Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Talk Talk

Talk Talk

Titel: Talk Talk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
Vom Netzwerk:
sein, oder?«
    Noch mehr Gemurmel. Irgendwas von Hertz in Wappingers.
    »Aber die haben um diese Zeit geschlossen, stimmt’s? An einem Samstag?«
    »Ich weiß nicht.« Ein betontes Schulterzucken, ein unsteter Blick. »Wahrscheinlich schon.«
    Die Tür der Bar wurde geöffnet, ein Rechteck aus Licht, in dem zwei Leute standen, ein Mann und eine Frau, die sich umschlungen hielten, als wären sie auf Coney Island und im Begriff, ins Meer zu waten, und Peck beendete die Diskussion, indem er zur anderen Seite des Wagens ging und sich auf den Beifahrersitz setzte. Die Leute an der Tür – teiggesichtig, betrunken und sechs, sieben Meter entfernt – bewegten sich auf das Taxi zu, aber damit der Junge wußte, was hier Sache war, sah Peck ihn mit einem Blick an, der ihm keinen Spielraum ließ, und sagte: »Gib Gas.« Mit einem entschuldigenden Zirpen der Hinterräder glitt der Wagen davon.
    Die Frau hinter dem Tresen zog seine Visa-Platinkarte durch das Lesegerät, ohne auch nur aufzusehen, und er zeigte ihr seinen kalifornischen Führerschein, auf dem sein lächelndes Gesicht und M. M . Makos Name und Adresse prangten, und füllte den Mietvertrag aus. Seine Wahl fiel auf einen schwarzen Chevy Yukon, bei dem man die Sitze so umklappen konnte, daß eine durchgehende Fläche entstand, denn möglicherweise würde er im Wagen schlafen müssen. In den Hügeln rings um Beacon gab es Feldwege, die so wenig befahren waren, daß sie ebensogut in Alaska hätten sein können, und dort würde ihn niemand behelligen. Und als die Frau ihn fragte, ob er die Standard-Vollkaskoversicherung wünsche – ein Nepp, wie er im Buch stand –, lächelte er nur und sagte: »Klar.« Dann ging er in einen Schnellimbiß und aß einen griechischen Salat und zwei Burger. Er blätterte in einem dieser Gratis-Immobilienmagazine und sah sich im Spiegel der dunklen Fensterscheibe beim Essen zu. Sein Gesicht schwebte im Nichts, körperlos, ein gutaussehendes Gesicht, das jedem hätte gehören können, und während er kaute und sich betrachtete, verschwand die Anspannung aus seinen Augen. Alles in allem sah er nicht so schlimm aus. Der Riß war am Wangenknochen schmal und rosarot und verlief sich in der Kotelette – man konnte ihn für einen Kratzer halten, den er beim Brombeerpflücken im Wald abgekriegt hatte oder beim Spielen mit seiner Katze.
    Oder der Katze seiner Freundin.
    Das setzte alles wieder in Gang: Ein Gedanke führte zum nächsten, bis die trügerische Ruhe, die das Essen ihm vermittelt hatte, einfach verdampft war und er aufstehen, einen Schein auf den Tisch werfen und hinausgehen mußte, ohne auf das Wechselgeld zu warten. Er hatte immer Bargeld bei sich – tausend Dollar in Hundertern, für unvorhergesehene Kalamitäten, für Situationen wie diese hier, für so ein gottverdammtes Zwischenspiel auf einem Parkplatz in New Windsor, New York, unter einem Himmel, der schwarz war wie der Rachen des Universums und keine Gnade verhieß –, aber in ein paar Tagen würde das ein Problem werden, denn er konnte es nicht riskieren, in eine Bank zu gehen und sich Geld zu holen. Doch das war nicht seine erste Sorge. Seine erste Sorge, stellte er fest, als er den Motor anließ und losfuhr, war Sandman. Er mußte ihn anrufen und warnen, und beim Gedanken daran zog sich sein Magen zusammen. Das Schlimmste war nicht, daß Sandman sich mordsmäßig aufregen würde, weil er, Peck, sie beide nicht nur in erhebliche Gefahr, sondern auch um mehrere hunderttausend Dollar gebracht hatte, als er dem Impuls gefolgt war, diese Schlampe zur Strecke zu bringen, und weil sich jetzt alles zum reinsten Stacheldrahtverhau entwickelte – nein, das Schlimmste war, daß er es würde zugeben müssen. Er würde seine Schuld eingestehen müssen, und das gefiel ihm nicht. Er würde in den Hörer seufzen und Sandman beichten müssen, wie schwach und dämlich und kurzsichtig und amateurhaft er gewesen war, und dann würde er sich von dem einzigen Freund, den er noch hatte, für immer verabschieden müssen.
    Ja. Und er zog tatsächlich das geklaute Handy aus der Tasche und wollte, während er durch die dunkle Straße in Richtung der Schnellstraße und der Brücke über den Fluß fuhr, gerade die Nummer eingeben, als er innehielt. Er hörte in Gedanken seine Stimme – Hallo, Geoff, ich bin’s. Paß auf, ich hab Scheiße gebaut. Nein, nein, sag jetzt nichts, ich will dich bloß warnen –, aber dann klappte er das Handy wieder zu und steckte es ein. Er würde ihn später

Weitere Kostenlose Bücher