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Talk Talk

Talk Talk

Titel: Talk Talk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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er tatsächlich da drin ist – und wahrscheinlich ist er’s nicht, ich weiß –, dann müssen wir uns sofort zurückziehen, das heißt abhauen , und ich rufe übers Handy die Polizei. Okay? Sag nichts, sprich nicht mit ihm, sag kein Wort. Wenn er es ist, rufen wir die Polizei.«
    »Ja«, sagte sie, »ja, ich weiß. Er ist gefährlich. Ich weiß.«
    Bridger sagte noch etwas und nahm jetzt die Hände zu Hilfe, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen. »›Angriff mit einer tödlichen Waffe‹ – so steht’s im Protokoll. Wir lassen uns auf nichts ein. Nicht wie auf dem Parkplatz in – wo war das? – Sacramento. Das war idiotisch. Wir werden hier nichts dergleichen tun, verstanden? Wenn er es ist, rufen wir die Polizei. Punkt.«
    Der Himmel hatte sich verdunkelt, und als sie ausstieg und ganz benommen mit Bridger die Straße überquerte, malten die ersten Regentropfen dunkle Flecke auf den Asphalt. Im letzten Moment, als sie schon auf den Weg zur Haustür abbogen, wollte sie noch etwas warten und das Haus beobachten – ausbaldowern, hieß das nicht so in alten Filmen? –, aber dann standen sie auf der Veranda, und Bridger klopfte an die Fliegentür, und im Haus war ein Hund, ein Schi Tsu mit lauter Schleifchen, der bellend die dunkle Höhle seines Mauls zeigte. Gleich darauf erschien eine Frau hinter dem Drahtgitter, nicht hübsch, nicht jung, nicht dunkeläugig und modisch gekleidet, sondern die Art von Frau, die in dieser Art von Haus lebte und Zeit hatte, Schleifchen ins Fell ihres Hundes zu binden.
    Bridger übernahm das Reden. Wohnte hier zufällig ein Frank Calabrese? Nein? Wußte sie denn vielleicht –? Ach, das F bedeutete Frances Annie. Aha, aha. Er nickte. Frank Calabrese wohnte – die Frau war sich nicht ganz sicher, sie war nicht mit ihm verwandt – in der Union oder Ringgold Street, jedenfalls auf der anderen Seite des Parks.
    Als sie in der Ringgold Street angekommen waren, regnete es heftig. Wasserströme flossen über die Windschutzscheibe, der Asphalt glänzte, in den Rinnsteinen gurgelte es. Das Haus, vor dem Bridger hielt, unterschied sich nicht sonderlich von dem anderen, nur daß hier keine Fahrräder herumlagen und der in der Einfahrt geparkte Wagen neuer und teurer war (allerdings kein Mercedes und auch nicht bordeauxrot). Aber was hatte sie denn erwartet? Daß er im Regen funkelnd dastehen würde, das Logo des kalifornischen Autohändlers eingerahmt vom Kennzeichenhalter? Sie war niedergeschlagen. Deprimiert. Diesmal blieb sie im Wagen, während Bridger zur Tür rannte. Sein Hemd war im Nu durchnäßt, und er hielt sich eine Zeitung über den Kopf. Sie sah ihn an der Tür, sah hinter dem Fliegengitter eine Gestalt, nicht mehr als ein Schatten, und plötzlich hatte sie wieder Angst. Das war er, sie war sicher... Aber nein, sie sprachen miteinander, irgend etwas wurde erklärt, und jetzt sah sie undeutlich das blasse Oval eines Gesichts vor dem dunklen Hintergrund der Türöffnung und darunter einen gestikulierenden nackten Unterarm, und im nächsten Augenblick wurde die Tür wieder geschlossen und Bridger kam zurückgerannt. Sie beugte sich hinüber und öffnete die Fahrertür für ihn.
    Der Regen, der Geruch nach Regen kam mit ihm in den Wagen. Bridgers Haare waren ganz naß und hingen in Strähnen über seine Ohren. »Und?« sagte sie. »Das war er nicht, oder?«
    »Er ist im Restaurant. Das« – er startete den Wagen und fuhr los – »war sein Cousin, glaube ich.«
    »Im Restaurant? In was für einem Restaurant?«
    »Fiorentino’s. In der South Street. Wir sind vorhin dran vorbeigekommen, weißt du noch? Wahrscheinlich arbeitet er da oder so. Der Typ eben war vierzig, fünfundvierzig und total übergewichtig – eine Mordswampe. Bestimmt einer, der seine Frau verprügelt. Konntest du ihn erkennen? Nein? Jedenfalls hat er auf die Uhr gesehen und gesagt: ›Um die Zeit ist er im Restaurant.‹ Ich hab gefragt, wie es heißt, und er hat gesagt: ›Fiorentino’s‹, bevor ihm eingefallen ist zu fragen, was ich eigentlich von Frank will. Und da fing er dann an, mich mißtrauisch zu beäugen.«
    »Und? Was hast du gesagt?«
    »Daß ich ein Freund von ihm bin. Von der Westküste. Aus Kalifornien.«
    Sie fühlte ihr Herz klopfen. »Und wenn er ihn nun anruft und warnt?«
    »Scheiße«, sagte Bridger. Sie fuhren die Straße entlang. Wasser spritzte von den Reifen. »Wenn er das tut, können wir’s nicht ändern. Wir wissen ja nicht mal, ob er es ist. Wohl eher nicht, denn er hat doch

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