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Tallinn-Verschwörung

Tallinn-Verschwörung

Titel: Tallinn-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Marni
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um ein ausgezeichnetes Scharfschützengewehr, das der Schnellfeuerwaffe seines Gegners überlegen war. Der musste verzweifelt sein, ihm ausgerechnet hier aufzulauern, fuhr es Torsten durch den Kopf. Das Gelände eignete sich ideal zum Anschleichen, denn es gab genügend Stellen, die der Feind nicht überblicken konnte.
    Der Schütze schien das auch zu erkennen, denn er versuchte,
seine Stellung zu wechseln. Torstens G22 bellte dreimal auf. Die Treffer rissen den Mann von den Beinen. Eine Waffe flog durch die Luft und kollerte den Felshang herab.
    Torsten lud rasch nach und eilte nach oben. Obwohl sein Gegner kampfunfähig zu sein schien, blieb er vorsichtig und weit genug entfernt stehen, damit der andere keine Handgranate nach ihm werfen konnte.
    »Arme nach oben, und dann komm langsam aus deinem Loch heraus!« In der ersten Erregung rief er es deutsch und wiederholte es dann auf Englisch.
    Ein Arm erschien und winkte matt zu ihm herüber. Der Mann sagte etwas, aber so leise, dass Torsten es nicht verstand. Es klang eher griechisch als albanisch. Torsten hatte in Afghanistan von griechischen Blauhelmen einige Brocken ihrer Sprache gelernt und rief dem Mann zu, sich zu ergeben.
    »Mich hat es erwischt«, gab dieser schwach zurück.
    Torsten glaubte seinen Ohren nicht zu trauen, denn diese Stimme kam ihm bekannt vor, und er legte die letzten Meter ungeachtet aller Gefahren im Laufschritt zurück. Der dritte Mann der Gruppe, die dem Dingo aufgelauert hatten, lag in einer Blutlache in einer kleinen Höhlung im Fels und war zu schwach, sich aufzurichten. Als er Torsten vor sich sah, zuckte es schmerzhaft um seine Lippen.
    »Bei allen Heiligen! Warum mussten sie ausgerechnet dich schicken?«
    Torsten traf es wie ein Schlag. »Konstantinos? Wie kommst du in diese elende Gegend?« Er kniete sich neben dem Verwundeten nieder und fasste nach dessen Hand. Helfen konnte er ihm nicht mehr, dafür hatte einer seiner letzten Schüsse zu gut getroffen.
    »Mein Freund, es tut mir leid. Ich …« Der Mann brach ab und hustete. Über seine Lippen floss Blut.

    Obwohl er wusste, dass es sinnlos war, versuchte Torsten die Wunden zu verbinden. Sein Kopf schwirrte, und er begriff die Welt nicht mehr. Konstantinos Kiriakis war als Mitglied des griechischen Abschirmdiensts mit ihm in Afghanistan gewesen. Sie hatten am Lagerfeuer ihre Rationen geteilt und mehr als einmal gemeinsam Freischärler verfolgt, die ihre Patrouillen angegriffen hatten.
    »Verdammt, was sollte dieser Scherz? Warum habt ihr uns unter Feuer genommen?«
    Kiriakis versuchte zu grinsen. »Wir wollten euch ein wenig ärgern, damit ihr schärfer gegen die Albaner vorgeht. Die Kerle nehmen sich in letzter Zeit arg viel heraus. Dort drüben in Albanien steckt in den Höhlen eine ganze Armee. Verdammt, Torsten, du musst uns verstehen! Es gab Anschläge in Ioannina und auf die Metéora-Klöster. Das konnten wir uns nicht bieten lassen.«
    »Dann hättet ihr die Kerle suchen sollen, die es getan haben, aber nicht einfach auf uns schießen.«
    »Wir wollten euren Wagen nicht zerstören, sondern euch nur etwas Feuer unter dem Hintern machen. Ihr Deutschen seid zu nachgiebig mit diesen Kerlen. Das seid ihr auch schon in Afghanistan gewesen. Ihr müsst lernen, wieder einmal hart zuzuschlagen.« Kiriakis atmete schneller, und Torsten begriff, dass sein ehemaliger Kamerad nicht mehr lange leben würde. Er schob seine Freundschaft zu dem Griechen beiseite und wurde zu dem kühlen MAD-Mann, der diese Sache aufklären wollte.
    »Steckt eure Armee hinter dieser Aktion?«
    Kiriakis schüttelte den Kopf. Torsten wollte schon aufatmen, erinnerte sich dann aber daran, dass dies in Griechenland als Bejahung galt.
    »Nicht die ganze Armee, aber einige Einheiten. Man hat mich und meine Kameraden ausgewählt, weil wir in Afghanistan
Erfahrungen im Guerillakrieg gesammelt hatten. Die beiden sind tot, nicht wahr?«
    »Ja!«
    In Kiriakis’ Augen standen Tränen. »Schade um sie. Es waren gute Burschen. Irgendwie ist alles aus den Fugen geraten. Die Armee spricht bereits von Putsch, weil die Generäle die Türken nicht in der EU haben wollen.«
    »Ein Putsch in Griechenland?« Torsten wollte nachfragen, doch es war zu spät. Konstantinos Kiriakis, mit dem er in den Bergen Afghanistans deutsches Bier gegen Retsinawein getauscht hatte, war tot.
    »Der Teufel soll all diejenigen holen, die dafür verantwortlich sind!«, schrie er zornig die Berge an. Doch die schwiegen, wie sie es seit Jahrtausenden

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