Talivan (German Edition)
den Putzlappen ausz u wringen.
„Ach Mädchen“, seufzte Inwar, „wie hast du dich nur bi s her durchs Leben geschlagen, wenn du immer alles so langsam und missmutig machst? Bist wohl nie allzu lange bei einem Herrn g e blieben, oder?“
Diese Frage zumindest konnte Belsa ehrlich b e antworten, auch wenn sie damit andere Herren meinte als die Köchin – sie war eine Söldnerin geworden, nachdem die Gefechte um Alvia nach dem Tod des Schwarzmagiers Djakon rasch b e endet worden waren. Auch wenn es ihr nie ganz gefallen hatte, für fremde Herrscher um deren Länder zu kämpfen, so blieb ihr doch keine andere Wahl. Ihr Geschäft war der Krieg, und mit der Zeit hatte sie gelernt, es als ein Han d werk wie jedes andere zu betrachten. Und waren ihr doch manchmal leise Zweifel gekommen an der Rechtmäßi g keit ihres Tuns, hatte ihr knurrender Magen diese Gedanken regelmäßig zu überstimmen ve r mocht.
„Aber du bist doch jung und kräftig“, fuhr Inwar fort, „musst doch noch mehr leisten können als die alten Vetteln, die der Herr schon längst hinau s geworfen hätte, wenn er sich mal um seine Bediensteten kümmern würde und über deren Arbeitsweise Bescheid wüsste!“ Derweil bereitete sie über frisch en t zündeter Flamme in dem schweren Topf, auf dem die Zeit ihre Spuren hinte r lassen hatte, das Abendmahl für die Bediensteten; der König und seine Vasallen wurden von anderen Köchinnen ve r köstigt.
Belsa sah sie, noch immer mit schmerzenden Knien auf dem Boden hockend, mit unverhohlenem Sarkasmus an, bevor sie entgegnete: „Sieh dir doch nur meinen Bauch an, von Tag zu Tag werde ich unbeweglicher, ständig ist mir übel – und du erwartest wirklich, dass ich meine ganze Kraft auf das Reinigen dieser Räume verwende, die sowieso niemand außer uns Mägden betritt?“ Dieses demütige n de Wort, aus ihrem eigenen Munde vernommen, versetzte ihr einen Stich.
Inwar warf ihr einen fast verständnisvollen Blick zu, ehe sich ihr Gesicht zu einem Lachen verzog: „Ach Kind, du tust ja fast so, als wärst du schwerkrank und müsstest das Bett hüten! Und das nur, weil du guter Hoffnung bist! Ja glaubst denn du, du seiest die Einzige, die das schon erlebt hat? Und meinst du wirklich, ich hätte jemals vor der Ni e derkunft auch nur einen einzigen Tag freigehabt? Oder eine der anderen? Du bist nun einmal keine Adlige, die die Zeit, da sie ein Kind unter dem Herzen trägt, im Bett ve r bringen und sich ve r wöhnen lassen kann. Außerdem habe ich noch nie davon gehört, dass eine Frau auch noch so kurz vor der En t bindung von Übelkeit geplagt wurde. Das bildest du dir wahrschei n lich alles nur ein.“
Die Kriegerin war hocken geblieben, wie erstarrt, auch wenn sie in ihrem Zorn am liebsten aufgesprungen wäre und Inwar klargemacht hätte, dass sie durchaus nicht übe r empfindlich war und ihr Schwindelgefühl völlig real. So aber starrte sie die Köchin nur für einen Moment wuten t brannt an, bevor sie den Blick senkte und sich schweigend wieder ihrer Arbeit zuwandte. Inwar hatte Recht, Belsa durfte sich nicht so gehenlassen, wie sie es bei der u n gewohnten und demütigenden Arbeit gern getan hätte. Wenn sie diese Anstellung verlieren würde, könnte sie sich keine Amme leisten, und sie hatte während der Wochen im Palast schon von zu vielen Frauen gehört, die im Woche n bett dem Wundfieber erlegen waren. Noch ein Grund mehr, dieses Balg zu hassen, das ei n fach von ihrem Leib Besitz ergriffen hatte. Sie wrang den Lappen mit aller Kraft aus, während sie kurz ein vages Bild von Händen, die sich um einen kleinen Hals legten, vor Augen hatte, und wischte voller Zorn weiter.
„Weißt du etwas, Inwar? Auch nicht? Belsa, hast du etwas gehört?“ Vinim, die junge Magd, die auf irgendeine äußerst komplizierte Weise mit der gutmütigen Köchin verwandt war, huschte sofort wieder hinaus, um die anderen B e diensteten zu befragen.
Die Kriegerin wischte sich mit dem Handrücken die kurzen, von altem Schweiß verklebten Haare aus der Stirn, b e vor sie Inwar fragend ansah.
„Mach dir keine Sorge, Mädchen“, sagte die ältere Frau l ä chelnd, „sind nur Gerüchte. Kommt immer mal wieder vor, dass Leute Sachen hören, die nicht für ihre Ohren g e dacht sind, und alles falsch verstehen. Wird diesmal auch nicht anders sein.“
Und doch, trotz Inwars Fröhlichkeit, die an diesem Tag vielleicht ein wenig mehr Mühe zu erfordern schien als sonst, und ihrer fast sicheren Stimme spürte Belsa urplöt
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