Talk Talk
der Tatsache, daß sie die Bestellung selbst aufgenommen hatte.
»Haben Sie schon etwas ausgewählt?« fragte sie, und das war leicht zu verstehen, denn was sonst hätte sie – den Block in der Hand, eine Hüfte vorgeschoben, auf dem Gesicht einen Ausdruck flüchtigen Interesses – wohl fragen sollen? Und nachdem sie ihr mitgeteilt hatten, was sie wollten, würde sie sagen: »Oh, sehr gute Wahl«, oder: »Das ist die Spezialität des Hauses.« Hörende. Manchmal dachte Dana, daß es um die Welt besser bestellt wäre, wenn alle taub wären.
Aber sie waren hungrig. Sie wollten ihre Bestellung aufgeben – das vegetarische Shish Kebab auf Basmatireis für Bridger und die Pita-Platte mit Humus, Kuskus und Baba Ghanusch für Dana –, und das Gespräch stockte, während sie mit der Aussprache der Wörter kämpfte und schließlich mit dem Finger auf die Speisekarte zeigte. Etwa alle sechs Monate absolvierte sie ein paar Sitzungen bei der Sprachtherapeutin, um ihre Stimme in Form zu halten, und sie versuchte, regelmäßig vor dem Spiegel zu üben, aber bei dem wahnwitzigen Tempo, in dem ihr Leben verlief – unterrichten, schreiben und jetzt das hier –, war das alltägliche Sprechen das beste Training. Aber »Baba Ghanusch«? Selbst die Sprachtherapeutin hätte damit Schwierigkeiten gehabt.
Als die Kellnerin sich enfernte, sah Dana wieder zu Bridger. Er sagte etwas, aber als er merkte, daß sie ihn nicht verstand, hielt er inne und begann von vorn. »Ich hab gesagt, daß ich ein paar tausend Dollar auf dem Konto habe – wenn dieses Arschloch sie sich nicht unter den Nagel gerissen hat –, und ich werde mal sehen, ob der Automat was rausrückt, nur damit ich Bescheid weiß. Denn ich will nicht...«
»Du willst nicht?« fragte sie. »Was willst du nicht?«
»Ich will nicht, daß du alles für mich bezahlen mußt, denn wenn wir wirklich...«
»Ja, das werden wir. Wirklich.«
»Tja, also, dann muß ich Radko anrufen, und du kannst darauf wetten, daß ich keinen Job mehr habe, wenn wir zurückkommen.« Er verzog das Gesicht und trank einen Schluck Bier aus der Flasche. Das gekühlte Glas, das die Bedienung gebracht hatte, ignorierte er.
»Wie lange braucht man mit dem Wagen bis zur Ostküste? Eine Woche?« Sie nahm einen Schluck Wein – er schmeckte bitter, nach Tannin – und sah Bridger gespannt an.
»Ich weiß nicht. Viereinhalb, fünf Tage, wenn man durchfährt.«
»Könntest du das?«
»Nein. Du?«
Sie dachte einen Augenblick nach: Einer schlief, während der andere fuhr, die Hülle des Wagens so zerbrechlich in der Nacht, die ewige Stille und nichts, was sie ablenkte. Und wenn sie einnickte? Wie hieß doch vor Jahren diese Band – Asleep At the Wheel? Bridger hatte seine Musik, das Radio, Hörbücher, und sie hatte ihren Laptop, aber nicht nachts, nicht, wenn sie am Steuer saß. Und was, wenn der Wagen streikte? Wenn in der Wüste der Kühler kochte oder der Keilriemen riß? Sie wollte Bridger gerade fragen, was es mit diesem Keilriemen eigentlich auf sich hatte, doch dazu kam sie nicht, denn ein Mann und eine Frau, beide etwa Mitte Zwanzig, standen plötzlich neben ihrem Tisch. Sie waren beinahe identisch gekleidet, zu große Jeans und große Jacken und T-Shirts mit dem Logo irgendeiner Band, und Bridger sprang auf wie von einer Nadel gestochen und drückte den Mann an die Brust.
Verwirrt, nein, nachdenklich lächelnd sah sie zu. Sie fand, daß es meist ein wenig linkisch wirkte, wenn Männer einander umarmten, und dann fragte sie sich, woher das Wort »linkisch« eigentlich stammte. War damit ursprünglich die Unbeholfenheit von Rechtshändern gemeint, wenn sie etwas mit der linken Hand taten?
Der Mann hieß Matt Kralik. Bridger strahlte über das ganze Gesicht und buchstabierte den Namen mit den Fingern, während Matt und seine Freundin Patricia dastanden und sie anstarrten. Matt, sagte Bridger und sah von ihm zu Dana und wieder zurück, sei an der USC sein Zimmergenosse und bester Freund gewesen. Was machte er hier? Seine Eltern hatten ein Restaurant am See. Was für ein Zufall! Wahnsinn! Nein, nein, nein, Bridger bestand darauf, daß sie sich zu ihm und Dana setzten.
Es gab das übliche umständliche Verschieben von Stühlen und Auflegen neuer Gedecke; die Kellnerin sah zu, während ein geschickter, dunkelhaariger Hilfskellner den Tisch mit zusätzlichen Platzdeckchen, Tellern, Gläsern und Besteck versah, und dann endlich saßen alle, und Matt Kralik und Patricia hatten Martinis vor sich, nur
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