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Talk Talk

Talk Talk

Titel: Talk Talk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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Madison, deren Haar im Scheinwerferlicht der entgegenkommenden Wagen schimmerte, kuschelte sich in die Arme ihrer Mutter. Und da war es: das leise, zufriedene Geräusch eines Kinderschnarchens.
    Beim Essen war er mit den Gedanken woanders, doch Natalia bemerkte es kaum. Sie plapperte von einem neuen Gerät, das sie für das Haus brauchte – eine Mikrowelle, das war es, denn die alte, die sie mit dem Haus übernommen hatten, war so altmodisch und brauchte fast fünf Minuten, um Wasser für eine Tasse Tee zum Kochen zu bringen, und sie traute den Smart-Mart-Sachen nicht, denn das war ja so ein Billigladen , nicht? –, und er ließ sie reden und reden, ihre rhapsodische Einkaufsbegeisterung klang in seinen Ohren wie Musik. Wenn es sie glücklich machte zu kaufen, machte es ihn glücklich zu bezahlen. Es war ein Gefühl, das ihm gefiel: Er sorgte für sie, im Gegensatz zu Marshall, dem Typ, mit dem sie vorher zusammengewesen und der nicht Madisons Vater war. Er war so unbeschreiblich kleinlich und geizig gewesen, daß sie gar nicht darüber reden konnte, obwohl sie es natürlich dauernd tat. Sie war zweimal zum Wagen gegangen, um nach dem Kind zu sehen und eine zu rauchen, und ließ sich gerade rechtzeitig für die Vorspeise auf ihren Stuhl gleiten. Er sagte nichts, sah ihr nur zu, wie sie die weiße Leinenserviette mit einer raschen Bewegung aus dem Handgelenk entfaltete. Ihre Schultern waren nackt, ihre Blicke huschten durch den Saal – sie war in ihrem Element, absolut in ihrem Element. Von ihren Tellern stieg Dampf auf. Hinter Natalias Schulter erschien ein Ober – »Pfeffer? Geriebener Parmesan?« – und verschwand wieder. Sie breitete die Serviette über ihren Schoß und nahm einen Schluck Wein. »Du bist sehr stumm heute abend, Da-na, ja?« sagte sie und neigte sich ein wenig zur Seite, als könnte sie ihn aus diesem Winkel besser sehen. »Ist etwas falsch? Sonst gefällt es dir hier immer, nicht?«
    Ja, es gefiel ihm hier. Der Laden hatte vielleicht nicht soviel Klasse wie der in Sausalito, aber die Speisekarte war ziemlich erlesen, und man kannte ihn hier – jeder kannte ihn –, und selbst wenn am Empfang ein Dutzend Touristen Schlange standen, hatte man, kaum daß er durch die Tür getreten war, einen guten Tisch für ihn. Und so sollte es ja auch sein. Er hatte Geld, gab dicke Trinkgelder und trug immer ein schickes Armani-Jackett, und seine Freundin war einfach umwerfend – eigentlich hätte man ihn dafür bezahlen müssen, an der Bar zu sitzen. Er hatte den kurz gegrillten Thunfisch bestellt, seiner Meinung nach das Beste auf der Karte, und dieser wurde auf einem verwirbelten Kegel aus mit Knoblauch gewürztem Kartoffelpüree und glasig gebratenen Zwiebelringen serviert, eingefaßt von einer Garnitur aus gegrilltem jungen Gemüse. Vor Natalia stand die Meeresfrüchteplatte. Der Thunfisch sah gut aus, erstklassig, doch er ließ die Gabel liegen und griff statt dessen nach der Weinflasche, ihrer zweiten, einem Piesporter, den er schon immer hatte probieren wollen und der tatsächlich gut war, leicht und fest am Gaumen, sehr kalt und mit zurückgenommener Süße, genau so, wie ein Riesling sein sollte. »Ja«, sagte er, »der Laden ist gut.«
    Sie schnitt ein Hummermedaillon säuberlich in zwei Teile. Als sie den Kopf neigte, fingen die Ohrringe das Licht ein, und er sah sie eingerahmt wie auf einer Kinoleinwand: Das selektive Auge der Kamera löste den Hintergrund auf, bis die Maserung der Paneele schimmerte und die Weingläser blitzten und Natalia den Kopf hob und ihn ansah. Es waren diamantbesetzte Hänger aus vierzehnkarätigem Weißgold, er hatte sie ihr als Versöhnungsgeschenk nach ihrem ersten Streit gekauft, und sie hatte sie abends, im Bett, getragen – nur die Ohrringe, sonst nichts. »Du siehst nicht so großartig aus – wie ein Mann, der, ich weiß nicht, gerade nicht so großartig ist. Bist du nicht hungrig? Hast du Unbehagen?«
    Er mußte einfach lächeln. Innerlich kochte er noch immer vor Wut auf dieses Arschloch am anderen Ende der Leitung – Rick James, na klar, der Leadsänger von Super Freak persönlich –, aber man mußte es ihr lassen: Sie konnte ihn jederzeit zum Lächeln bringen. Unbehagen . Wo hatte sie das bloß aufgeschnappt? »Alles in Ordnung, Baby«, murmelte er und streckte die Hand nach ihrer aus, einer Hand, die beinahe so groß war wie seine, mit langen Raubtierfingern und sorgfältig gepflegten Nägeln, die in zwei Farben lackiert waren, so daß es war, als ginge

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