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Talk Talk

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Titel: Talk Talk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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Streifenwagen, eine Frau mit Lehrerinnenbrille und zusammengekniffenen Arschbacken und ein älterer Typ mit grimmigem Gesicht. Peck stand nur da, schwitzte und versuchte zu Atem zu kommen. Sein linker Arm schmerzte, und seine Hose war am Knie zerrissen. Er hätte weglaufen können und wäre im Gefängnis gelandet oder erschossen worden. Doch er lief nicht weg. Er tauchte tief in sich selbst hinein und konzentrierte sich, und die Coolness senkte sich über ihn wie ein windverwehter Regenschwaden, denn er bemerkte den Gesichtsausdruck der Polizistin, als sie Dana sah, das kurze Aufblitzen eines Wiedererkennens. Einer der schwarzen Typen fing an zu reden, aufgeregt, hysterisch, und seine Stimme schraubte sich immer höher, bis man nichts anderes mehr hörte.
    »Was ist hier los?« fragte die Polizistin. Sie ignorierte den Schwarzen, sah von Dana zu Peck und entschied sich dann für ihn. Ihre beiden Hände lagen auf dem Gürtel, der aussah, als wöge er mehr als sie. Er kannte die Sorte. Alles Bluff. Alles Mumpitz.
    »Ich weiß auch nicht«, hörte er sich sagen, untermalt vom Gezeter des Schwarzen, »es war diese Frau« – er zeigte auf Dana –, »ich glaube, die ist verrückt oder geistig zurückgeblieben oder so. Jedenfalls ist sie wie eine Wahnsinnige auf die Straße gerannt. Vielleicht wollte sie sich ja umbringen, was weiß ich, und ich hab versucht... Na ja, ich hab versucht, sie zurückzuhalten, einfach so, es war wie ein Reflex...«
    Die Schlampe mischte sich ein. Das Haar klebte an ihrem Gesicht, beide Knie waren aufgeschürft und bluteten. Sie sah so aus, wie er sie beschrieben hatte: wie eine Verrückte, wie eine, die direkt aus der Klapsmühle kam. Sie sprach zu schnell, zu laut, sie stieß irgend etwas Unverständliches hervor. »Er, er...« war alles, was er verstand. Sie zeigte auf ihn. »Hat mich folgt«, sagte sie. »Ich meine: ver folgt.«
    »Diese Verrückte ist mir glatt in den Wagen gerannt, und jetzt ist da ’ne Beule in der Hintertür, können Sie sich ansehen, und ich meine, das war nicht meine Schuld. Sie ist einfach bei Rot rübergerannt und hat nicht rechts, nicht links gesehen, ich meine, die hat nicht mal den Kopf gedreht –«
    »Er ist ein Dieb«, sagte die Schlampe, fuchtelte mit den Armen und stampfte mit dem Fuß auf. »Er, er...« und der Rest waren unverständliche Laute.
    Der ältere Bulle trat hinzu, fummelte einen kleinen Block heraus und tippte mit dem Kugelschreiber auf seine Handfläche, als wäre darin die Erklärung für diese Situation verborgen. Peck wartete, bis er aufsah, wandte den Blick von ihm zu seiner Kollegin und zuckte die Schultern, als wollte er sagen: Mensch, die ist verrückt, das sieht doch jeder! Klarer Fall. Hören Sie sich das doch bloß mal an!
    Ihm blieben vielleicht sechzig Sekunden, maximal zwei Minuten – dann würde jemand vom Haus seiner Mutter nachkommen, und er hoffte, daß es nicht Natalia war, er betete, daß sie schlau genug war, sich in den Wagen zu setzen und zu verschwinden. Er hörte zu, wie die kleine Schnepfe redete, wie ihre Stimme ruhiger und klarer wurde, und sah die Polizistin mit einem nachsichtigen Lächeln an. »Vielleicht ist sie ja auch auf Drogen«, sagte er. »Was weiß ich? Ich wollte mir bloß eine Zeitung holen. Ich meine, wenn sie sich unbedingt umbringen will... Aber abgesehen davon«, sagte er und zeigte auf den Schwarzen, der am Steuer gesessen hatte, »ist der Typ da bei Rot gefahren. Ganz eindeutig.«
    Treffer. Der junge Schwarze – irgendwo in den Zwanzigern, mit Basketball-Sweatshirt und Kopftuch – war offenbar nicht bereit, sich diesen Scheiß anzuhören. Seine Stimmlage stieg um eine Oktave, sein Kumpel mischte sich ein, die Polizistin starrte die Schlampe an, und eine Menge Schaulustige kamen herbei. Er sah seine Chance. Alle schrien durcheinander, selbst die Polizistin, die versuchte, sich durchzusetzen und etwas wie Ordnung wiederherzustellen, und er trat zwei Schritte zurück und war am Rand der Menge. Zwei weitere Schritte, und er war bloß noch ein neugieriger Passant. Dann drehte er sich um, schlich in die Einfahrt des nächstbesten Hauses, kletterte am Ende der Einfahrt über den Zaun vor der Gasse zwischen den Grundstücken und begann zu rennen.
    Mit brennender Lunge, begleitet vom Klimpern des Kleingelds in seiner Tasche, rannte er drei, vier Blocks weit, bevor er sein Tempo verlangsamte. Gehen war besser. Gehen war genau richtig. In seinem hellbraunen Seidenanzug und den karierten Vans hätte ihn

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