schon in naher Zukunft diese Stadt angreifen würde, in der sie mome n tan doch fast ein wenig zu Hause war? Natürlich, hätte sie die Wahl gehabt, stände sie jetzt auf der Seite von Theozek, einem offenbar wirklich um Gerechtigkeit und Frieden bemühten König, der nur Städte a n zugreifen angab, die in den letzten Jahren immer öfter sein Reich durch Grenzstreiti g keiten und kleinere Scharmützel bedroht hatten. Aber w o her sollte sie wissen, dass das, was sie von den anderen Söldnern oder auch Bewohnern der b e siegten Landstriche erfahren hatte, wirklich der vollen Wahrheit entsprach? Ein kurzer Anflug von Wehmut überkam sie bei dem Gedanken an diese Tage voller Kämpfe und Kamer a den, an Blut, das manchmal auch zur Besiegelung eines Bündnisses mit e i nem Freund geflossen war, und an eine warme Herbstnacht bei Eijsal, ja, selbst an Errit. Als hätte es ihre Gedanken g e lesen, begann das Kind in ihrem Leib zu strampeln und brachte sie zurück
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