Talk Talk
Dudley am Arm gepackt, drückte zu, als wollte er ihm die Knochen brechen, und zog ihn zu sich heran, damit er seine Stimme zu dem Greenhaven-Ton senken konnte. »Nenn mich nicht so«, sagte er. »Nicht diesen Namen. Niemals, ist das klar?«
Das Licht in Dudleys Augen erlosch für einen Moment und kehrte dann als ein Schimmer von Verständnis zurück. »Ja«, sagte er, »klar, schon klar.«
Dann tranken sie den Laphroig. Und dann unterhielten sie sich eine Weile, sehr leise, sehr oberflächlich, bis Dudley sagte, er müsse wieder an die Arbeit. Und dann hieß es endlich »Bis dann« und »Wir sehen uns«, aber Dudley wollte noch nicht so recht loslassen. »Also«, sagte er und beugte sich schon in Richtung Küche, »sehen wir uns dann mal, oder was? Bist du wieder da?«
Peck sah zwei Frauen zu, die sich von ihrem Tisch am Fenster erhoben und mit Handtaschen und Einkaufstüten und allem möglichen anderen Zeug hantierten, das sie hier hereingeschleppt hatten. Als sie sich bückten, spannte sich der Stoff ihrer Röcke straff über den Hintern. Draußen, über dem Fluß, schwebte eine einzelne Möwe im Luftstrom. Er stand auf und klemmte sich die Zeitung unter den Arm. »Nein«, sagte er, »ich bin praktisch schon wieder weg.«
ZWEI
Sie waren irgendwo in Utah und starrten auf die Salzebene, die so öde, trostlos und unerlöst aussah, als hätte er sie als Hintergrund für einen postapokalyptischen Thriller entworfen, aber er war zu müde, zu verschwitzt und ausgetrocknet und außerdem leicht fiebrig, und so hatte er keine Ahnung, wie der Plot aussehen mochte, und kam nicht über die (abgedroschene) erste Einstellung hinaus. Dana saß am Steuer. Sie hatte den ganzen Tag auf den Bildschirm ihres Laptops gestarrt, als wäre er die Kristallkugel aus Der Zauberer von Oz , und dann hatten sie gehalten, um zu tanken und auf die Toilette zu gehen, und sie hatte ihn abgelöst. Seit ein paar hundert Kilometern bereitete er sich innerlich darauf vor, Radko anzurufen, nur um mal zu hören, wie es so lief, auch wenn er im Grunde wußte, daß schon jemand anders in seiner Arbeitsnische saß und seine Maus bediente. Es war heiß, die Klimaanlage des Wagens funktionierte nicht richtig, die Sonne gleißte auf der Motorhaube, dem Armaturenbrett, den Knöpfen des Radios. Seine Achselhöhlen fühlten sich naß und wund an, das T-Shirt klebte am Rücken, und er fummelte weitgehend erfolglos an den Lüftungsschlitzen herum, um den minimalen Luftstrom zu maximieren. Er sah kurz zu Dana, die mit gerecktem Kinn dasaß, die Hände unbeweglich am Lenkrad, zog sein Handy hervor, tippte die Nummer und hob den Blick zur weißen Leere des Himmels.
Beim zweiten Läuten wurde abgenommen. »Rad«, sagte Radko, seine übliche Art, sich zu melden – als wären die zwei Silben »Hallo« reine Zeitverschwendung.
»Rad?« wiederholte Bridger idiotischerweise. Er hatte im Radio aus Langeweile irgendeine Wortsendung eingestellt – irgendein reaktionärer Demagoge polemisierte mit hoher, empörter Stimme gegen Kommunisten, Liberale und Mexikaner –, und obwohl er die Lautstärke heruntergedreht hatte, war es im Hintergrund noch zu hören. Das Wort »Öko-Nazis« trieb auf dem Redestrom vorbei und verschwand.
»Wer ist da? Bridger? Bridger, bist du das?«
»Ja, äh, hallo.«
»Wo bist du?«
»Darüber wollte ich mit dir reden, weil... Es ist nämlich so –«
»Du sagst mir nichts. Du bist am Flughafen, du bist zu Hause, du bist in der Halle vom Eingang dieses Gebäudes, wo ich eine Firma habe und die Miete zahle, aber es ist ganz egal, es ist nicht« – er hielt inne, um das richtige Wort zu finden – »bedeutend. Und weißt du, warum?«
»Ich bin in Utah.«
»Utah.« Es lag eine unendliche Traurigkeit in der Art, wie er es wiederholte. Als wäre Utah ein Gefängnis oder eine Leprakolonie.
»Das wollte ich dir bloß sagen. Es tut mir leid, aber Dana, oder vielmehr Milos –«
»Laß den Namen von meinem Vetter aus dem Spiel.«
»Wir müssen nach New York, weil der Dieb –«
»Dieb, Dieb, immer dieser Dieb ! Warum gebt ihr es nicht auf? Genug ist genug.«
»Aber er hat jetzt mich . Irgendwie hat er sich meine Identität unter den Nagel gerissen, und jetzt hat er Kreditkarten auf meinen Namen und Gott weiß was noch alles, und sollte jemand kommen und nach mir fragen, irgendwelche Gläubiger oder Inkassoleute oder so, dann ist das nicht meine Schuld. Dann mach mir keine Vorwürfe.«
»Vorwürfe? Wer macht Vorwürfe? Ich will dir was
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